Geschichten:Unergründliche Tiefe – Das Feuer des Götterfürsten

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Dorf Alka, Landritterherrschaft Alka, Gräflich Silz, Ingerimm 1045 BF:

In einer offenen Kutsche ließ sich Hofkaplan Boromäus Holmer von der Alkenburg aus durch das Dorf Alka kutschieren. Sein Ziel war der Marktplatz. Hier sollte nach seinem Willen der neue Tempel des Götterfürsten gebaut werden. Dafür müssten zwar ein paar Häuser abgerissen werden, aber was war das schon für ein Aufwand, wenn am Ende das göttliche Licht des Herren hier erstrahlte. Bei Landritter Brinwulf hatte Boromäus leichtes Spiel gehabt, der wagte keine Widerrede. Bei dessen Vater Jorris hatte sich der Praiot die Zähne ausgebissen. Der Hofkaplan lächelte, es war die Genugtuung des Überlebenden.

Mit seinen kleinen, tief eingefallenen Augen blickte der Praiot zu seinem Novizen Arved, dem drittgeborenem Kind des hiesigen Landritters. Boromäus war besonders streng zu dem Jungen, verlangte mehr Eifer, tieferen Glauben – und das hatte auch einen Grund: Der Junge war in den Namenlosen Tagen geboren worden, also stand er dem namenlosen Chaos weit näher als andere und würde den Versuchungen des Bösen weniger gut widerstehen können. Das Licht des Götterfürsten musste besonders gleißend auf dem Jungen strahlen und so jeden namenlosen Zweifel versengen. Arved dankte es seinem Mentor mit bedingungslosem Gehorsam und absoluter Praiosfrömmigkeit. Boromäus zeigte sich sehr zufrieden mit seinem Schützling. Er würde ihm hier einmal gute Dienste erweisen, da war er sich sicher.

Während seiner Fahrt durch das Dorf, das weit abgelegen mitten im Reichsforst lag, blickte er auf die leeren Gesichter der Dorfbewohner. Einst war Alka ein für Waldsteiner Verhältnisse wohlhabendes Dorf. Der Alkensee schenkte den Menschen reichlich Fisch und der Forst reichlich Jagdwild. Der nahe Grafenstieg ließ gar hin und wieder Händler in das Dorf kommen. Die hiesigen Landritter galten als erste Ritter der Silzer Lande. Doch die Händler kamen nicht mehr - der Grafenstieg war zugewuchert - die Jäger und Waldläufer trauten sich nicht mehr in den wuchernden und seltsam belebten Forst und auf dem Alkensee verschwanden dieser Tage immer wieder Fischer. Die Familie Alka hatte sich auf ihrer Burg eingeigelt und kaum noch Einfluss in Silz. Für Boromäus war eins absolut klar: Der Grund für all das Übel war der fehlende Glaube der Bewohner und ihrer Herren an den Götterfürsten. Über die Jahrhunderte hatte sich hier, weit abgeschieden im Forst, ein besonderer Aberglaube entwickelt. Die Menschen verehrten Baumgeister, Wassernymphen und andere absonderlichen Kreaturen des Waldes. Für den Praioten ein absoluter Graus. Mit gleißenden Predigten versuchte Boromäus die Dörfler auf den Weg des Götterfürsten zu geleiten und sie hörten in Scharen seinen Worten, denn der Forst hatte sich gegen sie gewandt.

Doch, dass der Praiot für seinen Tempel des Götterfürsten ihre Behausungen abreißen lassen wollte, missfiel dann doch einigen. So würde Boromäus noch viel predigen müssen, auf dass das Wort des Götterfürsten die armen Dörfler ins Licht führen würde.

Neben dem Praioten saß sein schweigsamer Novize Arved, der besonders eifrig in seinem Glauben an den Götterfürsten war. In seinen Träumen würde inmitten von Alka ein gleißender Hort des wahren Glaubens entstehen. Doch, waren es wirklich dieselben Herren, an die sich die Gebete der beiden richteten?