Geschichten:Der uralte Bund (Prolog) – Thiomara von Amselhag

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Mit ihrem roten Kapuzenmantel hob sich Thiomara von Amselhag gut vom weißen Firnglanz auf den Grabsteinen ab, als sie über den kleinen Familienanger schritt. Sie hockte an einem Grab ab, strich den Schnee beiseite und legte ein paar weiße Lilien ab, deren Beschaffung zu dieser Jahreszeit kein leichtes war. Aber mit den richtigen Kontakten bekam man in Gareth fast alles. Sogar Lilien, die noch im Winter frisch geschnitten aussahen. Ein Vorteil, wenn man mit der Schlunder Delegation am Kaiserlichen Hof weilte und im Hintergrund die Geschicke der eigenen Fehdepartei vorantrieb.

Das Bündnis mit den Kaisermärkern musste über die kalten Monate gepflegt werden. Mit dem Nadelstich gegen die Ländereien Grafen Dregos, hatte man im Boron den Einmarsch der Kaisermärker in Reichsforst flankiert und sich nach einem Plündezug um Luringen, wieder erfolgreich zurückgezogen. Lediglich ein paar aufgestachelter Fanatikern, denen im Ruchinsberg die Rondrafehde gegen das Greifenbanner Luringans zu Kopf gestiegen war, spendeten beim Spannfelder Ritt noch ihr Blut und Leben. Ein Glücksfall für die Karriere ihres Bruders, der die Schlunder Truppen rechtzeitig vor dem Winter zurückführen durfte und zum neuen Bluthund des Schlundes aufstieg. Obwohl man sich sehr viel Mühe bei der Anreise über Eslamsgrund gemacht hatte, wurden bei jenem Rückzug einige Reichsforster sehr vergrätzt und Eslamsgrund in die Fehde gezwungen. Nun war es an den Diplomaten die Scherben zusammenzukehren und die Gemüter wieder zu kühlen.

Eine Winterhochzeit um die Wogen der Fehde zu glätten. Schlau eingefädelt von den Herrschaften, die über der Fehde standen und zusahen, wie sich ihre Vasallen um die Ruine des Reiches balgten. Ihr Weg würde sie also nun zur Randersburg führen. Der flügge gewordene Sanz würde heiraten. Welch bittersüße Fügung des Schicksals.

Davina von Sanzerforst war wie eine Schwester für sie gewesen. In diplomatischen Diensten reiste Thiomara einst in das Land ihrer Mutter und die Tochter des Grafen von Tuzak war ihr eine gute Freundin geworden. Ihre Zeit am Lilientron war so ausgelassen und frei gewesen. Bis die Insel diesen Wiedbrück wieder ausspie und sich die Welt unter seinem Schatten verfinsterte. Tuzak wurde ihnen, inmitten der provozierten Unruhen, erst ein Gefängnis und mit Haffax Ankunft zunehmend eine Folterkammer. Was hatten sie alles getan um dem zu entkommen. Auf einem der letzten Schiffe verließ Davina, mit den Kindern die verfluchte Küste, als klar wurde welche Banner in Boran wehten. Thiomara blieb nur die Flucht allein und die Suche nach ihrem verschollenen Gatten. Aus der Weißen Residenz in die erbarmungslose Grüne Hölle geschleudert, hatte Maraskan ihr beide Seiten der Insel eingeprägt. Letztendlich zählte nur das sie die Insel überlebt hatten.

Als Thiomara mit Alderan von Eggtal und den Kindern wieder vereint im Schlund angekommen war, trennten Davina und sie die Stände, die in der Kaisermark ausgeprägter waren als einst in Tuzak. Nur als ihre Zofe konnte sie der Freundin noch nahe sein. Die Leichtigkeit ihrer Jugend wahr eh vor dem Grauen des Erlebten geflohen. Und beide wussten voneinander, was sie getan hatten um dem zu entfliehen. So ging ihnen bald die Freundschaft abhanden, wie anderen ein Stock oder ein Hut.

Das sie nun ohne Davina auf der Hochzeit ihres Sohnes tanzen würde, betrübte sie. Doch wirklich Angst hatte sie davor, vor Xanjida zu treten. Sie war zu einem Ebenbild ihrer Mutter herangewachsen. Hätte sie Davina doch nur in jener Nacht retten können, als Tsa gab und Boron nahm.

Ein Magier aus Sinoda trat von der wartenden schwarzen Posche-Kutsche kommend an sie heran.

„Mutter, der Wagen wartet. Wir müssen los. Das Wetter verschlechtert sich.“

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Einige Tage später auf der Angbarer Reichsstraße.

Thiomara erwachte aus einem ihrer Alpträume, die sie wie alte Freunde auch auf dieser Reise begleiteten. Vielleicht sollte sie beizeiten mal mit einem Lakaien Bishdariels darüber sinnieren. Gefasst atmete sie in der verdunkelten Kabine der Reisekutsche durch. Sie öffnete das kleine Fensterchen der Kutschtür. Mit dem süßlichen Duft des Rauschkrautes verflogen auch ihre zurückgekehrten Erinnerungen an die düsteren Zeiten unterm Lilientron in die morgendliche Kühle und gaben ihre Gedanken wieder frei.

Die junge Ritterin Madara galoppierte mit ihrem Pferd heran, aus dessen Nüstern weiße Wölkchen in die firnfrostige Morgenluft stoben, bis sie neben dem offenen Kutschfenster ritt. Ihr mahnender Blick, ob der süßlichen Duftwolke, die der Kutsche entfloh, amüsierte ihre Mutter scheinbar nur. Ihr Bruder saß in asketischer Trance versunken, der Mutter gegenüber. Der Adept der Grauen Gilde ruhte wieder in sich selbst.

„Wir erreichen gleich Randersburg! Und wenn du wirklich möchtest, dass ich auf dieser Hochzeit unter den Blicken der erlesenen Gäste tanzen soll, so solltest du unsere Gewänder nicht so zu qualmen.“

Ihre Mutter fixierte die junge Ritterin mit diesem durchdringenden Blick, der kein Konter mehr erlaubte und lächelte sie stoisch an, bis Madara klein bei gab und ihr Pferd antrieb, um vor die Kutsche zu kommen.



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Autor: Amselhag