Geschichten:Unerwarteter Besuch
Ein energisches Klopfen an der Tür ließ Sequin von Weidenhoff aus seinen Gedanken aufschrecken. Er blickte von den Abrechnungen auf seinem Schreibtisch auf.
„Werter Vetter, wenn ihr einfach eintretet, dann braucht ihr auch nicht zu Klopfen. Im übrigen hatte ich euch nicht erwartet.“
Ein süffisantes Lächeln umspielte seine Lippen.
„Für einen Pfeffersack wie dich immer noch wohlgeborener Vetter!“
Ohne eine Aufforderung seines Verwandten abzuwarten, fläzte sich Cyberian von Weidenhoff auf den mit Kissen ausgelegten Erkersitz der Schreibstube und griff sich eine Birne aus einer Schale auf einem kleinen Beistelltisch. Während er herzhaft hineinbiss, machte er mit der Linken eine wedelnde Geste.
„Nein, mal im Ernst Sequin, ich brauche deine Hilfe … nur eine Kleinigkeit, aber eine, mit der am besten du mir helfen kannst.“
Sequin musterte seinen Vetter nachdenklich. Eine steile Falte hatte sich zwischen seinen zusammengekniffenen Augenbrauhen begildet.
„Du brauchst doch nicht etwa Geld, Vetter?“
Cyberians Räuspern am Fenster war so heftig, dass er sich an seiner Birne verschluckte und erstmal einige Augenbicke brauchte um sich wieder zu fangen.
„Nein ich brauche kein Geld! Es geht um folgendes … du verdienst dein Geld doch mit Kreuzerfuchserei und wie dein Schreibtisch eindrucksvoll zeigt, bist du sehr bewandert in dem ganzen Schreibkram der zu so etwas dazugehört...“
„Das wäre jetzt nich ganz meine Wortwahl, aber … ja, Buchführung gehört zum Handwerkszeug des Kaufmanns, dein geschätzter Namensgeber war darin aber auch recht bewandert...“
Die Miene seines Gegenübers verdüsterte sich etwas. Doch Cyberian schien sich zu beherrschen und fuhr fort als habe er die letzte Spitze überhört.
„Also ich will das du solches Geschreibsel für mich durchsiehst.“
Sequin war ehrlich überrascht.
„Du hast eine Buchhaltung?“
Das joviale Lächeln auf Cyberians Gesicht wurde zu einem füchsischen Grinsen.
„Nein, aber vielleicht eine in Aussicht... eigentlich sogar zwei, wenn man es ganz genau nehmen will … Wie dem auch sei, hilfst du mir? Es soll dein Schaden nicht sein. Ich meine wie du ganz richtig bemerkt hast, ich habe keine Ahnung von so etwas und eines Tages werde ich jemanden benötigen der mir das abnimmt. Und glaub mir im Gegensatz zu Vater bin ich nicht so von Standesdünkel verblendet, dass ich nicht weiß wie einträglich die Zusammenarbeit meines Namensgebers und deines Vaters war. Was sagst du?“
Sequin seufzte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
„Ich habe gerade wirklich alle Hände voll zutun... Worum handelt es sich denn?“
Cyberians Grinsen wurde noch eine Spur breiter.
„Ach nichts Wildes, Bleusingk ist wirklich eine sehr bescheidene Herrschaft.“