Geschichten:Das Erbe der Pfortensteiner - Folgenschweres Liebesspiel
Pfalz Goldenstein, 23. Ingerimm 1046 BF
Erneut war Nimmgalf zum jährlichen Pfortenritterturnier zur Pfalz Goldenstein gereist. Hier war der richtige Ort um Bündnisse zu schmieden oder zu erneuern, Fehden beizulegen oder neu zu entfachen, oder einfach den ein oder anderen Bruder im Adel zu konsultieren, von dem er schon lange nichts mehr gehört hatte. Zwar war er erst vor Kurzem bei der Ingerimmsturnei zu Eslamsgrund angetreten, wo er sich im Halbfinale einem Außenseiter namens Alderan von Isppernberg nach langem Kampf etwas unglücklich nach Punkten geschlagen geben musste, doch wollte er sich das Haus- und Hof Turnier der Pfortenritter bei Pfalz Goldenstein in diesem Jahr nicht entgehen lassen, auch wenn so rasche Turnierteilnahmen in Folge etwas stressig waren.
Im Vorfeld hatte er sich heftig mit Ederlinde gestritten, da schon Anfang Rahja seine Tochter Irnfrede auf Burg Trollhammer heiraten würde, und es waren längst noch nicht alle Vorbereitungen getroffen.
Er hatte ihr aber hoch und heilig versichert, in jedem Falle rechtzeitig zurück auf Trollhammer zu sein, um alles noch im Vorfeld regeln zu können.
Inzwischen war die Nacht herein gebrochen. Nimmgalf hatte seinem Stand entsprechend natürlich ein Gästequartier auf Pfalz Goldenstein erhalten, zählte er doch als Heermeister Reichsforsts und Oberhaupt des Hauses Hirschfurten zu den einflussreichsten Baronen vor Ort. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten, hatte Nimmgalf sich recht früh aufs Zimmer zurück gezogen. Doch nicht etwa weil er schon müde war, er hatte noch etwas Besonderes vor, auf das er sich schon den ganzen Tag freute. Und wenn er ihre verheißungsvollen Blicke richtig gedeutet hatte, ging es ihr genauso wie ihm.
So hatte er sich nur eine schlichte Lederhose, ein Leinenhemd und einen langen Wollumhang mit Kapuze übergezogen, und schlich damit dann unauffällig aus der Burg zur Turnierwiese, wo die Teilnehmer ihre Zelte aufgestellt hatten. Selbst im Mondlicht fiel es ihm nicht schwer, das Schild mit dem Ehrensteiner Wappen auszumachen. Nimmgalf bewegte sich langsam in Richtung des Zeltes, und schaute sich immer wieder um, ob er nicht doch beobachtet wurde. Doch es schien alles ruhig zu sein. Als er die Verschnürung des Einstiegs öffnete und in das Zelt hineinkroch, sah er plötzlich ein Schwert auf ihn gerichtet.
"HALT! Wer da?" fuhr Melina auf.
"Pssst! Nicht so laut! Ich bins doch", zischte Nimmgalf etwas verärgert.
"Na endlich", seufzte sie. "Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr!"
Nimmgalf wollte schon einen passenden Spruch erwidern, doch da zog sie ihn schon unter ihre Felldecke. Sie war völlig unbekleidet, und Nimmgalf beeilte sich es ihr gleich zu tun. Er legte sich auf den Rücken und Melina beugte sich über ihn. "Keine Sorge, dein Ärger wird bald wie weggeblasen sein", grinste sie.
Die beiden waren noch im wilden Liebesspiel versunken, als von draussen ein lautes Gegröhle und Gelächter zu vernehmen war. Nimmgalf hielt kurz inne: "Was war das?" flüsterte er. "Nur irgendwelche Idioten. Mach weiter, los. Ich bin gleich so weit", stöhnte sie.
Im nächsten Moment torkelten zwei besoffene Knappen vors Zelt. Der eine stolperte über die Zeltverschnürung und fiel, die halbe Zeltplane mit sich reißend.
Nachdem der erste Schreck überwunden war, hatten Nimmgalf und Melina rasch ihre Sachen geschnappt und liefen, kaum dass sie sich aus der Zeltbahn befreit hatten, so schnell sie konnten davon. Doch konnten sie leider nicht verhindern, dass manch einer einen raschen Blick auf die beiden erhaschen konnte. Es war nicht schwer zu erraten, was sie da im Zelt getan hatten. Die Herrin Rahja hätte jedenfalls ihre wahre Freude dran gehabt.
Ein paar Tage später war Nimmgalf nach Burg Trollhammer zurückgekehrt. Schließlich mussten noch einige Vorbereitungen für die in Kürze anstehende Hochzeit getroffen werden.
Da fuhr Ederlindes Kutsche auf den Burghof, und eine sichtlich wütende Baronin stieg aus, und eilte raschen Schrittes auf das Burgpalas zu.
Nimmgalf wurde etwas mulmig zumute. Hatte sie etwa schon von seinem... Mißgeschick erfahren?
Kurz darauf platzte sie in Nimmgalfs Gemach herein. "Ist es wahr? IST ES WAHR, NIMMGALF? Und wage nicht, mich zum Narren zu halten!" fauchte sie ihn wütend an.
Nimmgalf erhob sich von seinem Sessel. "Ederlinde, wie schön dass du heimgekehrt bist. Ich..."
"GENUG! Spar dir deinen Sermon!" Sie kam gefährlich nahe an ihren Mann heran und blickte ihm wütend in die Augen. Dann zischte sie: "Ist es wahr, dass du mit der Ehrensteinerin rumgehurt hast, und alle haben es gesehen?"
Nimmgalf schluckte. "Was immer du gehört hast... ich...." dann nickte er und senkte den Blick.
"Sieh mich an!" sagte sie gefährlich leise.
Nimmgalf sah ihr in die Augen.
"Es ist mir egal, mit wem du es treibst, solange es keine Folgen hat." Dann lauter: "ABER DAS HAT FOLGEN, NIMMGALF! Du hast nicht nur dich, sondern auch mich zum Gespött der Öffentlichkeit gemacht. Und das kurz vor Irnfredes Hochzeit. Bist du denn völlig übergeschnappt?"
"Ederlinde, ich... ich wollte doch nicht, dass es so kommt."
"Das ist jetzt zu spät! Das wird spätestens auf der Hochzeit die Runde machen und dafür sorgen, dass sie sich alle die Mäuler darüber zerreißen."
"Das werden sie nicht wagen. Alleine schon aus Respekt! Vor Luring und Hirschfurten!"
Ederlinde sah ihn abschätzig an. "Respekt? Den hast du dir jetzt verspielt, Nimmgalf. Und das kann und werde ich Dir nicht verzeihen."
Nimmgalf sah sie etwas zernknirscht an. Was sollte er jetzt auch sagen?
Ederlinde drehte sich wütend um und ging zur Türe.
Dann sagte sie leise ohne sich umzudrehen: "Fürchte den Tag, an dem Drego abdankt und ich die neue Gräfin werde! Und sei dir sicher, so etwas werde ich nicht vergessen, Gemahl!"
Dann verlies sie Nimmgalfs Gemach.
Nimmgalf war zum ersten Mal seit langer Zeit das selbstsichere Lächeln aus dem Gesicht gewichen. Etwas Schlimmeres hätte sie ihm kaum androhen können.
Er ging zu seiner Vitrine und entkorkte eine tönerne Flasche mit Balihoer Bärentod, die er vor Jahren vom Blauenburger Baron als Geschenk bekommen hatte. Er musste sich irgendwie beruhigen, und vielleicht gelang es ihm ja so.
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