Geschichten:Grauen am Darpat - Der kleine Rat: Unterschied zwischen den Versionen

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Tomira (D | B)
(Die Seite wurde neu angelegt: '''Dramatis Personae''' *Unswin von Keilholtz ä.H., Edelknappe und Novize im Zornesorden *[[Perricum:Leomara von Isenbrunn|Leomar...)
 
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Seine Tischnachbarin, die ohnehin dem oberen Tafelende wenig Aufmerksamkeit schuldete ließ sich gerne auf das Gespräch mit ihm ein. Allerdings versuchte die Ritterin auch sich mit Marnion von Kelsenstein zu unterhalten. An ihrer Mimik merkte man, dass sie dabei sehr beherrscht und konzentriert wirkte und um Distanz bemüht war. Die Leichtigkeit die eben noch im fast vertrauten Gespräch mit dem Edelknappen Unswin geherrscht hatte war gewichen und hatte einer Ernsthaftigkeit Platz gemacht, deren Grundlage sicher nicht im Verlauf dieses Abends begründet lag.
 
Seine Tischnachbarin, die ohnehin dem oberen Tafelende wenig Aufmerksamkeit schuldete ließ sich gerne auf das Gespräch mit ihm ein. Allerdings versuchte die Ritterin auch sich mit Marnion von Kelsenstein zu unterhalten. An ihrer Mimik merkte man, dass sie dabei sehr beherrscht und konzentriert wirkte und um Distanz bemüht war. Die Leichtigkeit die eben noch im fast vertrauten Gespräch mit dem Edelknappen Unswin geherrscht hatte war gewichen und hatte einer Ernsthaftigkeit Platz gemacht, deren Grundlage sicher nicht im Verlauf dieses Abends begründet lag.
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Der Junker von Kelsenstein hatte sich seinen Platz zur Rechten von Leomara gesucht, so weit weg von der schönen Geshla, wie es die Tafel zuließ. Auf seine Rüstung und Schwert hatte er auch für eine solch feine Runde nicht verzichtet. Speis und Trank ließ er unberührt. Dafür betrachtete er intensiv die Anwesenden und fing das eine oder andere Tischgespräch mit den Umsitzenden an.
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Voll Bedauern nahm Unswin die neue Reserviertheit zur Kenntnis die Leomara an den Tag legte, nachdem sich der Junker von Kelsenstein, welcher ihm gegenüber saß, an ihrem Gespräch beteiligte. Da sich ihre Stimmung im Moment nachhaltig eingetrübt zu haben schien, bemühte er sich, vielleicht ein wenig ungeschickt, die Aufmerksamkeit des Junkers auf sich zu lenken um Leomara von dem ihr offensichtlich unangenehmen Gesprächspartner zu befreien.
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“Sagt einmal, Euer Wohlgeboren, wenn ich mich recht entsinne sind meine Ordensbrüder und ich auf unserem Ritt nach Perricum durch das Hoheitsgebiet Eures Herrn gereist bevor wir nach Gnitzenkuhl kamen. Diese Abenteurer die wir auf dem Marktplatz trafen erzählten, dass sie ihr Treffen mit dem Monster oberhalb Gnitzenkuhl am Darpat hatten. Insofern müsste es sich schon fast auf dem Gebiet Eurer Baronie aufgehalten haben. Wie kommt es also, dass man sonst wenig aus Wasserburg hört. Ist der Baron denn nicht auch bestrebt dem Untier Einhalt zu gebieten?”
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Auf die Frage des Knappen hin, nahm auch Marnions Gesicht einen ernsten Ausdruck an, er holte tief Luft ehe er antwortete: ,,Unswin, der Baron von Wasserburg ist mitnichten mein Herr. Weder habe ich ihm, noch seiner Mutter zuvor den Lehnseid geschworen, noch hätten diese Wert darauf gelegt einen Nebachoten auch nur zu empfangen. In einer einzigen Sache war ich zumindest mit der Mutter des Barons einig, das nicht allein Unzucht über die Vergabe von Lehen entscheiden sollte, sondern die Taten eines Menschen. Leider sollten Ihre guten Vorsätze nur für andere gelten und nicht für Ihren Sohn. Baron Zordian von Tikaris kümmert sich einen feuchten Deut um seine Untertanen, solange er es warm hat und ihm gebratene Wachteln in den Mund fliegen. Am Tage als ich den Tod seiner Mutter vernahm, öffnete ich eine meiner besten Flaschen roter Darpater, um den Geschmack nach zu empfinden, als ihr Blut den Fluss färbte."
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Leomara war wie zu Salzsäulen erstarrt ob solch einer geäußerten Sicht der Dinge. Sie fragte sich, ob der Kelsensteiner für seine…Vorwürfe Beweise hatte. Wie immer war sie nach Wahrheit bestrebt, egal, wer sie brachte, wenngleich sie niemals freiwillig danach fragen würde. Am Ende würde er gar recht behalten…?
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Während der Junker noch sprach wurde es für Unswin überdeutlich woher Leomaras plötzliche schlechte Laune kam. Dieser Wilde der ihm hier gegenübersaß schien wirklich nicht den geringsten Schimmer zu haben was es mit Praios’ Ordnung auf Dere auf sich zu haben schien. Man musste seinen Herren nicht lieben, dennoch war es in seinen eine impertinente Anmaßung wenn nicht gar ein Frevel höchsten Grades den Lehnseid zu verweigern und beim Tode des Lehnsherren ein Freudenfest zu veranstalten. Dazu diese unangemessene, ja fast freche Vertrautheit die dieser Bergbewohner an den Tag legte. Einen Moment fehlten dem Edelknappen einfach die Worte. Sein Mund ging einige Male auf und zu als würde er wieder verzweifelt nach Luft schnappen müssen.
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„Nun ja… Marnion, nicht war?“ Unswin legte bewusst etwas Schärfe in den Namen seines Gegenübers um diesen so taktvoll wie möglich auf die Unangemessenheit seines Verhaltens hinzuweisen. „So lotterhaft wie Ihr den Zustand in eurer Baronie darstellt, haben wir von dort also keine nennenswerte Hilfe zu erwarten. Ich danke Euch, dass Ihr mich darüber aufgeklärt habt.“ Er gab sich nicht die Mühe dem Nebachoten zu erklären, dass er die Lasterhaftigkeit wahrscheinlich an anderer Stelle sah als sein Gesprächspartner. Stattdessen drehte er sich Unswin recht abrupt wieder Leomara zu um den gerade hinter ihr stehenden Tischdiener nach mehr Wein zu fragen, so dass er dem Junker von Kelsenstein nur noch seine nahezu unbewegte vernarbte linke Gesichtshälfte zuwandte. Es war ziemlich offensichtlich, das Unswin jedes Interesse daran verloren hatte dieses Gespräch fortzusetzen.
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Der Kapitän hatte nahe der Spitze der Tafel und der Baronin Platz genommen. Wenn auch nicht Edler oder Junker, so lies sein Amt ihm diesen Platz doch als angemessen erscheinen. Nachdem sie aus dem Ort hierauf gekommen war, war er zunächst zu seinem Schiff zurückgekehrt. Hier oben dauerte es ihm zu lange und so konnte er noch das ein oder andere mit seinen Offizieren besprechen. Für ein schnelles Bad war er dann rechtzeitig zurückgekehrt und saß nun in einem sauberen Offiziersrock an der Tafel. Seine Klinge und Dreispitz warteten vor der Halle auf ihn. Er genoss die dargebotenen Speisen. Fisch in all seinen Variationen war doch eines der großen Geschenke des Launenhaften an die Menschen. Verbunden mit einem guten Wein noch immer ein Mahl, das zu gefallen wusste.
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Neben dem Kapitän nahm der Geweihte Taseco Platz. Zufrieden hatte er registriert, dass die Gastgeberin die Gebote seines Gottes offenbar gut kannte und darum gebeten, den Fisch roh serviert zu bekommen. Zudem bat er um Wasser, ließ sich jedoch auch ein wenig Wein bringen, um der aufmerksamen Baronin gegenüber ebenfalls höflich zu sein.
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Die Baronesse zu Vellberg trug ein recht schlichtes dunkelgrünes Samtkleid nach Garether Mode, dazu einen Siegelring sowie eine Halskette mit einem Medaillon, während sie ihr schulterlanges braunes Haar offen trug und auf Schminke verzichtete. Nach einem kurzen Blick über die Tafel setzte sie sich auf einen Platz am oberen Ende des Tisches, nahe der Baronin, wobei sie aber zwei Stühle hin zu dieser freiließ, unsicher, ob nicht noch andere adlige Gäste und Vertraute der Gastgeberin eintreffen und einen Platz nahe dieser einnehmen mochten. Den gereichten Fisch verspeiste sie mit ungerührter Miene; zwar mochte er von kundiger Hand zubereitet worden zu sein, aber Efferds kulinarische Gaben waren einfach nicht ihr Fall, ebenso wenig wie leichte Konversation bei Tisch, welche Selinde daher auf ein gerade noch schickliches Minimum reduzierte. Lediglich der Gastgeberin machte sie ihre Aufwartung, da sie diese bisher noch nicht kennen gelernt hatte.
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Geshla war eine Person, der es nicht auffiel, wenn ihr Gegenüber ihren Ausführungen nur mit einem Ohr lauschte. Sie hörte sich selbst scheinbar gerne sprechen, was sie mit betont leiser Stimme tat, wohl um den Missklang der ausbrach, wenn sie laut wurde im Zaum zu halten.
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Der Baronesse Interesse an der Zusammenkunft nahm jedoch schlagartig zu, als Baronin Geshla zunächst Kapitän Hakon bat, seinen Bericht über die bisherigen Erkenntnisse der Suche vorzutragen.
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Nachdem bereits viele Stühle – vor allem am unteren Ende der Tafel, weit weg von der Baronin - besetzt waren, setzte sich auch Hochwürden Alexis an einen der freien Plätze in der Nähe Geshlas. Über die Baronin selbst hatte er noch nicht viel gehört, dafür umso mehr von ihrem Vater. Auch war er gespannt die Geschichte der Baroness von zu Vellberg zu hören und was sie hierher verschlug. Auch Alexis hatte die Zeit und vor allem das Angebot genutzt und während der verbliebenen Zeit ein Bad genommen. Sein Wappenrock war während dieser Zeit ebenfalls gereinigt worden, so dass er nun im gepflegten Zustand mit weißem Wappenrock über dem traditionellen Kettenhemd am Tisch saß.
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Version vom 6. Februar 2010, 17:56 Uhr

Dramatis Personae


Der Kleine Rat

Thronsaal Burg Gnitzenkuhl – Ingerimm 1032 BF


Die illustre Gästeschar

Endlich, ein erfrischendes Bad und eine kräftigende Mahlzeit später saß man bei einem Becher Bier oder einem der lieblichen Weine des Südens gemeinsam an der langen Tafel der Baronin Geshla von Gnitzenkuhl. Der Thron hatte den angestammten Platz geräumt und die Türen zum Raucherzimmer waren geöffnet worden, wo ihnen während der Mahlzeit zwei Musiker aufgespielt hatten. Die gereichten Speisen waren allesamt sehr wohlschmeckend gewesen, wobei Leomara sich während der Speisenfolge nicht verkneifen konnte immer wieder “Oh Fisch, wie köstlich!” einzuwerfen, wenn ein neuer Gang aufgetragen worden war. Allerdings war sie klug genug gewesen dies nicht allzu laut zu tun. Am anderen Ende der Tafel waren nämlich Geshla und ihr Vogt dabei die hiesigen Produkte, die aus den Tobritzen hergestellt wurden über alle Maßen zu loben. Sogar die Namen der Händler fanden Erwähnung denen man das gerade gegessene zu verdanken hatte. Einzig der Efferd Geweihte war zuvor befragt worden, wie er seine Mahlzeit zu sich nehmen wollte. Natürlich wurden auch die neu eingetroffenen Gäste allen Anwesenden vorgestellt, sodass einem gedeihlichen Austausch nichts mehr im Wege stand.

Wie zu erwarten hatte Geshla die Zeit nicht nur in ihrem Arbeitszimmer verbracht, sondern sie sah aus, als sei sie soeben einem Jungbrunnen entstiegen. Die Wangen leicht pfirsichfarben gerötet, die Augen dunkel betont, und die Haare in lockigen Kaskaden auf die Schultern fallend gesteckt, so hatte sie sich ihren Gästen lächelnd am Abend präsentiert. Das Kleid, musste man allerdings sagen war hoch geschlossen und in Form und Farbe eher unaufdringlich. Ein wertvolles um die Schultern geschlungenes Brokattuch sollte die einsetzende Frische des Abends mildern.

Der sie flankierende Vogt von Isenbrunn war in tadellosem Zustand erschienen, in Begleitung seiner Tochter Leomara, die sich ebenfalls herausgeputzt hatte, um den Gästen und auch ihrer Baronin den nötigen Respekt zu zollen. Ihr Kleid war überraschender Weise an die nebachotischen Kleider im Schnitt angelehnt, jedoch keinesfalls in einem durchscheinenden Tuch, sondern aus feinen roten und orangefarbenen Stoffbahnen. Dieser Farbtupfer hatte zur Folge, dass die an sich recht unscheinbare Ritterin mit einem Male sehr fraulich und charmant aussah. Eine schmale Kette um den Hals, an dem ein durchsichtiger Kristall hing war ihr einziger Schmuck. Sie hatte allerdings nicht völlig auf eine Waffe verzichten wollen, sodass an ihrer Hüfte ein schmucker bestickter Gürtel hing, wo wenigstens ihre Zweitwaffe ihren Platz fand. Ihre Haare waren in einem Haarnetz nach oben gesteckt worden, in dessen Mitte ein ähnlicher Stein wie an ihrem Hals saß.

Unswin hatte sich auf den ersten Platz zur linken Seite Leomaras gesetzt. Die Plätze weiter oben am Tisch in der Nähe der Gastgeberin standen nach seinem Verständnis den höherrangigen Gästen, den Geweihten sowie den Junkern oder Erben der Nachbarbaronien zu. Normalerweise hätte er sich gar nicht gesetzt, sondern seinem Herrn Alfred Beradje aufgewartet, aber hier und heute war auch Unswin Gast und wurde bedient. Wie schon den ganzen Tag trug er unter seinem Ornat das ihn als Novizen des Zornesordens auswies sein Kettenhemd, welches er anscheinend nicht einmal zu einem gesellschaftlichen Ereignis wie diesem Essen abzulegen trachtete. Wie seine Tischnachbarin schien er den diversen Variationen von Tobritzen nicht viel abgewinnen zu können. Wenn auch wahrscheinlich weniger weil er sie schon so häufig genossen hatte, sondern eher weil ihm der Geschmack ungewohnt war. Eher lustlos stocherte sich der Edelknappe durch die Gerichte bis er sich beim letzten Gang an einer Gräte heftig verschluckte. Behände war seine Tischnachbarin aufgesprungen. Schnell trat sie hinter ihn und zog ihn derweil er noch immer hustete auf die Beine. Routiniert drückte sie seinen Rumpf leicht nach unten, und schlug ihm kräftig auf den Rücken. Natürlich zogen sie dabei die Blicke aller Anwesenden auf sich, was die Ritterin scheinbar nicht im Geringsten zu stören schien.

Nachdem er mit Leomaras Hilfe die Gräte ausgehustet hatte, saß Unswin mit hochrotem Kopf da und entschied sich dazu an seinem Weinpokal zu nippen bis das Mahl beendet wurde. Die Ritterin hingegen warf ihrer weit entfernt sitzenden Baronin anschließend wilde Blicke zu. Erst nach einer Weile sprach sie den Edelknappen an. "Es tut mir leid, dass die Auswahl des Essens nicht euren Geschmack trifft." Ein Blick in ihren Teller genügte ihm, um zu erkennen, dass hier eine Leidensgenossin neben ihm saß, und er sich nicht weiter rechfertigen musste. "Wenn ihr wollt können wir später noch was Ordentliches essen." Sie war ihm sehr nah gekommen, als sie das gesagt hatte und zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Ein blumiger Duft ging von ihr aus.

Unswin war noch immer etwas beschämt über sein Missgeschick beim Abendessen. Mit hängendem Kopf saß er da und wagte kaum seine Tischnachbarn anzuschauen. Wie mochte er nur in den Augen seines Herrn ausgesehen und welches Bild auf ihn und die Zornesritter geworfen haben. Dennoch war ihm die erneute Initiative der Ritterin nicht unrecht, da ihn das Gespräch sofort von seinem eigenen Schamgefühl ablenkte. “Ich will die Gaben Efferds und Travias keineswegs gering schätzen, aber für einen märkischen Gaumen ist das wahrlich nichts. Zudem scheinen sich Tobritzen selbst im gebratenen Zustand noch sehr erfolgreich ihrer Haut erwehren zu können.” Mit einem zaghaften Lächeln bekämpfte er das Bedürfnis ob seines Missgeschicks erneut im Boden zu versinken.

Leomara hingegen musste nach dieser Äußerung Unswins herzlich lachen. Zudem verwirrte ihn der Umstand, dass dieselbe robuste Ritterin die noch vor einigen Stunden durch Schilf und Uferschlamm gewatet war, hier im Abendkleid und wohl duftend neben ihm saß als wäre sie gerade einem kaiserlichen Empfang entsprungen. “Allerdings wäre es wirklich unschicklich von mir, wenn ich Euch als meiner Lebensretterin diesen Wunsch ausschlagen würde. Zudem verspracht Ihr mir heute Mittag noch eine Führung durch die Stadt. So Ihr also wie ich noch Appetit auf etwas Herzhafteres verspürt, wäre es mir eine Ehre Euch zu einem späteren Zeitpunkt zur Quelle dieses Genusses zu begleiten.” Mit diesen Worten hob er seinen Weinpokal um Leomara zuzuprosten.

Sie hob ebenfalls ihren Pokal und schien seinen Worten nachzulauschen. “Eigentlich dachte ich wir holen uns einfach in der Küche ein wenig schmackhaften Braten, aber wenn es noch nicht so spät ist, können wir auch noch runter in den Anker gehen. Die haben fast immer etwas Leckeres für mich übrig. Dann sollten wir aber noch der Baroness”, sie deutete auf ihre Begleiterin aus dem Schilf, “Bescheid geben. Doch wenn ich ehrlich sein soll, ich fürchte es wird ein langer Abend werden. Wir haben wenig in Erfahrung gebracht, und doch sollte man daran gehen koordiniert zu handeln und Informationen zu sammeln.”

Unswin hielt einen Moment inne und überdachte die Worte seiner Gesprächspartnerin. “Vielleicht ist es besser den Ausflug in die Stadt auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Im Dunkeln könnte ich kaum ehrlich beurteilen was es zu sehen gibt. Zudem dürfte die Stimmung in der Stadt zurzeit wohl weniger gelöst sein als sie es im Normalfall wäre, da wohl vielen Bürgern die Angst vor dem Monster in den Knochen steckt. Verschieben wir dies also auf später. Doch der Gang zur Küche könnte mir durchaus gefallen. Zumindest die Burg werde ich wohl auf diesem Wege schon ein wenig besser kennen lernen.” Er zögerte kurz und nahm in der entstehenden Pause einen tiefen Schluck aus seinem Weinpokal. “Vielleicht könnt Ihr mir bei dieser Gelegenheit auch ein wenig mehr über Euch und das Leben hier in Perricum erzählen. Denn soweit südlich hat es mich in den Diensten des Ordens bisher noch nicht verschlagen.” Unswin gab sich inzwischen nicht mehr die Mühe den restlichen Tischgesprächen zu folgen, sondern hatte sich nun voll Leomara zugewandt während er mit ihr sprach. Mochte es vielleicht auch eine Unhöflichkeit darstellen der Gastgeberin am anderen Tischende nur den eigenen Hinterkopf zu präsentieren, war ihm dies in diesem Moment herzlich egal.

Seine Tischnachbarin, die ohnehin dem oberen Tafelende wenig Aufmerksamkeit schuldete ließ sich gerne auf das Gespräch mit ihm ein. Allerdings versuchte die Ritterin auch sich mit Marnion von Kelsenstein zu unterhalten. An ihrer Mimik merkte man, dass sie dabei sehr beherrscht und konzentriert wirkte und um Distanz bemüht war. Die Leichtigkeit die eben noch im fast vertrauten Gespräch mit dem Edelknappen Unswin geherrscht hatte war gewichen und hatte einer Ernsthaftigkeit Platz gemacht, deren Grundlage sicher nicht im Verlauf dieses Abends begründet lag.

Der Junker von Kelsenstein hatte sich seinen Platz zur Rechten von Leomara gesucht, so weit weg von der schönen Geshla, wie es die Tafel zuließ. Auf seine Rüstung und Schwert hatte er auch für eine solch feine Runde nicht verzichtet. Speis und Trank ließ er unberührt. Dafür betrachtete er intensiv die Anwesenden und fing das eine oder andere Tischgespräch mit den Umsitzenden an.

Voll Bedauern nahm Unswin die neue Reserviertheit zur Kenntnis die Leomara an den Tag legte, nachdem sich der Junker von Kelsenstein, welcher ihm gegenüber saß, an ihrem Gespräch beteiligte. Da sich ihre Stimmung im Moment nachhaltig eingetrübt zu haben schien, bemühte er sich, vielleicht ein wenig ungeschickt, die Aufmerksamkeit des Junkers auf sich zu lenken um Leomara von dem ihr offensichtlich unangenehmen Gesprächspartner zu befreien.

“Sagt einmal, Euer Wohlgeboren, wenn ich mich recht entsinne sind meine Ordensbrüder und ich auf unserem Ritt nach Perricum durch das Hoheitsgebiet Eures Herrn gereist bevor wir nach Gnitzenkuhl kamen. Diese Abenteurer die wir auf dem Marktplatz trafen erzählten, dass sie ihr Treffen mit dem Monster oberhalb Gnitzenkuhl am Darpat hatten. Insofern müsste es sich schon fast auf dem Gebiet Eurer Baronie aufgehalten haben. Wie kommt es also, dass man sonst wenig aus Wasserburg hört. Ist der Baron denn nicht auch bestrebt dem Untier Einhalt zu gebieten?”

Auf die Frage des Knappen hin, nahm auch Marnions Gesicht einen ernsten Ausdruck an, er holte tief Luft ehe er antwortete: ,,Unswin, der Baron von Wasserburg ist mitnichten mein Herr. Weder habe ich ihm, noch seiner Mutter zuvor den Lehnseid geschworen, noch hätten diese Wert darauf gelegt einen Nebachoten auch nur zu empfangen. In einer einzigen Sache war ich zumindest mit der Mutter des Barons einig, das nicht allein Unzucht über die Vergabe von Lehen entscheiden sollte, sondern die Taten eines Menschen. Leider sollten Ihre guten Vorsätze nur für andere gelten und nicht für Ihren Sohn. Baron Zordian von Tikaris kümmert sich einen feuchten Deut um seine Untertanen, solange er es warm hat und ihm gebratene Wachteln in den Mund fliegen. Am Tage als ich den Tod seiner Mutter vernahm, öffnete ich eine meiner besten Flaschen roter Darpater, um den Geschmack nach zu empfinden, als ihr Blut den Fluss färbte."

Leomara war wie zu Salzsäulen erstarrt ob solch einer geäußerten Sicht der Dinge. Sie fragte sich, ob der Kelsensteiner für seine…Vorwürfe Beweise hatte. Wie immer war sie nach Wahrheit bestrebt, egal, wer sie brachte, wenngleich sie niemals freiwillig danach fragen würde. Am Ende würde er gar recht behalten…?

Während der Junker noch sprach wurde es für Unswin überdeutlich woher Leomaras plötzliche schlechte Laune kam. Dieser Wilde der ihm hier gegenübersaß schien wirklich nicht den geringsten Schimmer zu haben was es mit Praios’ Ordnung auf Dere auf sich zu haben schien. Man musste seinen Herren nicht lieben, dennoch war es in seinen eine impertinente Anmaßung wenn nicht gar ein Frevel höchsten Grades den Lehnseid zu verweigern und beim Tode des Lehnsherren ein Freudenfest zu veranstalten. Dazu diese unangemessene, ja fast freche Vertrautheit die dieser Bergbewohner an den Tag legte. Einen Moment fehlten dem Edelknappen einfach die Worte. Sein Mund ging einige Male auf und zu als würde er wieder verzweifelt nach Luft schnappen müssen.

„Nun ja… Marnion, nicht war?“ Unswin legte bewusst etwas Schärfe in den Namen seines Gegenübers um diesen so taktvoll wie möglich auf die Unangemessenheit seines Verhaltens hinzuweisen. „So lotterhaft wie Ihr den Zustand in eurer Baronie darstellt, haben wir von dort also keine nennenswerte Hilfe zu erwarten. Ich danke Euch, dass Ihr mich darüber aufgeklärt habt.“ Er gab sich nicht die Mühe dem Nebachoten zu erklären, dass er die Lasterhaftigkeit wahrscheinlich an anderer Stelle sah als sein Gesprächspartner. Stattdessen drehte er sich Unswin recht abrupt wieder Leomara zu um den gerade hinter ihr stehenden Tischdiener nach mehr Wein zu fragen, so dass er dem Junker von Kelsenstein nur noch seine nahezu unbewegte vernarbte linke Gesichtshälfte zuwandte. Es war ziemlich offensichtlich, das Unswin jedes Interesse daran verloren hatte dieses Gespräch fortzusetzen.

Der Kapitän hatte nahe der Spitze der Tafel und der Baronin Platz genommen. Wenn auch nicht Edler oder Junker, so lies sein Amt ihm diesen Platz doch als angemessen erscheinen. Nachdem sie aus dem Ort hierauf gekommen war, war er zunächst zu seinem Schiff zurückgekehrt. Hier oben dauerte es ihm zu lange und so konnte er noch das ein oder andere mit seinen Offizieren besprechen. Für ein schnelles Bad war er dann rechtzeitig zurückgekehrt und saß nun in einem sauberen Offiziersrock an der Tafel. Seine Klinge und Dreispitz warteten vor der Halle auf ihn. Er genoss die dargebotenen Speisen. Fisch in all seinen Variationen war doch eines der großen Geschenke des Launenhaften an die Menschen. Verbunden mit einem guten Wein noch immer ein Mahl, das zu gefallen wusste.

Neben dem Kapitän nahm der Geweihte Taseco Platz. Zufrieden hatte er registriert, dass die Gastgeberin die Gebote seines Gottes offenbar gut kannte und darum gebeten, den Fisch roh serviert zu bekommen. Zudem bat er um Wasser, ließ sich jedoch auch ein wenig Wein bringen, um der aufmerksamen Baronin gegenüber ebenfalls höflich zu sein.

Die Baronesse zu Vellberg trug ein recht schlichtes dunkelgrünes Samtkleid nach Garether Mode, dazu einen Siegelring sowie eine Halskette mit einem Medaillon, während sie ihr schulterlanges braunes Haar offen trug und auf Schminke verzichtete. Nach einem kurzen Blick über die Tafel setzte sie sich auf einen Platz am oberen Ende des Tisches, nahe der Baronin, wobei sie aber zwei Stühle hin zu dieser freiließ, unsicher, ob nicht noch andere adlige Gäste und Vertraute der Gastgeberin eintreffen und einen Platz nahe dieser einnehmen mochten. Den gereichten Fisch verspeiste sie mit ungerührter Miene; zwar mochte er von kundiger Hand zubereitet worden zu sein, aber Efferds kulinarische Gaben waren einfach nicht ihr Fall, ebenso wenig wie leichte Konversation bei Tisch, welche Selinde daher auf ein gerade noch schickliches Minimum reduzierte. Lediglich der Gastgeberin machte sie ihre Aufwartung, da sie diese bisher noch nicht kennen gelernt hatte.

Geshla war eine Person, der es nicht auffiel, wenn ihr Gegenüber ihren Ausführungen nur mit einem Ohr lauschte. Sie hörte sich selbst scheinbar gerne sprechen, was sie mit betont leiser Stimme tat, wohl um den Missklang der ausbrach, wenn sie laut wurde im Zaum zu halten. Der Baronesse Interesse an der Zusammenkunft nahm jedoch schlagartig zu, als Baronin Geshla zunächst Kapitän Hakon bat, seinen Bericht über die bisherigen Erkenntnisse der Suche vorzutragen.

Nachdem bereits viele Stühle – vor allem am unteren Ende der Tafel, weit weg von der Baronin - besetzt waren, setzte sich auch Hochwürden Alexis an einen der freien Plätze in der Nähe Geshlas. Über die Baronin selbst hatte er noch nicht viel gehört, dafür umso mehr von ihrem Vater. Auch war er gespannt die Geschichte der Baroness von zu Vellberg zu hören und was sie hierher verschlug. Auch Alexis hatte die Zeit und vor allem das Angebot genutzt und während der verbliebenen Zeit ein Bad genommen. Sein Wappenrock war während dieser Zeit ebenfalls gereinigt worden, so dass er nun im gepflegten Zustand mit weißem Wappenrock über dem traditionellen Kettenhemd am Tisch saß.


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