Geschichten:Rondras Weg - Der erste Schritt

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Rondra-Tempel des Heiligen Nadrians zu Nadriansfurt, Peraine 1035 BF

Dramatis Personae

Es war ein düsterer Morgen, denn es hatte noch bis vor kurzem geregnet und noch immer war der Himmel mit dunklen Wolken verhangen und die schlammige Straße mit Pfützen übersät. Dennoch sah Rondrian darin gutes Omen darin, denn bis hierher hatte ihn ein Donnergrollen begleitet, als hätte die göttliche Leuin persönlich seinen Weg bis hierher verfolgt.

Doch als er jetzt vor dem Portal des wuchtigen Tempels stand, musste er sich dennoch selbst anstoßen, um die Treppenstufe zum Eingang hinauf zu nehmen und in den von außen dunkel wirkenden Innenraum zu treten. Die an den Säulen im Mittelgang angebrachten Kerzen in gusseisernen Haltern sorgten nur für wenig Beleuchtung und ließen die grauen Mauern durch die schattenwerfenden Säulen schwarz erscheinen. Dennoch fühlte sich Rondrian sofort heimisch, denn dies war der gleiche Granit, aus dem auch die Mauern der ehemaligen Stammburg der Schallenberger errichtet war, die sich auf dem Berg oberhalb dieses Tempels erhob und die das Heim seiner Kindheit gewesen war, die aber nun durch unglückliche Umstände im Besitz eines anderen war.

Mit wachsendem Mut schritt er voran. Er schien alleine im Hauptraum des Tempels zu sein, nahm die Stufe hinauf zum Altar und kniete vor dem Sarkophag des Heiligen Nadrians, auf dem der letztlich siegreiche Kampf des Heiligen mit dem unseligen Natternunhold zu sehen war, nieder, um mit gesenkten Kopf ein Gebet zu sprechen. So merkte er erst, als er sein Gebet beendet hatte, das jemand wohl schon längere Zeit hinter ihm gestanden hatte. Er hob den Kopf, noch immer kniend, und blickte in das Antlitz einer in das Habit einer Tempelvorsteherin der Kriegsgöttin Rondra gekleidete Frau, die trotz des offensichtlich recht hohen Alters noch aufrecht und kraftvoll dastand.

"Großtante..ich meine euer Hochwürden", verbesserte sich Rondrian und neigte das Haupt ehrerbietig vor Leugrimma von Schallenberg-Windischgrütz. Über deren Gesicht huschte ein Lächeln als sie ihn an der Schulter fasste um ihn zum Aufstehen zu bewegen.

"Rondrian, ich freue mich dich zu sehen", sprach sie mit nicht eben leiser Stimme, in der Zuneigung mitschwang, aber ebenso auch ein gewisser Vorwurf, denn seit sein großer Bruder Felan Baron geworden war und letztlich Vetter Wulfger das Stammlehen derer von Schallenberg verkauft hatte, war man selten im heimatlichen Tempel gewesen um der Göttin zu huldigen und die Verwandte zu sehen.

Rondrian räusperte sich, als er sich sammelte und den lange schon vorbereiteten Satz sprach. "Hochwürden, ich bin gekommen um Dienst zu tun an der Göttin, wie es seit alter Zeit Brauch ist in unserer Familie, damit nichts vergessen werde. Ich will der Göttin dienen mit Leib und Seele, in ihrem Namen streiten wider Finsternis und Ehrlosigkeit." Er hatte die Worte klar und laut gesprochen und er konnte in ihren Augen etwas glitzern sehen.

"Wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet...", sprach sie leise ehe sie lauter antwortete. "Meine Gebete wurden erhört, die Familie hat ihre Pflichten offenbar nicht vergessen und voller Freude und Stolz nehme ich im Namen der Löwin des Krieges dein Ansinnen an. Du wirst eine harte aber gerechte Ausbildung erfahren. Ich weiß, dass du als Knappe bereits viel gelernt hast, was den Kampf angeht. Doch wirst du viel mehr lernen müssen, wenn du der Donnernden ein würdiger Diener werden willst."

"Gleich welche niederen oder schweren Aufgaben ihr mir auferlegen wollt, so sie dazu dienen mich auszubilden will ich sie annehmen und tragen, um meinen Wert zu beweisen."

"So sei willkommen in diesem Tempel, der fortan dein Heim sein wird", sprach sie feierlich und breitete die Arme aus. "Und bei Ardare, es wird auch mal Zeit, dass du her findest! Ich hatte schon fast gedacht, ich müsse eine weitere Generation warten", seufzte sie hinterher deutlich weniger würdevoll und rieb sich das Kreuz. "Ich werde auch nicht jünger, weißt du? Und dieser Tempel braucht Schallenberger Blut."

Rondrian runzelte fragend die Stirne, doch sie winkte ab. "Später, später werde ich dir alles erläutern. Doch nun komm und berichte mir erst einmal, wie es kommt, dass du endlich hierher gefunden hast." Sie winkte ihm und er folgte ihr nach. Als beide gegangen waren und der Raum wieder, bis auf das Knistern der flackernden Kerzen, in Stille versunken war schien es einen Moment als würden durch die sich bewegenden Schatten die eingemeißelten Figuren auf dem Sarkophag lebendig. Leise, kaum hörbar, doch drohend konnte man vermeinen ein Zischen zu vernehmen, doch war es alsbald verloren im durch das Portal pfeifenden Wind...


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Texte der Hauptreihe:
1. Per 1035 BF
Der erste Schritt
Der heilige Leomar


Kapitel 3

Autor: Lichtbote