Geschichten:Graue Eminenz – Höhenmut

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Rondra 1046 BF, Schloss Rossgarten, Baronie Wasserburg

Kerzenschein brannte noch spät aus dem Arbeitszimmer der Baronin zu Wasserburg. Ein leeres Blatt Papier vor ihr, die Schreibfeder in der Hand kreisend. Sie war nicht sonderlich wortgewandt und ihr fehlte ein Einfall für den Anfang.

„Liebste, komm doch in die Schlafgemächer, es ist spät“ im Nachtgewand mit dazugehörender Mütze stand ihr Gatte vor ihr. Leobrecht von Ochs, der Reichsvogt der Efferdstränen war zurzeit zu Gast, wollten sie beide gemeinsam den Weg zum großfürstlichen Hoftag bestreiten.

„Der Brief des Halhofers fesselt mich, entschuldige bitte.“ Sie reichte ihrem Gatten das Schreiben.

„Dann ist es also wahr, was Iragox, der Stadtmeister Wandleths erzählte.“

Korhilda war mal wieder verblüfft. Woher wusste ihr Mann gefühlt immer alles.

Leobrecht, der das Erstaunen mit einem verschmitzten Lächeln quittierte. „Liebes Du weißt kaum etwas im Schlund entgeht mir. Und jetzt möchten die herrschaftlichen königlichen Vögte euch vom Orden Korgonds benutzen.“

„Benutzen ist so ein scharfes Wort, sie benötigen unsere Hilfe.“

„Hilda, ich bitte Dich, wir sind unter uns. Sie wollen sich selbst nicht die Finger schmutzig machen. Stelle sie Dir doch einmal bildlich vor, wie sie den Raschtulswall erklimmen.“

„Liebster, jetzt bist du aber unredlich. Albur von Mersingen hatte einst die Suche nach Malwarth dem Roten geleitet.“ Innerlich grämte sich Korhilda mit dem Gedanken an diese völlig missratene Verfolgungsjagd.

Der alte Ochse schüttelte den Kopf. „Nominell hat er sie sicher geleitet. Aber er weiß genau wie gefährlich der Wall ist. Er wurde doch schwer verletzt zurückgetragen. Vor der Eychgras musst Du Dich in Acht nehmen. Die geht für ihren persönlichen Erfolg über Leichen.“

„Mich widert es an, dass ich diesen ränkevollen Leuenwald suchen soll. Weißt Du noch damals als Giselda starb?“ Wut machte sich in Korhilda breit und sie drehte die Schreibfeder schneller durch ihre Finger.

„Boron habe sie selig.“ Der Reichsvogt dachte einen Moment still an seine geliebte ältere Schwester. „Er war noch zu jung und unerfahren. Gerade erst anerkannt aus seinem Bastardstatus. Die Königin konnte ihn nicht wählen. Und wir wissen beide der Rabenmunder hatte seine Finger im Spiel. Es waren harte Zeiten damals, aber es hat sich alles zum Guten gewendet, Hilda.“

Leobrecht setzte sich auf einen Ohrensessel. „Ich helfe Dir bei Deiner Antwort. Du wirst Ihnen keine Absage erteilen können, daher schreib ein paar netten Floskeln. … Du bedauerst das Verschwinden… fühlst Dich geehrt… kennst den Wall besser als jeder andere… Und so weiter.“ Korhilda lächelte, während ihr Gatte ihr einen wortgewandtes Antwortschrieben diktierte.

Die Baronin siegelte ihr Schreiben. "Liebster, jetzt wo wir in paar unbekümmerte Stunden zusammen verbringen könnten, muss ich wieder fort. Es schmerzt mich."

"Hilda, unsere Stellung ziehen Verpflichtungen nach sich, das wissen wir und wir werden diesen nachkommen. Ich denke, ich besuche alte und neue Freunde in Wandleth, denn alle werden sich jetzt in Stellung bringen. Sollte der Leuenwald nicht oder tot gefunden werden, ist die Nachbesetzung natürlich bereits geregelt - um das zu wissen, brauche ich meine Augen und Ohren im Schlund nicht."

Korhilda lächelte mild. Leobrecht war wie eine Spinne im Netz, ständig neue Fäden webend. "Und möchtest Du unsere beiden Großen in Stellung bringen?"

"Nein, nein, das Flöz ist abgebaut, wie Ingramm sagen würde. Unser Haus hat seit dem Jahr des Feuers zwar bluten müssen, aber wir haben deutlich mehr erreicht als verloren. Seit jeher ist Viehwiesen unsere Basis, unsere stabile Grundfeste. Vom Arvepass hat es mich auf die Efferdstränen verschlagen. Wir konnten Bärenau für das Haus hinzugewinnen und den Göttern sei Dank, hat Iralda mit unserer Hilfe und der Stippwitzer das Lehen stabilisiert. Du bist mit Wasserburg belehnt worden, auch wenn die horrenden Schulden es noch belasten. Denke einfach ein paar Generationen weiter, dann wird es ein blühendes Lehen sein, welches von einem Ochs regiert wird. Hinzukommend ist Leonora nun Kanzleirätin und Wolfaran hat ein Kronamt am Großfürstenhof inne."

Leobrecht schüttelte den Kopf, was mit der Bommel der Schlafmütze einen starken Kontrast zu seinen klugen Äußerungen brachte: "Also nein, wir werden keinen Anspruch auf die Mardershöh erheben. Das wäre zu vermessen, noch ein Gut solchen Kalibers zugesprochen zu bekommen. Wir sind kein Haus Luring, wir sind das Haus Ochs und sollten den Schwalben nicht das fliegen neiden. Was wir - ich aber versuchen werde, ist es Verbündete zu unterstützen. Aber Liebes, es ist wahrlich spät, lass uns zu Bett gehen."