Geschichten:Tsas Tränen - Zwischen Dorp und Duchrow
7. Peraine 1030 BF, Baronie Hutt
Ritterin Rahjane von Hornbach ritt etwas näher an Tsaiana heran. "Ist etwas nicht in Ordnung?" fragte sie im vertrauten Ton. Während der bisherigen Reise hatten sich die beiden jungen Frauen besser kennen gelernt.
Tsaiana von Waldfang-Angerwilde schaute traurig zu den Leuten, die alle Hoffnung verloren hatten. "Nein.", murmelte sie abwesend. "Wie schrecklich, seine Hoffnung zu verlieren. Das ist doch das einzige, wofür man kämpfen sollte und auf einen neuen Anfang zu vertrauen. Aber wahrscheinlich sind diese Menschen schon zu oft enttäuscht worden. Möge uns die ewig junge Göttin beistehen bei unserer Mission."
Rahjane musterte die junge Baroness. Sie hatte schon viel Ertragen müssen, der Tod Ihrer Mutter, das Dahinsiechen Ihres Vaters, die geistige Verwirrung Ihrer Tante und damit das Amt, welches sie so plötzlich hatte übernehmen müssen. Hoffentlich war sie stark genug das durchzustehen, überlegte Rahjane und schwor sich auf dem kommenden Schlachtfeld nicht von Ihrer Seite zu weichen und ihr außer im Kampf auch als Freundin beizustehen. Sie sah ihr auch an, dass sie sich Sorgen um Raulfried machte, der ziemlich angespannt wegen seiner Position war.
Tsaiana ließ Ihren Blick weiter über die Menschen streifen, die sich zurückzogen und misstrauisch auf die vielen Bewaffneten schauten. Dabei traf ihr Blick auf den Ritter Kordian Flaß von Cresseneck und sie freute sich, ein bekanntes Gesicht zu erblicken. Und endlich mal ohne das dieser in Gespräche verwickelt war. Mit leichtem Schenkeldruck gab sie Ihrem Ross zu verstehen, wo sie hinwollte und ritt auf ihn zu. Sobald er sie erblickte, lächelte sie und winkte fröhlich.
Kordian war gerade in Gedanken versunken gewesen, als er Tsaiana bemerkte, die sich ihm näherte. Sie sah ein wenig betrübt aus, was Kordian gut verstehen konnte, angesichts der trostlosen Gegend um sie herum. Er erwiderte ihr Winken und sah sich nach seinem Vetter um, der Tsaiana ebenfalls kannte, konnte ihn aber nicht finden. Wer wusste schon, wo er sich gerade herumtrieb. Er hatte sich bereits öfters aus Langeweile vom Rest der Cressenecker getrennt und suchte das Gespräch mit anderen Mitgliedern des Zuges. Deshalb kam Kordian der Besuch der Waldfangerin gerade recht. Ein wenig Abwechslung konnte nicht schaden.
"Praios zum Gruße", sagte Kordian als Tsaiana in seine Nähe kam.
"Ich schätze mal, ihr seid auch nicht gerade bester Stimmung, wenn ich euch so ansehe, nicht wahr?"
Tsaiana sah erleichtert, dass Kordian von Cresseneck sie wohl erkannt hatte und ihre Miene heiterte sich etwas auf. "Tsa zum Gruße! Ich sehe, ich kann meine Gedanken wohl nicht so gut Verbergen, wie?", sagte sie lächelnd. "Wo ist denn euer Vetter? Ich vermeinte ihn schon erblickt zu haben auf dem langen Marsch."
Kordian nickte kurz. "Angbold, ja. Er treibt sich bestimmt weiter vorne im Zug herum, bei den Rittern des Grafenhofes." Der Junker hob halbherzig den Arm und deutete nach vorne. "Unsere Tante ist eine von ihnen, wisst ihr?"
„Nein, das ist mir neu." Tsaiana seufzte."Aber mir ist eh noch vieles neu und die Strukturen gehören leider immer noch teilweise dazu. Doch sagt, und bitte sprecht frei heraus, was haltet ihr von diesem Unterfangen?" Sie blickte ihn durchdringend an.
Kordian überlegte ein wenig, bevor er antwortete. „Nun“, begann er nach einer Weile „ich denke, dass wir für eine gerechte Sache unterwegs sind.“ Der Junker öffnete den Mund und schien noch etwas anderes sagen zu wollen, schüttelte dann aber den Kopf. „Wir werden dieses Pack schon besiegen“, fuhr er fort.
„Wenn die Lage aussichtslos wäre, hätte uns der Graf nicht hierher geschickt.“
"Bitte, sprecht frei heraus." Sie sah sich unmerklich um. "Es ist keiner da der uns hören könnte. Und meine Meinung zu diesem Kampf ist ohnehin eher düster. Krieg und Kampf bringen immer Leid, auch wenn das Ziel ein höheres ist. Für den einzelnen jedoch, mag es alles und nichts bedeuten." Sie schaute traurig gen Himmel und ein leichtes Glitzern trat in ihre Augen.
"Es ist nicht der Kampf, der mir Sorgen bereitet", antwortete Kordian wahrheitsgemäß. Der Junker hielt kurz inne und schien nachzudenken. "Ich hoffe einfach nur, dass wir nicht in diese Fehde ..." In diesem Moment erschien plötzlich Angbold zwischen Tsaiana und Kordian.
"Praios zum Gruße!", lächelte er der Waldfangerin entgegen. "So reizende Gesellschaft hast du da, Vetter", raunte Angbold Kordian zu. "Du hättest mich ruhig rufen können", fuhr er mit einem Lächeln auf den Lippen fort und blickte zu Tsaiana. "Ich hatte euch bisher noch gar nicht bemerkt, seltsam eigentlich..." Angbold zwinkerte zweideutig, während Kordian unbemerkt mit den Augen rollte. "Sagt", fuhr Angbold fort. "Wollt ihr uns nicht mit euren Leuten bei unserer nächsten Rast ein wenig Gesellschaft leisten. In solchen unwirtlichen Regionen muss man doch umso näher zusammenrücken."
Tsaiana lächelte keck zurück. "Tsa zum Gruße, werter Angbold. Na, dass werde ich mir merken, dass ihr mich einfach so überseht." sie zwinkerte ihm zu. "Die Idee finde ich nicht schlecht und nehme die Einladung mit meinen Leuten natürlich gerne an. Zumal es ja auch schön ist mal über etwas anderes als die Mission zu reden. Und auch gerade mit den Nachbarn." grinste sie. "Natürlich nur wenn ihr nichts dagegen habt, werter Kordian."
"Sicher nicht", brachte Kordian hervor, sichtbar überrascht vom Vorschlag seines Vetters.
"Sehr gut", grinste Angbold. "Wir erwarten euch dann heute Abend, wenn wir rasten."
"Ich freue mich schon und meine Leute gewiss auch. Bis heute Abend dann." Lächelnd lenkte sie Ihren Hengst in Richtung ihrer Truppen und ritt, noch einmal winkend, davon.
"Du scheinst mir die Sache nicht gerade sehr enrst zu nehmen", sagte Kordian zu Angbold, nachdem Tsaiana verschwunden war. "Das ist nicht einfach ein Jagdausflug oder ähnliches."
"Warum so grantig, Vetter?" Angbold grinste hämisch und wandte seinen Blick an die Spitze des Zuges. "Ich war gerade bei den Zwillenforstern. Der alte Borodan von Zwillenforst ist sich sicher, dass dieser Feldzug gut für uns ausgehen wird. Seine Tocher ist übrigens ..."
"Oh bitte, Vetter!", platzte es aus Kordian heraus. "Verschone mich mit deinen Frauengeschichten!" Um Angbold nicht zu beleidigen unterstrich der Junker den letzten Satz mit einem Lachen.
"Aber ernsthaft," fuhr er fort, "wir sollten vorsichtig sein, dass wir nicht in Dinge hineingeraten, die nicht unsere Angelegenheit sind."
"Kordian," erwiderte Angbold lächelnd, "so griesgrämig kenne ich dich ja garnicht. Es steht dir auch nicht wirklich."
Nun mussten beide Ritter leicht lächeln, setzten ihren Marsch aber ansonstenschweigend fort...
Die Dotzenburg zu Duchrow erreichte der Zug zum Nachmittag. Für das nördliche Hutt war dies die einzige befestigte Stelle zwischen Rankara-Liretena und Horeth an der alten Silberstraße, die zu einem schiefen und krummen Feldweg herabgekommen war. Die Gneppeldotzer reihten sich ein und informierten Bodebert über mögliche Gefahren auf dem Weg bis Moorsch. Die Adligen vernahmen kopfschüttelnd die Geschichten von Räuberbanden, die sich tief in den Feidewald zurückgezogen hatten und von dort aus das nördliche Hartsteen überfielen.
"Man kann nichts dagegen tun", sagte Thalacker Bardo von Gneppeldotz leicht niedergeschlagen. "Sie sind wie Spuk und wenn wir am Ort des Überfalls eingetroffen sind, dann plündern sie wieder in unserem Rücken."
"Stellen sie für uns irgendeine Gefahr dar?", fragte der Reichsforster Ritter Helmar von Pfortenstein.
"Ich glaube kaum, dass sie einen Schwertzug von nahezu 400 Mann angreifen werden. Das wäre ein Alveranskommando. Auch wenn ich eher denke, dass es sie in die Niederhöllen zieht", setzte der Gneppeldotzer grimmig nach.