Benutzer:Bega/GG&P Con

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GG&P Con 2020 Runde 2: Der uralte Bund

Motivation und eigene Agenda

Fredegard von Hauberach

Fredegard von Hauberach hatte wieder einmal das Waisenhaus der Reichsstadt besucht, dabei voller Güte einige Geld- und Sachspenden übergeben sowie den älteren Kindern mit viel Liebe beim Erlernen von Lesen und Schreiben geholfen; wie fast immer unterstützt von ihrer Ziehtochter Janne, einer zumeist recht ernst wirkenden Halbwüchsigen. Nachdem "Tantchen Fredegard" sich sehr herzlich von den Kindern und Helfern des Waisenhauses verabschiedet hatte, wandte sie sich, kaum dass sie um die nächste Straßenecke gebogen waren, mit geschäftsmäßiger Miene an ihre Begleiterin: "Waren unter den Gören welche, die Du gebrauchen kannst, Janne?"

"Ich denke schon, Frau Fredegard. Dieser achtjährige verlauste Braunhaarige, Voltan, macht einen ganz aufgeweckten Eindruck. Ich werde ihn noch eine Weile beobachten und wenn er diese Einschätzung bestätigt, werde ich schauen, ob er als Spitzel taugt. Falls nicht, verkaufen wir ihn halt an die Al´Anfaner."

"Scharfsinnig und pragmatisch zugleich; Deine Denkweise gefällt mir, mein Kind. Und eines der Mädchen, Haldane, scheint zudem als Konvertitin infrage zu kommen. Die sollten wir im Auge behalten. Aber mal was ganz anderes: Möchtest Du mich auf eine Hochzeit in Garetien begleiten?"

Janne war für einen Moment völlig perplex, bevor sie mit kaum verhohlener Freude zu antworten vermochte. "Oh, sehr gerne! Wie Ihr wisst, bin ich bisher noch nie aus Perricum herausgekommen."

"Na, dann wird es aber höchste Zeit. Und bevor Du fragst: Ich bin mir natürlich im Klaren darüber, dass Du demnächst eigentlich in Zackenberg Deinen Dienst als Kindermädchen meiner Enkelinnen aufnehmen solltest, aber das kann ruhig noch ein paar Wochen warten. Ich werde nachher eine entsprechende Depesche auf den Weg bringen und das regeln."

"Danke. Wer heiratet eigentlich, wenn ich fragen darf?"

"Zwei Menschen die für sich genommen ziemlich uninteressant sind. Die Braut ist ein Niemand, doch der Bräutigam ist ein entfernter Verwandter der Kaiserin, weshalb die Gästeschar wohl ebenso groß wie exquisit ausfallen dürfte. Und da diese verrückte Fehde, die derzeit große Teile Garetiens heimsucht, wegen des Winters ruht, werden aller Voraussicht nach auch viele der daran Beteiligten die Gelegenheit nutzen, sich bei der Vermählung den Wanst vollzuschlagen und über alles Mögliche zu reden, bevor sie sich im Frühjahr ersteren wieder gegenseitig aufschlitzen. Und wer weiß, vielleicht lässt sich sogar jemand von der Kaiserfamilie oder der Großfürstenbewegung, von der ich Dir später mehr erzählen werde, dort sehen. Das dürfte jedenfalls höchst unterhaltsam werden. All dies - Fehde, Hochzeit, Kaiserhaus und Möchtegerngroßfürsten - interessiert mich an sich herzlich wenig. Und dennoch möchte ich trotz des Winters diesem Ereignis gemeinsam mit meiner Zofe-" Fredegard zwinkerte ihrer Ziehtochter kurz zu, "beiwohnen. Und das möchte ich, weil?"

Janne dachte einen Augenblick nach, bevor sie mit fragendem Unterton antwortete: "Um Euch über die verschiedenen Gruppierungen und deren Ziele aus erster Hand zu informieren und vielleicht das eine oder andere nützliche Geheimnis in Erfahrung zu bringen?"

"Das auch, ja. Aber wenn möglich, will ich noch mehr erreichen. Derzeit ringen wie gesagt auf verschiedenen, teils miteinander verwobenen Ebenen allerlei Gruppierungen und Personen um die Macht im Königreich. Und ich möchte, dass das noch lange so bleibt, denn ein in jeder Hinsicht instabiles Garetien erlaubt uns die Gewinnung neuer Glaubender und die Besetzung einzelner Posten mit Dienern des wahren Götterfürsten oder zumindest unwissender Mirhamionetten. Und während ich mich zu diesem Behufe unter die adligen Gäste mischen werde, wirst Du Kontakte zu deren Bediensteten knüpfen und diese aushorchen. Es ist nämlich immer wieder erstaunlich, wie gut diese Menschen über die kleinen und großen Geheimnisse ihrer Dienstherren informiert sind und wie gerne sie sich mit vermeintlich Ihresgleichen darüber die Mäuler zerreißen."

"Ich verstehe. Und wie erwähnt freue ich mich, als Eure Zofe mit dabei sein zu dürfen, doch weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau, was in dieser Rolle von mir erwartet wird. Ich will ja nicht unangenehm auffallen und dadurch womöglich Eure Pläne gefährden," schloss das Mädchen entgegen seiner sonstigen Art leicht verlegen.

"Mach´ Dir deswegen keine Sorgen, Janne. Die Arbeit als Zofe ist recht simpel und bis wir aufbrechen, habe ich Dir alles Wesentliche dazu erklärt. Aber genug davon, es ist Zeit für das Mittagessen!"

Salix von Hardenstatt

5. Boron 1043 BF, Burg Trollwacht, Freiherrlich Zackenberg

Salix von Hardenstatt räumte gerade in seiner Schreibstube einige Dokumente auf, die sich über die Zeit bei ihm angesammelt hatten. Der kleine metallene Ofen, ein Dankeschön aus der Reichsstadt Perricum, kämpfte wacker gegen die Kälte der Jahreszeit an, die sich in die dicken Mauern der Burg eingeschlichen und festgesetzt hatte.

Ein klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedankengänge und Salix drehte sich um, “herein”, rief er während er sich vom Regal abwandte. Die Tür wurde aufgezogen und herein trat der Hausherr, Zivko von Zackenberg-Bennstedt. Dieser verweilte schon seit geraumer Zeit in der Heimat, ein Umstand der die Burgbewohner sehr erfreute, sahen sie "ihren" Baron - ob seiner Verpflichtungen gegenüber der Markgrafschaft - doch nur selten in seinem Lehen.

Salix verbeugte sich tief, “Euer Hochgeboren! Welch Freude Euch zu sehen, erlaubt mir die Frage: was verschafft mir die Ehre?”. Der Heermeister trat in das Zimmer und schloss hinter sich die Tür, mit einer kurzen Handbewegung bedeutete er seinem Meister der Schreibstube Platz zu nehmen. “Ihr habt Euch hier gut eingelebt und mir wurde berichtet welch Stütze Ihr für meine Gemahlin seid”, stellte Zivko zufrieden fest, während er den Hardenstatter fixierte. Dieser lächelte leicht, “ich diene Euch und eurer Familie wo es geht”. Der Baron nickte knapp aber zufrieden, schien kurz zu überlegen und blickte sich im Zimmer umher, “das erfreut uns. Darum hätte ich einen Auftrag für Euch, ich denke er dürfte Euch auf den Leib geschneidert sein. Es geht um die anstehenden Festlichkeiten zum Traviabund zwischen Caya vom Greifener Land und Alderan von Gareth. Eine Festlichkeit, der ich bei zu wohnen gedenke.”, er ließ seine Worte sacken und wirken. Salix hatte sich alles aufmerksam angehört und ahnte schon, dass das kein reiner Höflichkeitsbesuch werden sollte, verstehend nickte er seinem Herren zu. “Auf dieser Festlichkeit wird alles was Rang und Namen im Königreich und seinen Marken hat kommen. Ein perfekter Ort also um neue Bündnisse zu schmieden. Ich wünsche mir nämlich zwei Knappen, wichtig ist natürlich dass sie aus einer Familie kommen die dem Ideal Korgonds nahesteht oder die dem alten Adel entspringt”. Salix nickte verstehend ehe er die Pause des Zackenbergs nutzte um seinerseits das Wort zu ergreifen, “und meine Aufgabe wird es sein, Euch geeignete Kandidaten zu finden, damit wir mit zwei Knappen zurück in die Heimat kommen. Ich verstehe und es ehrt mich dass Ihr mir soviel Vertrauen zukommen lasst um mich mit einer solchen Aufgabe zu betreuen!”, über Zivkos Gesicht huschte ein kurzes zufriedenes Lächeln, “hervorragend! Ich wusste dass Ihr mich nicht enttäuschen werdet. Den genauen Ablauf unserer Reise werde ich Euch zu gegebener Zeit mitteilen”, mit diesen Worten erhoben sich Zivko und Salix aus ihren Stühlen und verabschiedeten sich.

Trenner Perricum.svg

Salix war tief in seinen Stuhl versunken. Der Kräutersud auf seinem Schreibtisch stieß Dampf in regelmäßigen Intervallen aus und hatte eine hypnotisierende Wirkung. Die anstehende Aufgabe war von äußerster Wichtigkeit, würde er sie zum Gefallen des Zackenbergs erfüllen wäre ihm dessen Gunst gewiß. Gleichzeitig konnte er die Festlichkeiten nutzen selbst neue Kontakte zu knüpfen, so wie er das verfolgt hatte, konnten sich einige Familien durch die Fehde profilieren und waren so unverhofft aus der Versenkung hoch ans Licht der Bedeutsamkeit gespült worden. Ein Gewinn für alle, lächelte er in sich hinein. Dabei war ihm das Brautpaar recht egal, diese Caya vom Greifener Land kannte er noch aus seinen Tagen am Markgrafenhof. Sie war dort Knappin geworden, ein gutes Jahr bevor er von dort wegging. Hin und wieder hatten sich ihre Wege gekreuzt mehr allerdings nicht. Ein lustiger Zufall, der dafür sorgte dass sich ihre Wege abermals kreuzten. Dann war da noch die Fehde. Dieses unsägliche Köpfe einhauen, im Grunde konnte ihm das ja egal sein, es bereitete ihm jedoch Sorgen durch einen Landstrich zu ziehen, dessen Bewohner sicherstellen wollten dass ja kein Fleckchen des Königreichs NICHT mit Blut getränkt war. Als hätte die Erde dort nicht sowieso schon genug davon aufgesogen. Salix grummelte als er sich aufrichtete um einen Schluck seines Suds zu nehmen. Wohltuend und wärmend war er, scheußlich im Geschmack jedoch auch, hätte Orlana den Tonbecher nicht selbst gebracht, Salix hätte ihn ausgeschüttet.

Mit dem Ideal Korgonds sollten sich die Familien identifizieren um in die engere Auswahl für Zivkos Knappen zu kommen, dachte er sich als sein Blick auf einem Buch über die Familien des Königreichs zum ruhen kam. Salix schüttelte den Kopf, das war ihm alles zu mystisch, zu nebulös und verklärt. Er war kein Mann der Ideale oder des Glaubens, sondern der Fakten und der Realität. Dieserlei Ansichten würde er jedoch, mit Blick auf den wachsenden Zulauf welchen Korgond hatte, für sich behalten. Mit größerem Argwohn beäugte er dabei die Bewegung um die Großfürstlichen Füchse, eine Ansammlung von idealistischen Fanatikern die in ihrem Eifer das Land zu einen, es im schlimmsten Fall noch tiefer spalten könnten.

Wilbur von Eichstein

Nurinai ni Rian

„Eine Hochzeit?“, fragte Nurinai ni Rían in die Stille der Nacht hinein, „Ach, ich weiß nicht...“

Yolande von Raukenfels lachte: „Für solche Überlegungen ist es jetzt doch reichlich spät, Narzisschen. Morgen sind wir da. Was sorgst Du Dich?“

Die Geweihte schmiegte sich noch enger an ihre Liebste: „Brauchen wir dazu nicht... hm... eine Einladung?“

Erneut lachte sie: „Darum sorgst Du Dich doch nicht wirklich?“

Zuerst schwieg Nurinai. Sie schwieg eine geraume Zeit, ehe sie mit brüchiger Stimme erklärte: „Was soll ich denn da? Wir kennen doch keinen von beiden...“

„Zerstreuung suchen“, erwiderte die Raukenfelserin schlicht, „Ich sehe doch wie die Fehde Dich zermürbt. Ich sehe, wie Du leidest, wie Du zweifelst, wie Du mit Dir selbst und Deiner Bestimmung ringst.“

„Ich dachte immer, ich könnte die Menschen verstehen, aber...“, gestand sich Nurinai ein, „... aber irgendwie verstehe ich sie nicht mehr. Sie sind mir fremd geworden. Sie haben so viel Leid und Verderben über sich selbst gebracht und wofür? Für Macht und noch mehr Macht. Für Aufstieg und Fall. Für Leben und Tod. Dabei schätzt es mein Herr ganz und gar nicht, wenn er sie zu früh holen kommen muss...“

Yolande hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn: „Ach, Narzisschen. Der Adel ist nun einmal so. Er giert unablässig nach Macht, Einfluss und Reichtum. Es ist seine Natur. Und allein die Aussicht auf einen Aufstieg lässt so manchen seine eigene Sterblichkeit vergessen.“

„Bist Du Dir denn Deiner bewusst?“

„Ich berate den Grafen doch nur“, beschwichtigte die Raukenfelserin, „Und zu den bedeutenden Beratern gehöre ich auch überhaupt nicht. Damit ist es fast ausgeschlossen, dass mir etwas zustößt.“

„Fast“, erwiderte die Geweihte da nur äußerst trocken, „Eine Ritterin bist du aber dennoch und sind es nicht gerade die Ritter höchst selbst, die nach Blut und noch mehr Blut dürsten?“

„Aber hör mal, Narzisschen, was hast Du erwartet?“, sie hielt einen Moment inne, „Der Harsteener hat billigend in Kauf genommen Lechmin und ihr Kind zu töten oder willst Du mir etwa erzählen, er hätte nicht gemerkt, dass das keine richtige Turnierlanze war?“

„Ist dem so?“, wollte Nurinai da wissen, „Und überhaupt, warum hätte er das tun sollen?“

„Weil der garetische Adel sich gegenseitig nach dem Leben trachtet. Sie wollen den anderen stürzen, um selbst aufzusteigen. Es ist, wie du sagtest: Macht und noch mehr Macht. Und je höher man den Blick hebt, desto eitler werden die Gecken. Und was ist der Hartsteener anderes als ein eitler Geck?“

„Er hat Niope vom See geheiratet. Sie ist nicht nur Koscherin, sondern sie ist auch...“

„... ein armes Ding“, entfuhr es der Raukenfelserin, „Irgendwann wird auch sie hinter die Fassade ihres Gatten blicken und dann...“ Wieder Schweigen. „Graf Drego konnte sich das nicht gefallen lassen, das verstehst Du doch? Was war ihm also anderes übrig geblieben?“

„Und was hat er bisher erreicht? Seine Grafschaft wird aufgerieben! War es das denn wirklich wert? Verzeih mir, aber Graf Drego ist schwach...“

„So wie auch Fürst Anshold...“

„Nur das er nicht Mitten in einer Fehde steckt, die ihm über den Kopf zu wachsen droht“, verteidigte die Koscherin ihre Heimat, „Du kannst mir sagen, was du willst, aber im Kosch hätte es der Fürst – ganz gleich ob nun Blasius oder sein unerfahrener Sohn Anshold – nie so weit kommen lassen. Er hätte nicht zugelassen, dass seine Untertanen sich gegenseitig abschlachten. Nein, das hätte er gewiss nicht...“

„Der Kosch mag da anders sein. Garetien ist es eben auch. Es ist die Kaiserin, Narzisschen, sie hätte schon längst für Ruhe sorgen können, ja sogar müssen, aber sie hat es nicht getan. Und das kann nur eines bedeuten: Es spielt ihr in die Karten. Warum soll sie sich um die Streitigkeiten ihrer Untergebenen kümmern, wenn die das selbst regeln?“, meinte Yolande da nur, „Das Kaiserhaus ist auch nicht mehr das, was es mal war oder... sein sollte.“

„Das geht mich ohnehin alles nichts an. Ich bin nur meinem Herrn und seiner Kirche verpflichtet und daneben dem Fürst treu ergeben, wie ein jeder aufrechter Koscher“, erwiderte die Geweihte schlicht.

„Aber die Kaiserin ist doch auch Königin des Kosch?“, hakte die Ritterin nach.

„Mag sein. Das ändert aber nichts: Wir Koscher stehen treu zu unserem Fürsten. Daran wird kein Kaiser, der sich König über den Kosch und auch keine Kaiserin, die sich Königin über den Kosch nennt je etwas ändern. So sind wir nun einmal. Wir sind Koscher. Das werden wir immer bleiben.“

„Und doch bist du nun in Garetien und...“

„... und deswegen fällt es mir leichter keine Seite zu ergreifen, obgleich ich eingestehen muss, dass ich das Leid im Reichforst deutlicher vor Augen habe, als jenes anderenorts. Deswegen fällt es mir leicht zu verurteilen und zu mahnen. Vor den Göttern ist jede Seele gleich viel Wert, Honigkringelchen, ganz gleich woher sie stammt.“

Yolande strich ihr das Haar aus dem Gesicht: „Ich wünschte, es wäre so leicht, wie Du sagst. Leider ist es das nicht. Ich glaube, dass Du das weißt, schließlich kennst Du die Abgründe, in die viele von uns blicken nur zu gut. Du kennst sie sogar besser als ein jeder von uns, weswegen Du Dich nicht nur nicht fürchtest sondern auch genau weißt, was zu tun ist. Manchmal beneide ich Dich darum.“

Der Geweihten entfuhr ein kehliges Lachen, dann war es eine geraume Zeit lang still. Eng schmiegten sie sich aneinander, lauschten dem Herzschlag der anderen, fühlten ihre Wärme.

„Hast Du... Angst?“, hauchte Nurinai mit zaghafter Stimme.

„Wovor?“, wollte Yolande ebenso leise wissen.

„Davor, dass Du jemand treffen könntest, der Dich kennt.“

„Und weiß, dass ich verheiratet bin? Weil es das erste Mal ist, dass wir zusammen irgendwo auftreten?“, die Raukenfelserin schüttelte ihren Kopf, „Nein, ich habe keine Angst.“

„Gut“, meinte die Geweihte da nur, „Ich nämlich schon.“

Da stutzte ihre Gegenüber: „Du trittst furchtlos dem Tod gegenüber, aber das dumme Geschwätz derer da draußen ängstigt Dich?“

„Mein Herr wird nicht umsonst der Schweigsame genannt. Abgesehen davon, will ich nicht, dass Du ärger bekommst?“

„Mit wem? Etwa mit Olruk?“, sie lachte, „Olruk entlockt das gewiss nur ein müdes Lächeln, wenn ihm jemals jemand erzählen sollte, dass seine Gattin eine Liebschaft mit einer Frau hat. Und überhaupt, wer sollte denn da sein, der seine Stimme erhebt? Die eitlen Gecken des Fuchsrudels etwa?“ Sie lachte. „Ein toller Haufen ist das. Bei ihrem ganzen Bestreben nach besonders viel Ritterlichkeit, drehen sie sich vor allem um sich selbst, versuchen sich ständig gegenseitig zu übertreffen und haben das Wichtigste doch vergessen: Mäßigung und Demut.“ Sie hielt einen Moment inne. „Nun aber sollten wir schlafen. Auch Du, Narzisschen, schließlich will ich, dass du die best aussehendste Boron-Geweihte auf der ganzen Hochzeit bist.“

„Was nicht schwer sein wird“, gähnte die Rían da, „weil ich sehr wahrscheinlich die einzige sein werde.“

„Du bist die einzige für mich, das ist alles was zählt.“

Und während die Geweihte kurz darauf in den Armen ihres Herren ruhte, lag Yolande noch lange wach. Der Raukenfelserin war klar geworden, dass dieser erste gemeinsame Auftritt mit ihrer Liebsten sie durchaus in große Schwierigkeiten bringen konnte. Ihr Gatte Olruk war dabei gar nicht das Problem. Ihm würde das ganze gewiss nur ein müdes Lächeln abverlangen. Ein Verhältnis mit einer Frau? Angst vor Bastarden brauchte er also nicht zu haben. Brauchte er auch so nicht mehr, aber das brauchte er nicht zu wissen. Sie hatte ihm vom Verlust ihres letzten Kindes nichts gesagt. Es war besser so. Er war damals ja auch bereits fort gewesen. Wenn man es genau betrachtet, hatte er sich einfach davongestohlen. Wie oft hatte er ihr geschrieben? Das Problem war auch nicht seine Familie. Seine Schwester Helidora konnte ihn ohnehin nicht leiden und war abgesehen davon viel zu sehr mit ihrem Leben beschäftigt, als dass sie sich für Yolande interessierte. Nein, das Problem war ein anderes. Das Problem waren ihre Eltern. Nicht nur, dass Yolande auf ihre Bestreben Olruk geehelicht hatte, sie hatten diese Ehe auch vor Travia höchst geschlossen: Ihre Eltern waren beide Geweihte der Herrin Travia.

Thiomara Madajina von Amselhag

Mit ihrem purpurrotem Kapuzenmantel hob sich Thiomara von Amselhag gut vom weißen Firnglanz auf den Grabsteinen ab, als sie über den kleinen Familienanger schritt. Sie hockte an einem Grab ab, strich den Schnee beiseite und legte ein paar weiße Lilien ab, deren Beschaffung zu dieser Jahreszeit kein leichtes war. Aber mit den richtigen Kontakten bekam man in Gareth fast alles. Sogar Lilien die noch im Winter frisch geschnitten aussahen. Ein Vorteil wenn man mit der Schlunder Delegation am Kaiserlichen Hof weilte und im Hintergrund die Geschicke der eigenen Fehdepartei vorantrieb.

Das Bündnis mit den Kaisermärkern musste über die kalten Monate gepflegt werden. Mit dem Nadelstich gegen die Ländereien Grafen Dregos, hatte man im Boron den Einmarsch der Kaisermärker in Reichsforst flankiert und sich nach einem Plündezug um Luringen, wieder erfolgreich zurückgezogen. Lediglich ein paar aufgestachelter Fanatikern, denen im Ruchinsberg die Rondrafehde gegen das Greifenbanner Luringans zu Kopf gestiegen war, spendeten beim Spannfelder Ritt noch ihr Blut und Leben. Ein Glücksfall für die Karriere ihres Bruders, der die Schlunder Truppen rechtzeitig vor dem Winter zurückführen durfte und zum neuen Bluthund des Schlundes aufstieg. Obwohl man sich sehr viel Mühe bei der Anreise über Eslamsgrund gemacht hatte, wurden bei jenem Rückzug einige Reichsforster sehr vergrätzt und Eslamsgrund in die Fehde gezwungen. Nun war es an den Diplomaten die Scherben zusammen zu kehren und die Gemüter wieder zu kühlen.

Eine Winterhochzeit um die Wogen der Fehde zu glätten. Schlau eingefädelt von den Herrschaften die über der Fehde standen und zusahen wie sich ihre Vasallen um die Ruine des Reiches balgten. Ihr Weg würde sie also nun zur Randersburg führen. Der flügge gewordene Sanz wird heiraten. Welch bittersüße Fügung des Schicksals.

Davina von Sanzerforst war wie eine Schwester für sie gewesen. In diplomatischen Diensten reiste Thiomara einst in das Land ihrer Mutter und die Tochter des Grafen von Tuzak war ihr eine gute Freundin geworden. Ihre Zeit am Lilientron war so ausgelassen und frei gewesen. Bis die Insel diesen Wiedbrück wieder ausspie und sich die Welt unter seinem Schatten verfinsterte. Tuzak wurde ihnen, in mitten der provozierten Unruhen, erst ein Gefängnis und mit Haffax Ankunft zunehmend eine Folterkammer. Was hatten sie alles getan um dem zu entkommen. Auf einem der letzten Schiffe verließ Davina, mit den Kindern die verfluchte Küste, als klar wurde welche Banner in Boran wehten. Thiomara blieb nur die Flucht allein und die Suche nach ihrem verschollenen Gatten. Aus der Weißen Residenz in die erbarmungslose Grüne Hölle geschleudert, hatte Maraskan ihr beide Seiten der Insel eingeprägt. Letztendlich zählte nur das sie die Insel überlebt hatten.

Als Thiomara mit Alderan und den Kindern wieder vereint im Schlund angekommen war, trennten Davina und Sie die Stände, die in der Kaisermark ausgeprägter waren als einst in Tuzak. Nur als ihre Zofe konnte sie der Freundin noch nahe sein. Die Leichtigkeit ihrer Jugend wahr eh vor dem Grauen des Erlebten geflohen. Und beide wussten von einander was sie getan hatten um dem zu entfliehen. So ging ihnen bald die Freundschaft abhanden, wie anderen ein Stock oder ein Hut.

Das Sie nun ohne Davina auf der Hochzeit ihres Sohnes tanzen würde, betrübte sie. Doch wirklich Angst hatte sie davor, vor Xanjida zu treten. Sie war zu einem Ebenbild ihrer Mutter herangewachsen. Hätte sie Davina doch nur in jener Nacht retten können, als Tsa gab und Boron nahm.

Ein Magier aus Sinoda trat von der wartenden schwarzen Posche-Kutsche kommend an sie heran.

„Mutter, der Wagen wartet. Wir müssen los. Das Wetter verschlechtert sich.“


Einige Tage Später auf der Angbarer Reichsstraße.

Thiomara erwachte aus einem ihrer Alpträume, die sie wie alte Freunde auch auf dieser Reise begleiteten. Vielleicht sollte sie bei Zeiten mal mit einem Lakaien Bishdariels darüber sinnieren. Gefasst atmete sie in der verdunkelten Kabine der Reisekutsche durch. Sie öffnete das kleine Fensterchen der Kutschtür. Mit dem süßlichen Duft des Rauschkrautes verflogen auch ihre zurückgekehrten Erinnerungen an die düsteren Zeiten unterm Lilientron in die morgendliche Kühle und gaben ihre Gedanken wieder frei.

Die junge Ritterin Madara galoppierte mit ihrem Pferd heran, aus dessen Nüstern weiße Wölkchen in die firnfrostige Morgenluft stoben, bis sie neben dem offenen Kutschfenster ritt. Ihr mahnender Blick, ob der süßlichen Duftwolke, die der Kutsche entfloh, amüsierte ihre Mutter scheinbar nur. Ihr Bruder saß in asketischer Trance versunken, der Mutter gegenüber. Der Adept der Grauen Gilde ruhte wieder in sich selbst.

„Wir erreichen gleich Randersburg! Und wenn du wirklich möchtest, das ich auf dieser Hochzeit unter den Blicken der erlesenen Gäste tanzen soll, so solltest du unsere Gewänder nicht so zu qualmen.“

Ihre Mutter fixierte die junge Ritterin mit diesem durchdringenden Blick, der kein Konterwort mehr erlaubte und lächelte sie stoisch an, bis Madara klein bei gab und ihr Pferd antrieb, um vor die Kutsche zu kommen.