Geschichten:Machtgeflüster Teil 8

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Teil 8: Machtgeflüster


Leihenbutt, 15. Ingerimm 34 Hal: Simiona hatte es in nur wenigen Tagen geschafft, nicht nur in der eigenen Baronie, sondern auch in den angrenzenden Regionen der v.a. nördlichen und östlichen Baronien für Ordnung zu sorgen, zumindest für ihre Auffassung von Ordnung. Sie hatte fast zwei Dutzend Kundschafter ausgeschickt, die sie ständig über Truppenbewegungen im näheren Umland im Bilde hielten und so gelang es ihr auch, ihre Soldaten stets zur richtigen Zeit am richtigen Fleck zu haben, was ein weiteres Plündern und Brandschatzen durch fremdes Söldnervolk verhinderte oder zumindest stark einschränkte. Die Barone von Tannwirk, Zweiflingen und Bärenau waren nach ihrem Erkenntnisstand tot oder samt Familie geflohen, und dies nutzte sie taktisch klug, um in den angrenzenden Gebieten teilweise Fuß zu fassen. In nur wenigen Tagen war ihre kleine Privatarmee auf über 80 Köpfe angewachsen, allesamt erlesene Krieger. Die alten Grenzen galten nun nicht mehr, ab nun herrschte das Recht des Stärkeren.

Nimmgalf war immer noch nicht vom Reichskongress zurückgekehrt und Gräfin Allechandriel war auf einer ihren längeren Expeditionen im Reichsforst. Wann sie wiederkäme stand noch lange nicht fest. Simiona konnte es nur recht sein. Vor zwei Tagen war sie in der gräflichen Kanzlei zu Silz auf ein paar interessante Dokumente gestoßen. Sie betrafen den rechtlichen Status der Baronie Ulmenhain im Norden von Silz. Laut diesen Dokumenten war Baron Dexter Nemrod von Ulmenhain aufgrund seiner Verdienste für das Reich zum Reichsbaron ernannt worden, womit er der gräflichen Tributs- und Lehenspflicht entbunden war und wie ein Reichsvogt direkt dem Kaiser unterstellt ist. War, um genau zu sein, denn sein Tod war bereits von öffentlichen Stellen bekannt gemacht worden. In Simionas Kopf begann ein perfider Plan zu reifen.

Kurz darauf war sie mit zehn ihrer besten Soldaten, allesamt ehemalige Elitegardisten, unter der Führung von Hauptmann von Eslamsbrück zu Pferd auf dem Weg nach Ulmenhain. Gegen Abend erreichten sie den kleinen Ort, die Hauptstadt der Baronie. Sie hielten sich nicht lange auf und ritten schnurstracks zur mächtigen Burg des Grafen Nemrod zu. Nachdem sie ihre Leute in ihren Plan eingeweiht hatte, ritten sie den steilen Serpentinenpfad zum Burgtor empor.

Die gräfliche Flagge schwenkend wurden Simiona und ihre Eskorte auch rasch von den Burgwachen eingelassen.

„Die Zwölfe zum Gruße, werte Leute! Mein Name ist Comtessa Simiona di Silastide-Marvinko und isch bin im persönlischen Auftrage der Gräfin Allechandriel Quellentanz `ier. Isch bitte darum, ein Gespräsch um eine geschäftlische Angelegen`eit mit der Burgherrin fü`ren zu können.“

Nach kurzer Zeit schon wurde Simiona in den Salon des Burgpalas gebracht, während sich die Soldaten im Burghof aufhielten und interessiert umschauten. Sie wurde von Ailyne Nemrod, Baronin zu Ulmenhain, empfangen. Kokett lächelnd blickte die dunkelhaarige und äußerst attraktive Frau sie an, auch wenn man ihr ansah, dass sie den Tod ihres Gatten immer noch nicht ganz verwunden hatte. „Rahja zum Gruße, werte Comtessa! Was verschafft mir die Ehre Eures Besuches in meinem Heim?“

Simiona lächelte zurück: „Oh, Rahja zum Gruße, euer `ochgeboren.“ Ihre Stimme hatte dabei einen merkwürdig ironischen Unterton. „Der Grund meines Besuches ist folgender: Gräfin Allechandriel sandte misch als neue gräflische Kämmerin Waldsteins `ier`er, um mit Eusch über eine dringlische finanzielle Angelegen`eit zu spreschen.“ Sie zeigte ihr eine Ernennungsurkunde, die sie vor einer Weile selbst erstellt hatte.

Die Baronin war überrascht. „Nun, ich wüsste nicht, welche Angelegenheiten dies sein könnten, aber fahrt doch bitte fort.“

„Gerne! Wir `aben letztlisch erst feststellen müssen, dass I`r schon seit geraumer Zeit keine gräflischen Tributabgaben mehr geza`lt `abt. Gerade in diesen `arten Zeiten müssen wir leider darauf beste`en, dass alle Steuern vollständig und pünktlisch entrischtet werden, das verste`t i`r doch sischer?“

Die Baronin schüttelte nur den Kopf: „Aber, aber! Das kann so nicht stimmen. Mein Gemahl war meines Wissens nach nur dem Kaiser oder Reichsbehüter lehenspflichtig und die Baronie Ulmenhain steht demnach nicht in der üblichen Lehensfolge. Demnach schulde ich eurer Gräfin Allechandriel keinerlei Steuern. Ihr müsst euch irren, Comtessa.“

„O`, wirklisch? Ist das wa`r?“ entgegnete Simiona mit gespielter Überraschung. „Nun, wenn das so ist, könnt I`r mir doch sischerlisch entspreschende Unterlagen vorlegen, die eben dies belegen können.“

Die Baronin wurde ein wenig blasser. „Ähh, nein, das kann ich nicht, da mein… Mann sämtliche Unterlagen auf seiner Burg in Wehrheim hatte bevor…, Ihr wisst schon, die schreckliche Sache geschehen ist.“

„O`, das `eißt also, dass I`r mir keine Unterlagen vorlegen könnt?“

„Nein, hier nicht, aber in Silz oder Gareth müssten sich derlei Unterlagen doch sicher leicht beschaffen lassen, man müsste nur…“

„Isch bedaure!“ unterbrach Simiona sie barsch. Ihr Tonfall war nun deutlich fordernder geworden. „Die Garether Kanzlei ist mit allen Arschiven den Flammen zum Opfer gefallen und in der gräflischen Kanzlei zu Silz konnte isch auch keine derartigen Belege finden.“ Das stimmte zwar nicht, aber Simiona hatte alle diesbezüglichen Papiere noch am gestrigen Abend dem Kaminfeuer überantwortet.

„Ja.. aber was bedeutet das denn nun?“

„Das, werte Baronin, bedeutet, dass Ihr mir stante pede die ausste`enden Steuerza`lungen der letzten Ja`rze`nte überantwortet. Sie belaufen sisch auf, moment…“ sie holte eine vorbereitete Pergamentenrolle hervor, wo sie sämtliche nicht gezahlten Steuern aufgelistet hatte, „insgesamt zweiundsiebzigtausendfünf`undertachtundzwanzig Dukaten und sechs Silbertaler. Isch wäre Eusch se`r verbunden, wenn I`r um Ärger zu vermeiden gleisch za`len würdet.“

Die Baronin wurde bleich. „Das…das ist ja ein Vermögen. Das kann ich nicht bezahlen!“

Simiona funkelte sie böse an: „Euer Problem! Falls nischt, muss isch eben Wertgegenstände pfänden. Isch denke, isch fange bei Eurer Burg an!“

Das war der Baronin zu viel, sie rief nach den Wachen. „Wachen! Ich werde Euch hinauswerfen lassen. Wenn mein Mann noch lebte, hättet Ihr eine solche Dreistigkeit nimmer gewagt!“

„Tja, wenn! Aber da dem nun mal nischt so ist…“ Simiona zog ihre Balestrina, die sie wie immer unter dem Rock verborgen hatte, hervor und lud durch. „Eure schönen Tage sind vorbei, `ochgeboren! Isch überne`me nun diese Baronie!“

In dem Moment wurde die Tür des Salons geöffnet und zwei von Ailynes Wächtern stürmten herein. Simiona pfiff kurz und laut und schon waren von draußen laute Rufe und andere Geräusche zu hören. „Nehmt diese Frau fest, sofort!“ rief die Baronin.

„Das würde sich eusch nischt empfe`len, denn eure feine `errin ist nämlisch der Steuer`interzie`ung überfü`rt.“ Simiona machte einen Schritt vor und riss die Baronin an sich, wobei sie ihre Balestrina an ihre Schläfe presste. Die Wachen hielten inne und waren verwirrt. Kurz nach ihm betraten zwei von Simionas Leuten den Saal. Noch bevor die Wachen reagieren konnten wurden sie von hinten überwältigt. Die Baronin versuchte sich zu befreien, doch Simiona drückte ihr die Balestrina nun unter das Kinn. „Keine Spielschen, klar? Das kann isch besser als I´r.“

Schon nach kurzer Zeit kam Hauptmann von Eslamsbrück hereingerannt. „Die Wachen sind außer Gefecht gesetzt, die Burg ist unter unserer Kontrolle, Comtessa!“ „Bien! Se`r gut! Die da könnt i`r mitne`men. Mit Steuer`interzie`ern kenne isch kein pardon. Vergnügt eusch mit i`r oder macht mit i`r was i`r wollt, dann werft sie in den Kerker. Isch will sie jedenfalls `ier nischt wieder se`en. Und i`r da“ sie deutete auf die überwältigten Wachen „könnt eusch entscheiden, eure `errin in den Kerker zu begleiten, oder eusch der neuen `ausordnung anzupassen, ganz wie i`r wollt.“ Der Baronin schwanden die Sinne als sie von zwei Soldaten an den Armen gepackt und brutal aus dem Raum gezerrt wurde.

Simiona schritt kurz nachdem sie noch eine Weile die schöne Aussicht aus den Fenstern genossen hatte durch die Gemächer der Burg Ulmenhain, da sie sich einen Überblick über ihre neue Sommerresidenz machen wollte. Im Schlafgemach der Baronin traf sie auf einen jungen gut gebauten Mann, der gerade dabei war sich hastig eine Hose anzuziehen. Offenbar hatte er es sich kurz zuvor noch im Bett der Baronin gemütlich gemacht.

Simiona lächelte ihn an: „O`lala, schau an, ein Favorit der e`emaligen `aus`errin? Tststs, was wo`l der gute Graf Nemrod dazu gesagt `ätte?“ sagte sie mehr zu sich selbst. „Wie ist dein Name, mon ami?“

Der junge Mann blickte sie etwas verstört an, er verstand offenbar nicht so recht, was hier vor sich ging. „Mein… ich, ich heiße Darius. Bitte, ich wollte gerade gehen, ich muss dringend zurück zur Arbeit... zurück in meine Schmiede.“

Simiona ging auf ihn zu und drückte ihn wieder aufs Bett herab. „Aber warum denn, mein `übscher, starker Freund? Was Du für die liebe Witwe Nemrod tust, kannst Du doch auch für misch machen, oder etwa nischt? Schließlisch bin isch die neue `errin auf dieser Burg. Bedenke, viele Männer würden töten, wenn sie nur die Chance bekommen könnten, das zu tun was isch dir gleisch gestatten werde.“

Darius der Schmied atmete tief ein. „Es…es tut mir leid, ich kann euch nicht…“

In diesem Moment spürte er die Mündung von Simionas Balestrina an seiner Schläfe. „Doch, Du kannst! Und wenn Du dir viel Mü`e gibst, lass isch disch danach sogar laufen. Was `älst du davon, Schmied?“

Der junge Mann schluckte nur und sank dann vor ihr auf die Knie und begann ihre Füße zu liebkosen. Dann ließ er seine Hände und seine Lippen langsam höher wandern, während sich Simiona seufzend auf das weiche Himmelbett fallen ließ. Lächelnd kam ihr in den Sinn, wie viele „alte Freunde“ von Graf Nemrod sie nun für diese Aktion beneiden würden.


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