Geschichten:Die Chronik der Gemmenritter - Ritter Angler
Geron von Esenfeld,
genannt "Angler",
Ältester der Gemmenritter,
Mitglied er Ersten Vier,
gestorben in Frieden auf tobrischer Erde im Jahre 773 nach Bosparans Fall
Im Namen der Götter und zur Wahrung des Andenkens an jene, die Wandel und Wahrheit suchten, sei dieser Eintrag gesetzt.
Nicht allen ist der Pfad der Ehre gleich zu Anfang offenbar – so war es auch bei Geron von Esenfeld. Obgleich aus gutem Hause zu Reichsforst stammend, misslang den Seinen jedweder Versuch, ihn zu einem ritterlichen Sohn der Grafschaft zu formen. Nicht Ross und Rüstung reizten ihn, sondern Ruder und Rah. An den Ufern des Großen Flusses erwachsen, war es das Wasser, das seinen Geist formte, nicht das feste Land. So führte er bald kleinere Kähne, dann Boote, dann schließlich große Schiffe – bis er im Krieg gegen das Liebliche Feld Kapitän in der Westmeerflotte ward und sich Ruhm bei der Niederschlagung der Zweiten Grangorer Revolte erwarb.
Doch die Wendung seines Lebens nahm erst am Yaquir ihren Lauf, wo er – längst gereift – dem Rondratempel zu Arivor seine Aufwartung machte. Dort, in heißem Staub, fand er den Sinn des heiligen Zweikampfs. Erst dort focht er seine erste Tjoste, und als ob Rondra selbst seine Hand gelenkt hätte, erkannte er sein verborgenes Talent.
Zurück im Reich, wandte er sich den Turnieren zu. Ruhm und Gold kamen reichlich, das meiste jedoch für mit Absicht verlorene Kämpfe. Langsam erblasste in ihm das Feuer der Ehre, das Arivor entfacht hatte. Er ward nicht mehr Ritter, sondern Darsteller, nicht Streiter, sondern Söldner. Tief sank er, bis ihn die Rondrageweihte Ayshala nach dem Luringer Turnier für seine Scharade rügte.
In tiefer Selbstprüfung verbrachte er den folgenden Winter auf den Efferdstränen, dort suchte er – und fand – in den Wellen den Willen der Zwölfe. Geläutert kehrte er zurück zu den Schranken, und beim Ingerimmsturnier zu Eslamsgrund fand er nicht nur die Tjoste wieder, sondern seine Bestimmung. Gemeinsam mit Ayshala, Ritter Werdomar und Ritterin Alwene, seiner alten Kameradin aus den Grangorer Tagen, gründete er den Bund der Gemmenritter.
Als Ältester des Bundes führte Geron die Seinen durch ihre ersten Jahre, die man bald mit Stolz die glorreichen Turnierjahre der Gemmen nennen sollte. Erst eine späte Hochzeit im fernen Tobrien bewog ihn, Lanze und Schild niederzulegen.
Geron verstarb in Frieden auf dem Gut seiner Gemahlin.
Sein einfaches Entermesser "Wogenschnitter" mit blauer Lederwicklung und einem Aquamarin im Knauf, vermutlich yaquirischer Schmiedekunst, blieb als Gemmenschwert der Efferdritter dem Bund erhalten.Sein Leben war wie der Fluss, dem er entstammte:
Zuweilen wild, zuweilen trüb,
doch am Ende mündend in Ruhe und Ehre.