Geschichten:Sternenfall – Der Fischzug: Unterschied zwischen den Versionen
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''Tempel der Jagd zu Hallerstein, 7. Firun [[1039 BF]], gegen Mittag'' | |||
Die Nachricht vom Sternenfall in den See hatte sich schnell im Tal herumgesprochen. Aus den umliegenden Dörfern kamen die Menschen, um selbst zu sehen, was passiert war; insbesondere das plötzliche Verschwinden des Schnees und das fehlende Wasser im See sorgte für Aufregung. Die Fische wurden tatsächlich eingesammelt; das beim Einschlag des Himmelsfelsens plötzlich kochende Wasser hatte sie gewissermaßen durchgegart, und im Winter waren sie nun eine willkommene Abwechslung auf dem eher kargen Speiseplan und würden sich ein paar Tage halten. | |||
Auch der Tempel der Jagd, der etwas abseits des Dorfes und Gutsherrnsitzes Hallerstein lag, war mit einem Anteil bedacht worden, den die Dörfler den Geweihten gebracht hatten. | |||
Der Tempel war nicht groß und hatte, wie für ein Haus Firuns nicht unüblich, keine Tempeldiener. So war es an den Geweihten, die täglichen Verrichtungen vorzunehmen, und der Dienst in der Küche oblag an diesem Tag Bärwin von Hallerstein, einem Sohn des Gutsherrn. Zusammen mit Firjan, dem einizgen Novizen, säuberte er nun Teller, Töpfe und Becher. Er hatte den Jungen ins Herz geschlossen und musste oft innerlich lachen, wenn er an die Umstände dachte, die sie verbanden, denn es war ein wenig wie Ritter und Knappe und so zwischen ihrer beider Familien nicht unüblich. Sein Bruder war Knappe am Hof von Firjans Vater gewesen, und nun stand der Junge unter seiner Obhut. | |||
»Ist es nicht eigenartig mit den Fischen?« fragte der Junge, während er einen Stapel hölzerner Tell in ein einfaches Regal stellte. | |||
Bärwin wandte sich um. »Wie meinst Du das?« | |||
»Es ist eigenartig«, erwiderte Firjan. »Da fällt ein Stein vom Himmel in den See, lässt das Wasser verschwinden, und kocht die Fische. Und das, wo es doch diesen Winter schon nur wenig Wild gegeben hat und die Wölfe im Herbst so viele Schafe gerissen haben, das manche Bauern uns doch schon ihr Leid geklagt haben. Ist es nicht wie ein Wunder?« | |||
»Ein Wunder?« Bärwin amüsierte sich etwas über die kindlichen Gedankengänge, wenngleich er selber noch nicht wusste, was er von dem Ereignis halten sollte. | |||
»Oder ein Zeichen. Irgendetwas muss es doch zu bedeuten haben.« | |||
Bärwin warf sich das Tuch über die Schulter, mit dem er gerade den Kessel auswischen wollte, ging vor Firjan in die Hocke und legte dem Jungen die Hände auf die Schultern. »Weißt Du, manche Dinge brauchen Zeit, bis wir sie richtig deuten und verstehen können. Vielleicht ist es ein Zeichen der Götter, vielleicht auch ein böses Omen. Es ist nicht an uns Sterblichen, immer und sofort auf alles eine Antwort zu haben.« | |||
Firjan nickte, auch wenn er noch nicht wirklich verstand, was Bärwin ihm sagen wollte. | |||
»Und nun lass uns eilen; wir müssen uns auch noch um den Fisch kümmern. Am besten, wir ziehen einige auf eine Schnur und hängen sie in den Racuh, dann halten sie länger. Aber vorher zeige ich Dir noch, wie man sie richtig ausnimmt…« | |||
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|Titel=Der Fischzug | |Titel=Der Fischzug |
Version vom 27. Januar 2017, 22:25 Uhr
Der Fischzug
Tempel der Jagd zu Hallerstein, 7. Firun 1039 BF, gegen Mittag
Die Nachricht vom Sternenfall in den See hatte sich schnell im Tal herumgesprochen. Aus den umliegenden Dörfern kamen die Menschen, um selbst zu sehen, was passiert war; insbesondere das plötzliche Verschwinden des Schnees und das fehlende Wasser im See sorgte für Aufregung. Die Fische wurden tatsächlich eingesammelt; das beim Einschlag des Himmelsfelsens plötzlich kochende Wasser hatte sie gewissermaßen durchgegart, und im Winter waren sie nun eine willkommene Abwechslung auf dem eher kargen Speiseplan und würden sich ein paar Tage halten.
Auch der Tempel der Jagd, der etwas abseits des Dorfes und Gutsherrnsitzes Hallerstein lag, war mit einem Anteil bedacht worden, den die Dörfler den Geweihten gebracht hatten.
Der Tempel war nicht groß und hatte, wie für ein Haus Firuns nicht unüblich, keine Tempeldiener. So war es an den Geweihten, die täglichen Verrichtungen vorzunehmen, und der Dienst in der Küche oblag an diesem Tag Bärwin von Hallerstein, einem Sohn des Gutsherrn. Zusammen mit Firjan, dem einizgen Novizen, säuberte er nun Teller, Töpfe und Becher. Er hatte den Jungen ins Herz geschlossen und musste oft innerlich lachen, wenn er an die Umstände dachte, die sie verbanden, denn es war ein wenig wie Ritter und Knappe und so zwischen ihrer beider Familien nicht unüblich. Sein Bruder war Knappe am Hof von Firjans Vater gewesen, und nun stand der Junge unter seiner Obhut.
»Ist es nicht eigenartig mit den Fischen?« fragte der Junge, während er einen Stapel hölzerner Tell in ein einfaches Regal stellte.
Bärwin wandte sich um. »Wie meinst Du das?«
»Es ist eigenartig«, erwiderte Firjan. »Da fällt ein Stein vom Himmel in den See, lässt das Wasser verschwinden, und kocht die Fische. Und das, wo es doch diesen Winter schon nur wenig Wild gegeben hat und die Wölfe im Herbst so viele Schafe gerissen haben, das manche Bauern uns doch schon ihr Leid geklagt haben. Ist es nicht wie ein Wunder?«
»Ein Wunder?« Bärwin amüsierte sich etwas über die kindlichen Gedankengänge, wenngleich er selber noch nicht wusste, was er von dem Ereignis halten sollte.
»Oder ein Zeichen. Irgendetwas muss es doch zu bedeuten haben.«
Bärwin warf sich das Tuch über die Schulter, mit dem er gerade den Kessel auswischen wollte, ging vor Firjan in die Hocke und legte dem Jungen die Hände auf die Schultern. »Weißt Du, manche Dinge brauchen Zeit, bis wir sie richtig deuten und verstehen können. Vielleicht ist es ein Zeichen der Götter, vielleicht auch ein böses Omen. Es ist nicht an uns Sterblichen, immer und sofort auf alles eine Antwort zu haben.«
Firjan nickte, auch wenn er noch nicht wirklich verstand, was Bärwin ihm sagen wollte.
»Und nun lass uns eilen; wir müssen uns auch noch um den Fisch kümmern. Am besten, wir ziehen einige auf eine Schnur und hängen sie in den Racuh, dann halten sie länger. Aber vorher zeige ich Dir noch, wie man sie richtig ausnimmt…«