Geschichten:Ein schöner Bart zu dieser Zeit – Vergissmeinnicht

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Gut und Junkertum Schönbartheim, Ende Tsa / Anfang Peraine / Mitte Rahja 1043 BF

Stolz betrachtete er seine ersten Setzlinge, die die Grundlage seiner weiteren Kreuzungen werden sollten. Gerade hatte er sie in den Notbau gebracht, den er auf Basis seiner Studien entworfen und noch fluchs vor dem Winter hatte bauen lassen. Notbau deshalb, weil es nur ersten Versuchen dienen sollte. Tatsächlich hatte er schon ganz andere Entwürfe für einen weit würdigeren Blumen- und Kräuterpavillon ersonnen und seine verschiedenen Entwurfsphasen in Skripten für sein Buch verewigt. Dieser Pavillon, würde des Göttervaters Sonnenlicht geschickt bündeln und so eine gewisse Wärme und Feuchtigkeit innehaben, und sollte in der Nähe der Statue seines Sohnes Haldan stehen. Inmitten eines Prachtgartens, für den es ebenso schon Pläne gab. Die Bauarbeiten sollten schon bald beginnen. Und der Garten sollte möglichst viele Pflanzen Perricums - und darüber hinaus beinhalten, wenn er fertig war. Er hatte den ganzen Winter darüber nach gegrübelt und war mit seinen Zuchtideen und seinen Plänen gar noch einmal den beschwerlichen Weg nach Rashia’Hal angetreten, um dort mit den Priesterinnen darüber zu disputieren. Nun war ein erster Schritt mit diesen kleinen Setzlingen getan.

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Einige Monde später: Wie jeden Morgen - natürlich nach einem ausgiebigen Frühstück mit allerlei Eigenkreationen - machte er sich auf zu seinem Pavillon, dessen Inneres noch der Notbau war, das Äußere aber langsam Gestalt annahm. Er hatte es optisch noch etwas angepasst, nachdem er von den horasischen Äquivalenten gehört hatte. Diesen Meistern der Gartenbaukunst hatte er Respekt zeugen wollen und so hatte er seinem anfangs sehr traditionell nebachotisch-Perricumschen Entwurf noch eine kleine horasisch-raulsche Note verpasst. Sein Pavillon würde sicherlich nicht mit denen dort mithalten können, aber Can war dennoch stolz. Darüber sinnierend schlenderte er durch den sich entwickelnden Garten, vorbei an der Heldenstatue Haldans, die er mittlerweile freundlich grüßte, denn er war dankbar dafür, was dieses einst traurige Vorhaben bei ihm angestoßen hatte.

Als er die Baustelle des Pavillons erreichte und ins Innere eintrat, traute er seinen Sinnen fast nicht. Ein freudiges und lautes “YA’HELLA!!!” entfuhr seiner Kehle, so dass einer der Handwerker beinahe von seiner Leiter fiel und seine Gattin Maia sofort heran eilte, um nach ihm zu sehen. “Hast du dir ätwas gätan? Ma’Taran?”

Entgeistert ob der Frage und zu gleich freudig lachend sah er seine herangestürmte Frau an und umarmte sie daraufhin. “Ob ich mir ätwas gätan hätte? Ma’Taran - und wie ich ätwas gätan habe. Schau.” Er löste die Umarmung, machte einen Schwenk und deutete mit seinem rechten Arm in einer ausladenden Bewegung auf die Setzlinge, die wie durch Tsa und ihren beiden lieblichen Schwestern gesegnet, munter und schon recht üppig sproßen. “Das, maine gäliebte Maia, ist der ärste Schritt zu mainen Züchtungen und Kreuzungen. Ich muss nur die Sätzlinge, die mainem Ziel am ähesten äntsprechen, wenn sie groß sind, mitainander bäkannt machen und im bästen Fall Kreuzungen zu Stande bringän und ich komme mainen Aigenkreationen schon ein gutäs Stück näher!”.

Ergriffen von dem Werk, dass er durch seine Hand (oder eher Gedanken), entwickelt hatte drehte er sich im Kreis und streckte die Arme von sich. “Schau nur wie sie wachsän, der Pavillon tut ihnäen gut und die speziällen Ärden und Mittelchän aus Rashia’Hal und Perricum äbenfalls. Äs funktioniert, Ma’Taran, äs funktioniert!”. Er beugte sich an einem der Setzfelder herunter und streckte vorsichtig seine Hände nach einem zierlichen Spross aus. “Sieh, diesä hier ist schon gar nicht mähr so wait äntfernt von mainer “Rabenstockel”-Skizze, diesäs saftigä Gelb, mit dän schwarzen Fläcken, noch nicht pärfekt, aber in zwai bis drai Gänerationen, solltä ich hier Ärfolg haben.” Can strahlte über seinen ganzes, rundliches Gesicht und sein opulenter Schnurzbart bebte vor Freude. Maia rührte dies so sehr, das ihr eine Freundenträne über die Wange rann.

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Erneut später: Leicht beschwipst und gut gelaunt, zog es Can erneut zu seinem Pavillon, der nun - bis auf ein paar Details - nahe zu fertig war und ihn immer wieder fröhlich stimmte. Er grüßte wie immer die Statue seines Sohnes mit dem Darpatwasser im Sockel mit dem Wasserbassin, schlenderte durch den gedeihenden Garten, der immer mehr die Form annahm, die ihm vorschwebte und betrat letztlich den Pavillon, an dem einige Stuckateure, Schnitzhandwerker und Fliesenmacher noch arbeiteten. Er grüßte seine großen Blumen, deren neuen Setzlinge und die sich hier eingenisteten Vögel, deren zwitschern er mit fröhlichem Pfeifen quittierte, wodurch es fast so wirkte, als ob der Junker und die Vögel ein gemeinsames Duett anstimmen wollten.

Er wanderte zu seinem Schreibpult (eine opulente Holzarbeit aus bestem Zypressenholz in Form eines Rabens mit ausgestreckten Flügeln), dass er sich in Mitten des Ganzen hatte aufbauen lassen und schlug seine Mappe mit den Skizzen und Skripten auf, die munter daraus hervor quollen. Hier konnte er sich am besten konzentrieren und über neue Ideen grübeln. Heute wollte er seine Notizen und Zeichnungen etwas sortieren und verschlanken, sonst würde selbst eine ganze Buchreihe nicht reichen. Niemals hätte er gedacht, so viel Liebe für das Schreiben zu entwickeln, aber nun konnte er die Leidenschaft seiner Tochter gut nachvollziehen.

‘Ah, meine liebe, meine gute Fatime, wie schade, dass sie ihrer Gabe nicht mehr so nachgehen kann.’, dachte Can, hatte seine Tochter doch seit dem Getue ihres Gockelgatten in Garetien alle Hände voll zu tun, zumal dieser auch noch seinen Sohn, Fatimes Bruder, da mit hinein gezogen hatte, Can schüttelte beinahe missmutig den Kopf, ob soviel Durcheinander - ließ es dann jedoch als er auf seine Zetteln schaute. Vielleicht sollte er ihr mehr abnehmen, eine Bitte, sich erneut nochmal in Sichlinger Kolleg blicken zu lassen, hatte er schon ein paar Wochen auf dem Tisch liegen.

Tief atmete er durch, was seinen Schnurrbart zum flattern brachte und ihn in der Nase kitzelte. Can würde dem bald nachkommen, auch wenn er dieses Gespiele dort immer noch nicht verstand. Aber evtl. konnte er dem Kolleg gar sein Wissen anbieten, dann könnte er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Er befand das eine gute Idee, nickte zufrieden zu sich selbst und ließ seinen Blick nochmal über seine Blumen schweifen, während er seinen Schnurrbart zwirbelte.

Etwas ließ ihn stutzig werden und er näherte sich den Blümchen, die in wenigen Generationen mal seine “Rabenstockel” werden sollten. Die meisten von ihnen gediehen prächtig. Doch eine war gänzlich in sich zusammengefallen, vmtl. überwässert, eine zweite ganz in der Nähe, stand dadurch irgendwie allein da und wirkte ganz klein, traurig und schwächlich.

Es traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube! Hatte er eben noch über Fatime und Rashid nachgedacht, musste er beim Anblick der toten und der traurigen Blume, an seinen verstorbenen Sohn Haldan und vor allem an seine Tochter Dalia denken, die schon seitvielen Götterläufen ein Leben in Trauer und Einsamkeit “an der Seite” des Korbrunner Blutbarons fristen musste. Haldan und er hatten mittlerweile ihren Frieden im Tod gefunden, doch seine Tochter lebte noch, in Tristess. Sie hatte schon seit Jahren ihre Familie und kein Glück mehr gesehen.

“Dalia.”, sprach er wehmütig und strich sanft über die kleine Blüte des traurigen Blümleins, das jetzt auch einen Namen hatte. Er blickte gen Osten aus dem Pavillon hinaus. ‘In mir steckt immer noch ein nebachotischer Krieger und Held, überdies bin ich bin auch noch immer dein Vater! Viel zu lang musstest du allein in der Dunkelheit harren, in der auch ich gefangen war! Ich werde dich aus deiner misslichen Lage befreien und dir endlich wieder ein zu Hause geben.’ Er wandt sich wieder seinem Schreibpult zu und schmiedete einen Plan, seine Skripte, seine Skripte sein lassend. Der Schnurrbart indes schien sich aufzurichten, wie die Arme eines Muskelmannes.