Benutzer:Treumunde/BriefspielBärenau
Blasius’ Pfad zur Ehre
Ein leiser Wind spielte mit den Blättern der alten Eichen, während das metallische Klirren von Übungsschwertern über die Lichtung hallte. Zwei Knappen aus dem Kosch, Helmbrecht und Blasius, standen sich gegenüber. Ihre Stirnen waren schweißbedeckt, ihre Blicke voller Konzentration. Ihr Lehrmeister, Kunhardt von Krolock, ein erfahrener Hausritter mit wettergegerbtem Gesicht, beobachtete sie aufmerksam.
„Nicht mit Kraft, Helmbrecht. Mit Haltung und Maß“, rief Kunhardt streng, als Blasius den Hieb seines Gegners mit einer sauberen Parade abfing.
In diesem Moment trat eine Gestalt aus dem Schatten der Bäume. Es war Iralda von Ochs. Man kannte sie gewöhnlich mit Tintenflecken an den Fingern und einem Buch unter dem Arm. Doch heute trug sie ein Schwert an der Seite. Die Knappen hielten inne. Helmbrecht und Kunhardt traten respektvoll zur Seite, während Blasius überrascht dreinblickte.
„Blasius“, sagte Iralda mit fester Stimme und bedeutete ihm, näher zu kommen. Mit einer feierlichen Geste forderte sie ihn auf, niederzuknien.
Zögernd, das Herz pochend, trat Blasius vor. „Herrin?“, fragte er verwundert und sank auf ein Knie. Iralda zog das Schwert von ihrer Seite. Es glänzte silbern in der Mittagssonne, schlicht, aber würdevoll. Sanft legte sie die Klinge auf seine rechte Schulter und sprach mit fester Stimme.
„Blasius Eberwulf aus dem Hause Stippwitz, Sohn von Roban Albertin und Turike, Knappe in meiner Obhut. Zwölf Winter lang hast du mir gedient. Du warst treu, tapfer und gelehrig. Du hast gelernt, mit dem Schwert zu kämpfen, aber auch mit dem Geist. Du bist ein garetischer Ritter, erzogen in Tugend, Maß und Klugheit.“
Langsam führte sie die Klinge auf die linke Schulter. „Willst du künftig stets tapfer und edelmütig handeln? Versprichst du, für das Recht einzustehen und dich dem Unrecht entgegenzustellen?“
Blasius schluckte. Seine Stimme war rau, doch klar und entschlossen. „So will ich schwören. Bei meiner Ehre.“ „Dann erhebe dich als Ritter Blasius Eberwulf zu Stippwitz.“
Langsam kam er auf die Beine. Er wirkte ungläubig, als könne er kaum fassen, was geschehen war. „Ich… ich bin noch keine einundzwanzig…“
Iralda lächelte sanft. „Ein Ritter wird nicht nach Jahren gezählt, sondern nach dem, was er zu tragen bereit ist. Und du bist bereit.“
Helmbrecht jubelte laut auf, während Kunhardt mit ernster Miene nickte.
Dann wandte sich Iralda an alle Anwesenden. „Wir werden unsere Sachen packen. Unsere Zeit in Donnerbach geht zu Ende. Wir reisen zum Gut Stippwitz am Angbarer See. Mein Großvater Gobrom erwartet uns.“
Helmbrecht, dessen Augen leuchteten, fragte eifrig: „Dürfen wir danach nach Sindelsaum? Ich wollte Euch doch Reto den Dachs vorstellen.“
Iralda schmunzelte. „Ja, das dürfen wir. Ich habe bereits genug von ihm gehört, dass ich ihn selbst kennenlernen möchte. Wir werden deine Familie besuchen, und ich will es mir nicht nehmen lassen, meinen Sohn Idamil zu sehen. Doch wir können nicht zu lange verweilen. Balrik, Nahéniel und ich, gemeinsam wollen wir in der Kaiserstadt Gareth nach dem Spatzenkönig suchen.“
In diesem Moment trat Dschafar aus dem Schatten der Akademiemauer. Er war Iraldas magischer Begleiter, in feinem tulamidischen Gewand gekleidet. Seine von Kajal umrahmten Augen wirkten geheimnisvoll. In seinen Händen trug er zwei duftende Blaubeerkuchen, die er behutsam auf einem Baumstumpf abstellte.
Die Gruppe setzte sich in einem Kreis. Der süße Duft des Kuchens erfüllte die Luft, während über ihnen die Vögel sangen. Aus einem Stapel Brennholz traten schließlich die Waldmäuse hervor. Eine ganze Schar kleiner, neugieriger Augen und zuckender Schnurrhaare wagte sich ins Licht.
Die größte unter ihnen, mit glänzendem Fell und klarem Blick, trat direkt vor Iralda. „Zim“, flüsterte sie zärtlich.
Die Anwesenden kannten dieses Schauspiel gut, denn der König der Waldmäuse war der Grund für ihren Aufenthalt in Donnerbach. Zwischen Iralda und dem Mäuserich war eine Freundschaft entstanden. „Ich danke dir, mein Freund. Unsere Gespräche und deine Weisheit waren mir kostbar“, sagte sie leise.
Zim schien sie zu verstehen. Er richtete sich auf, berührte sanft ihre Hand mit seiner kleinen Pfote und piepste leise: „Komm wieder, wenn dir danach ist. Ich werde hier sein.“
Stippwitzer Blut
Die Kutsche holperte über den Kiesweg des Gutshofs Stippwitz, ihre Räder knirschten leise auf dem Untergrund. Als sie zum Stillstand kam, öffnete sich die schwere Tür. Baronin Iralda von Ochs trat hinaus.
Die kleinen Hände ihrer Zwillinge, Aldare und Hardane, glänzten klebrig von der Zuckerware, die sie während der Fahrt ungeniert genascht hatten. Über die Stufen der Kutsche huschten sie mit aufgeregtem Lachen, ihre Blicke voller Vorfreude auf das Wiedersehen.
Im warmen Sonnenlicht wartete Gobrom zu Stippwitz auf der großzügigen Terrasse, in seinem Rollstuhl sitzend. Die Jahre hatten Spuren in seinem Gesicht hinterlassen, doch die Augen leuchteten, als er seine Enkelin erkannte. Noch bevor er ein Wort sagen konnte, eilte sie auf ihn zu.
„Großvater!“ Ihre Stimme war voller Freude, während sie sich hinabbeugte und ihn herzlich umarmte.
Ein leises Lachen entwich Gobrom, seine Hände ruhten schwer, doch sanft auf ihrem Rücken. „Kind, du hast dich nicht verändert.“
Aldare, die sich neben ihrer Mutter positioniert hatte, trat strahlend vor. Ihre Augen leuchteten vor kindlicher Begeisterung, und sie hielt ihrem Urgroßvater eine klebrige, mit Zuckerkristallen überzogene Zuckerstange hin. „Für dich, Uropa!“
Ein Schmunzeln huschte über das alte Gesicht. Mit behutsamer Geste nahm er die klebrige Süßigkeit entgegen und betrachtete das Mädchen liebevoll.
„So eine süße kleine Händlerin haben wir hier!“ sagte er amüsiert, seine Finger vorsichtig an der klebrigen Oberfläche haftend.
Im Gegensatz zu ihrer Schwester hielt sich Hardane zurück. Ihr Blick wanderte hinab zum Boden, als suche sie nach Worten oder Mut. Ohne zu zögern, streckte Gobrom eine Hand nach ihr aus.
„Komm, meine Kleine. Es würde mich freuen, wenn du auf meinem Schoß sitzt.“ Ein Anflug von Wehmut schlich sich in seine Züge, denn Hardane trug den Namen seiner verstorbenen Frau – eine Erinnerung, die niemals verblassen würde. Zögernd trat Hardane vor und ließ sich von Gobrom auf seine Knie ziehen. Ihre kleine Hand strich über das Leder seiner Armlehne. „Ich… habe auch ein Geschenk!“
Neugierig hob Gobrom eine Augenbraue. „Ach ja?“ Da sprang ein Garether Schlappohr auf die Terrasse. Seine Ohren wippten vergnügt, und er hechelte aufgeregt. „Balinor von Bärenherz“, erklärte Hardane leise. „Aus unserer Zucht.“ Gobroms Augen wurden weich. Er streckte langsam eine Hand aus, um das Tier zu berühren. „Ein prachtvolles Tier. Ich danke dir, mein Kind.“
Während das Kindermädchen Ederlinde die Zwillinge ins Haus führte, wandte sich Gobrom Blasius Eberwulf, seinem Großneffen, zu. Er ließ seinen Blick prüfend über den jungen Mann gleiten, als wolle er in dessen Gesicht lesen.
„Blasius, du hast deinen Ritterschlag erhalten. Ich beglückwünsche dich.“ Blasius neigte respektvoll das Haupt, während Gobrom ihn befragte. "Und nun? Ist es wirklich Dein Wunsch den Pfad abzubiegen?"
"Ich möchte, dass mein verstorbener Vater Roban Stolz auf mich wäre. Er hat das Kontor in Bärenau aufgebaut und es floriert. Ich möchte seinem Pfad folgen - dem Pfad des Händlers. So ihr mich lasst." Der Alte nickte stumm.
Als Zeichen, dass die weiteren Gespräche ihn nicht mehr betrafen, drückte Iralda ihm Balinors Leine in die Hand.
Sie trat an Gobroms Seite und schob vorsichtig seinen Rollstuhl ins Innere des Hauses. Die beiden begaben sich in die private Schreibstube.
„Haben deine Urenkel fleißig Briefe geschrieben?“ fragte Iralda neugierig, während sie sich setzte.
Gobrom nickte bedächtig. „Alle… außer Lechmin. Idamil kommt mich manchmal besuchen, die Hügelsaumer Senfmühle befindet sich nicht weit entfernt von meinem Gut.“
Iralda seufzte und lächelte gequält. „Ja, von Lechmin höre ich auch wenig. Sie ist mit ihrer Lehrmeisterin zu Studienzwecken in den Elfenlanden unterwegs. Magier eben.“
Ein Thema wich dem anderen.
„Und was ist mit Blasius? Lasst ihr ihn in den Spuren seines Vaters wandeln und werdet ihn ins Handelskontor nach Bärenau setzen?“
Gobrom nickte langsam. „Er ist klug, doch er braucht noch Anleitung. Savertin wird ihn eine Zeit lang in Angbar unterweisen. Dann kann er den nächsten Schritt gehen.“
Ein zufriedenes Lächeln huschte über Iraldas Gesicht. „Blasius hat ein hervorragendes Gespür für Zahlen. Er ist belesen und wird sich gut einfinden.“
Gobroms Lachen war leise, doch voller Zufriedenheit. „Ja, das zeigt das Stippwitzer Blut, trotz seiner ritterlichen Ausbildung. Ich dachte schon, das Blut seiner Greifenfurter Mutter hätte ihn auf einen anderen Weg geführt.“
Das Gespräch glitt weiter zu ihrem Bruder Alderan.
„Alderan führt meine Amtsgeschäfte hervorragend. Die Baronie hat sich vollständig von den Kriegswirren erholt. Der Handel blüht, die Felder stehen voll, und der Getreideanbau bringt hohe Gewinne in Gareth.“
Nachdenklich lehnte sich Gobrom vor. „Alderan hatte schon immer ein Gespür für Geschäfte. Er könnte Nivesen ihre eigene Karenherde verkaufen.“
Ein herzliches Lachen entfuhr Iralda. „Oh ja, wir beide entsprechen wohl nicht dem Bild eines guten, konservativen Hartsteener Adeligen.“
Gobroms Augen blitzten belustigt. „Das ist das Stippwitzer Blut in euch. Nicht so engstirnig.“
Hesindegefällige Zahlenmystik
Hiermit beschließe und verkündige ich, Iralda von Ochs, Baronin zu Bärenau, folgendes:
Es sind nun 666 Götterläufe vergangen, seit die Priesterkaiser im Junkertum Wulfshöhen einfielen und Unheil sowie Schrecken über diesen Landstrich brachten. Diese düstere Zeit hinterließ tiefe Wunden, nicht zuletzt durch die Auslöschung der Familie Wulfslegen, die damals zu den ehrenwerten Bewohnern unserer Baronien zählten. 666 Götterläufe sind vergangen, seit das Junkertum Wulfshöhen in Praiosburg umbenannt wurde.
In hesinde- und rondragefälligem Gedenken möchten wir heute den Kaiserstreuen huldigen, die mutig für den Thronfolger stritten und unermüdlich versuchten, die Stabilität Garetiens zu bewahren. Die Zahl 6 ist eine hesindegefällige Zahl, ein Symbol der Weisheit. Daher deuten wir die 666 Götterläufe als ein bedeutsames Zeichen der Herrin der sechs Künste.
Am 06.06.1047 BF wird das Lehen wieder seinen historischen Namen Wulfshöhen annehmen. Die Burg soll zu ihrem angestammten Namen Wulfegg zurückkehren, und das Dorf soll fortan wieder den Namen Moorburg tragen. Dies ist ein symbolischer Akt, der uns daran erinnert, unsere Wurzeln und unsere Geschichte zu ehren, sowie stets dem Kaiserhaus zu dienen.
Zum Schutze aller in meinen Landen verkünde ich außerdem die Neuaufstellung der Wulfsgarde. Diese tapfere Schwere Reiterei, die zuletzt im Götterlauf 600 BF auf den Blutfeldern für die Ehre der Krone stritt, soll erneut ins Leben gerufen werden. Die Wulfsgarde wird als Symbol der Stärke und des Schutzes dienen, um die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Bevölkerung zu gewährleisten.
Möge dieser Beschluss dazu beitragen unsere Geschichte zu bewahren und unsere Zukunft zu sichern.
So sei es!