Geschichten:Mittel der Markgrafschaft - Eine stürmische Anreise

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Ich zog die lederne Kapuze tiefer ins Gesicht. Der Regen prasselte laut auf die glatte Kopfbedeckung und perlte zu beiden Seiten ab.
Ich war froh darüber. Bei stürmischem Wetter fühlte ich mich meinem Herrn immer besonders nah. Wenn ich mich recht erinnere, war es sogar das erste Sommergewitter des Ingerimm gewesen, welches nun nach dem heißen Nachmittag in einem stetigen Crescendo eingesetzt hatte.

Doch nicht nur deswegen war ich froh. Jetzt konnte ich ohne Verdacht zu erregen die Kapuze so tragen, dass man mein Gesicht nicht direkt sehen konnte.
Die Leute die mich hier in der Reichsstadt sehen sollten, hatte ich ohnehin bereits besucht, alle anderen gingen meine Geschäfte nichts an. Es ging heute Vormittag um eine Menge Geld. Die Verluste wieder rein holen die mich diese Dirne von der Sonderflottille gekostet hat.
Aber die Geschäfte würden bald wieder so laufen wie früher, das konnte ich spüren.

Nachdenklich wischte ich mir einige Tropfen aus dem Gesicht, die mir der böige Wind in die Kapuze geweht hatte. Bald hatte ich den leichten Abstieg über das rutschige Kopfsteinpfalster zum Nordtor des Kriegshafens hinter mich gebracht.

Eigentlich war ich ihr ja sogar ganz dankbar.
Endlich musste ich nicht mehr zwischen den verdreckten Schmugglerlagern und dem Schloss hin und her reisen und minutiös die Geschäfte überwachen. Ich hatte mich über einige Götterläufe bewiesen und Edelbrecht dankte es mir mit der neuen Position des markgräflichen Beraters in Fluss- und Seefragen.
Eine angenehme Aufgabe, boten die Einblicke hier doch ganz neue Möglichkeiten zu weiteren Geschäftsideen.

Vergeblich winkelte ich meinen rechten Arm an um meinen Efferdbart zu betrachten, den ich seit einigen Monden wieder häufiger trug. Doch heute hatte ich ihn nicht bei mir.
Zu auffällig.
Auf Schloss Perringrund hingegen hatte ich wieder Gefallen daran gefunden und in manchen Momenten sehnte ich mich sogar für einen Lidschlag in den Tempel nach Gaulsfurt zurück, wo meine stürmische Reise als Gefährte von Wind und Wogen angefangen hat.
Es war ein einfacheres Leben, also das als Geweihter.

Das Scheppern der Tür des Wachhäuschens riss mich aus meinen Gedanken.

“Was willst du hier?”, dröhnte eine hörbar genervte Stimme durch den peitschenden Wind.
Ich zuckte zusammen und wartete einen Moment bevor ich die Kapuze nach hinten zog.
Hatte er mich erkannt?
Nein das konnte nicht sein. Doch kein einfacher Soldat.
Ich ging ein paar Schritte auf den Wachhabenden zu, der keine Anstalten machte sich von dem schmalen schützenden Dach des Häuschens wegzubewegen. Augenscheinlich ein Soldat des Markgräflichen Heeres.
Ich zog die gesiegelte Einladung aus meinem wettergegerbten Mantel. Den hatte ich schon seit meiner Zeit auf der Straße und in den Wäldern. Es war der verdammt nochmal beste Mantel den ich je besaß, aber er war bereits mehrmals geflickt und einem Besuch bei der Admiralität wohl kaum angemessen.
Das hatte ihn also gestört.
Nach einem kurzen Blick auf das Siegel brummte er kurz und wies mir den Weg zu meinem Ziel.

"Gebäude 6 Zimmer 11, irgendwo im Osten hinter den Quartieren das vorletzte Haus zur Wasserseite, oder so.", patzte er mich an.
Mein Ziel schien kein bekanntes Gebäude zu sein.
Zu dieser Zeit machte ich mir keinen Gedanken darüber.

Trenner Perricum.svg

Bei jedem hellen Glockenschlag fluche ich aufs Neue.
Es schlägt bereits zur Boronsstunde, die Zeit meiner Verabredung mit der Admiralität.
Mittlerweile ist auch meine türkise Robe unter dem Ledermantel völlig durchnässt da ich den Kopf immer wieder heben muss um die Zeichen, Symbole und Nummern der Gebäude, die keiner mir nachvollziehbaren Logik folgen, überhaupt entziffern zu können.

Eine schäumende Wut steigt in mir auf über den Dreckslümmel der mir den Weg am Tor gewiesen hatte. Na warte, wenn ich den in die Finger bekomme. Doch bei meiner Ankunft würde ich meinem Frust nicht einmal Luft machen können.
Im Gegenteil, die wartenden Admiräle würden auch noch sauer auf mich sein, weil ich sie habe warten lassen.
Dabei ist es doch ihre Schuld! Ich wandere hier ganz seelenruhig durch den sogenannten bestbewachten Hafen des Mittelreichs. Ich könnte sonst etwas anstellen und keiner würde es mitbekommen.
Natürlich war bei diesem Efferdswetter auch keine Menschenseele unterwegs die ich hätte Fragen können. Was für ein beschissener Regen.

Warte... Ist das da vorne ein B? Oder ein Travia-Symbol?
Nein. Das ist eine 6.
Das muss es sein. Ein schlichtes längliches aber Mehrstöckiges Haus mit ausgewaschenem weißen Putz. Darüber ein blaues Schiff auf goldenem Grund.
Nicht gerade das was ich mir vorgestellt habe, aber alles ist besser als hier draußen im Regen umherzuirren.

Die Kapuze klatscht nass gegen meinen Rücken als ich an den ersten Türen des langen und mit dunklem Holz betäfeltem Gang entlang gehe. Es ist unangenehm Still hier. Kurz zögere ich weiter zu gehen. Irgendetwas stimmt hier nicht.
Die Stille wird von einem Türschaben unterbrochen, als aus einem Zimmer vor mir eine Frau mit einem reich befederten Zweispitz in den Gang tritt.
Ich erkenne die Kommandantin der Sonderflottille sofort und mache in solch einer Hast kehrt, dass ich fast das Gleichgewicht verliere.
Die Kapuze sitzt jetzt wieder auf meinem Kopf und ich mache die ersten schnellen Schritte Richtung Ausgang.
Doch dort ereilt mich schon der nächste Schrecken. Auch dieses Gesicht unter dem Dreispitz, dass sich mir dort auffordernd in den Weg gestellt hatte, kenne ich.

Miria von Gaulsfurt, die ungeliebte Tochter Edelbrechts.
Ich sitze in der Falle. Ich bleibe stehen und streife langsam meine Kapuze wieder vom Kopf.

Strategiewechsel.