Geschichten:Altes Blut - Streben nach Höheren

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Burg Zweifelfels, Arbeitszimmer des Burgvogts, Boron 1037 BF:

Haldan von Rallersgrund hatte soeben den Raum verlassen und auch Rondriga raffte sich und schritt Richtung Tür.

„Warte mal, Rondriga, waren deine Worte nicht `die Zerbelhufen sind für uns verloren´? Warum nun also doch die Vermählung?“

Rondriga blieb im Türrahmen stehen, drehte sich aber nicht um. „Wie ich eben schon sagte, Debrek wünscht es so!“

„Debrek?“ Brinian musste sein Lachen unterdrücken. „Seit wann kümmert sich unser allseits geschätztes Familienoberhaupt um unsere Bündnispolitik? Ihn interessieren nur seine Hausritter, er denkt nicht über seine Schwertspitze hinaus, wie du weißt.“

„Dein Spott wird dir noch mal im Halse stecken bleiben, mein lieber Brinian“, giftete Rondriga zurück, die sich nun auch umgedreht hatte. „Es wird die Zeit kommen, da wirst du hier nicht mehr gebraucht werden. Dann kannst du wieder als Tintenkleckser in Grafenruh dein Dasein fristen. Ach warte, Yalagunde hat ja bereits einen fähigen Adjutanten, aber ich bin mir sicher Rondrimir wird auf Gerbaldswacht sicherlich Verwendung für einen Schreiber haben.“ Mit diesen Worten verließ die Baroness von Zweiflingen Brinians Arbeitszimmer und ließ einen sichtlich irritierten Burgvogt zurück.

Was war bloß mit Rondriga los, fragte sich Brinian, sie war in letzter Zeit deutlich aggressiver als sonst, nicht das sie vorher ein Hort der Freundlichkeit gewesen wäre, aber so? Sie hatte sich in den letzten Monden deutlich mehr in die Familienpolitik eingemischt und sich bewusst ein ums andere Mal gegen Leomar positioniert – und das durchaus erfolgreich. Leomar hatte durch seine Eheeskapaden - erst die Hohentann, nun die Trenck - einiges an Rückhalt innerhalb der Familie verloren. Er war zu unberechenbar geworden.

Aber was genau wollte Rondriga? Hatte sie sich vielleicht Hoffnungen gemacht einmal selber Familienoberhaupt und Baronin von Zweiflingen zu werden? Dies hatte sich aus ihrer Sicht nun zerschlagen, war doch Debreks Gattin Emer hochschwanger. Was Rondriga nicht wissen konnte, auch wenn Debrek kinderlos geblieben wäre, hätten sie oder ihre Kinder das Erbe nicht antreten können. Ein geheimer Vertrag sah in diesem Falle vor, die Kinder Leomars und seines Bruders Leomir in der Erbfolge vorzuziehen. Der Grund: Rondrigas Kinder waren von nicht so reinem Blute wie man denken mochte. Zwar ehelichte sie den hochadligen Baronet von Syrrenholt, doch war dessen Mutter eine Bürgerliche!

Was Brinian über Rondrigas politischen Ambitionen wusste, war aus Sicht seiner Familie eine Zäsur: Sie sprach sich dafür aus, den Jahrhunderte andauernden Konflikt mit dem Haus Streitzig zu beenden und mehr noch, sie wollte ein geheimes Bündnis mit den Streitzigern schließen um so gegen gemeinsame Konkurrenten vorzugehen. Junkobald von Hirschfurten beispielsweise war beiden ein Dorn im Auge, zumal Leihenbutt durch den Ausbau des Elfenpfades immer mehr an Bedeutung gewann. Aber ein Bündnis mit den Streitzigs? Das war für Brinian undenkbar und der Widerstand innerhalb der Familie war auch dementsprechend groß. Besonders Leomar würde so ein Bündnis auf Gedeih und Verderb verhindern wollen. Die Fronten zwischen ihm und Rondriga waren also verhärtet und zur Zeit sah es aus, als ob Leomar die Oberhand behalten würde, aber Rondriga würde nicht aufgeben, da war sich Brinian sicher und wer weiß, vielleicht musste man in diesen schweren Zeiten tatsächlich neue Wege gehen.