Geschichten:Pfortenrittertreffen auf Burg Leihenbutt

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Burg Leihenbutt


„Unverschämtheit! Eine bodenlose Unverschämtheit sage ich!“ Wütend hatte Nimmgalf mit der blanken Faust auf den schweren Eichentisch geschlagen, der die Mitte des Festsaales seiner Burg zierte. „Welcher elende Wurm hat es gewagt, solche absolut infamen Gerüchte in die Welt zu setzten?“

Das zunächst fröhliche Treffen der Bruderschaft der Pfortenritter auf Burg Leihenbutt hatte eine unschöne Wendung genommen. Hatte man zu Anfang noch den Sieg seiner Hochwohlgeboren Graf Danos beim Turnier zu Greifenfurt ausgiebig gefeiert und sich vor allem über die stümperhaften Pulethaner prächtig amüsiert, kam es doch zu einer erheblichen allgemeinen Empörung, als der Vogt zu Sertis, Hilbert von Hartsteen, von den Gerüchten berichtete, die derzeit im Greifenfurtschen die Runde machten und auch schon die Grenzen nach Waldstein überschritten hatten.

Angeblich sollten bei einer Jagd in Breitenhof mehrere der Pulethaner samt Gefolge von Strauchdieben überfallen worden sein. Freilich war dies nicht der Grund für Nimmgalfs Wutausbruch, sondern dass behauptet wurde, sie seien von einem Edelmanne mit blauer Armbinde dazu beauftragt worden, was den Verdacht nun mal eindeutig auf die Bruderschaft der Pfortenritter fallen ließe.

„So eine dreiste Lüge ist mir ja meinen Lebtag noch nie begegnet! Wie können diese Möchtegern-Ritter es auch nur wagen, den guten Ruf unseres Bundes so zu besudeln?“ Nimmgalf war außer sich vor Zorn.

Der Baron Erlan von Zankenblatt, der von seinen Verletzungen aus Greifenfurt immer noch nicht völlig genesen war, legte beschwichtigend einen Arm auf Nimmgalfs Schulter. „Ach, nun beruhige dich wieder, alter Freund. Letztendlich ist das doch nichts als Bauerngeschwätz. Wer würde schon ernsthaft an so was glauben?“

„Täusche dich da mal nicht, Erlan“ mischte sich Hilbert von Hartsteen ein: „So mancher Edelmann wird nur allzu gerne bereit sein, solchen Reden Glauben zu schenken. Wir sollten dies in der Tat nicht so einfach auf uns sitzen lassen.“

„Richtig, Hilbert, ich sage, wir fordern die Pulethaner zum Zweikampf, und prügeln die dreisten Lügen aus ihnen heraus!“ brüllte Nimmgalf wutentbrannt.

„Du bist immer gleisch so unbe’errscht, Scherrie!“ Simiona, Nimmgalfs Gemahlin, kam gerade in den Saal hinein und hatte die letzten Sätze der recht laut geführten Diskussion mitbekommen. Sie setzte rasch ihr zuckersüßes Lächeln auf. „Phex zum Gruße, liebe Damen und `erren Pfortenritter. I`r mögt verzei’en, aber isch wurde unfreiwillig Zeugin eures Geschpräsches. Bitte lasst misch nur kurz verkünden, dass das Abendma’l in einer `alben Stunde angerischtet sein wird. Isch werde misch sogleisch wieder entfernen.“

„Aber nein, werte Dame, so bleibet doch.“ Graf Danos von Luring, der Schirmherr der Pfortenritter, erhob sich und begrüßte die Comtessa mit einem gehauchten Handkuss. „Ich bin entzückt, endlich eure Bekanntschaft zu machen. Bitte, seid doch so gut und schenkt uns doch einen Teil eurer gewiss sehr kostbaren Zeit. Ich denke, es spricht nichts dagegen, wenn wir Deine hübsche Gemahlin an unserem Gespräch teilhaben lassen, zumal sie den Inhalt nun ohnehin schon kennt, was meinst Du, Nimmgalf?“

„Wenn es denn niemand anderen stört, soll es mir recht sein.“

Als sich daraufhin niemand meldete, nahm die Comtessa zur Rechten ihres Gemahles Platz. Er fuhr fort: „Also, wo waren wir? Genau, bei den Pulethanern. Also ich denke…“

„Seid i’r absolut sischer, dass es keiner von eusch war?“

Für einen Moment herrschte absolute Stille. „Wie war das?“ fragte Nimmgalf leise. Der Gedanke, dass die Gerüchte vielleicht sogar stimmen könnten, wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Simiona blieb völlig ungerührt und goss sich ein wenig Wein in einen Becher.

„Nun ja, es wäre doch möglisch, dass einer von eusch, sei es von den Anwesenden, oder von denen die `eute nischt `ier sein können, tatsäschlisch den Anschlag geplant `at. Schließlisch wäre es eine gute Gelegen`eit gewesen, diese Pület`aner ein wenig zu dezimieren.“

„Wie könnt ihr es wagen, so etwas zu unterstellen?“ diesmal war es Graf Danos, der zornig aufgesprungen war. Auch bei den anderen erhob sich ein empörtes Gemurmel.

Nimmgalf wurde blass.

Der Graf fuhr fort: „Die Pfortenritter sind allesamt Männer und Frauen von Ehre! Für jeden von ihnen würde ich jederzeit meine Hand ins Feuer legen. Keiner würde auch nur auf die Idee kommen, eine solch feige Tat anzuzetteln. Eine solche Unterstellung kommt einer direkten Beleidigung gleich. Seht mich gefälligst an, wenn ich mit euch rede, Madame!“

„Isch `abe gar nischts unterstellt. Isch wollte lediglisch sischerge`en, dass wir keine Möglischkeit überse`en. Verzei`t mir, wenn isch eusch dadursch beleidigt `aben sollte, `err Graf.“ Als dieser ihre aufgesetzte Unschuldsmiene sah, beruhigte er sich und setzte sich darauf wieder hin.

Nimmgalf flüsterte ihr ins Ohr: “Schatz, du solltest jetzt besser gehen.“

„Aber warum denn, Scherrie?“ entgegnete sie ungerührt und so dass alle es mitbekamen. „Jetzt, wo es gerade interessant wird. Wenn I`r als möglische Täter also ausscheidet, könnte derjenige dann nischt in den Rei`en der Pület`aner zu finden sein?“

Ungläubiges Gemurmel erhob sich im Saal. Der Gedanke, dass ein Edelmann seinen eigenen Bund verraten könnte, nur um eine Intrige anzuzetteln und den rivalisierenden Bund in Verruf zu bringen, war den Damen und Herren Pfortenrittern so fern wie der Sternenwall. Aber keiner konnte sich, nun da es einmal ausgesprochen war, wieder von ihm lösen. Simiona konnte sich ein feines Lächeln nicht verkneifen. „Diese jämmerlischen Ignoranten“, dachte sie bei sich. „Genau wie Nimmgalf werden sie nie begreifen, dass man mit E`re allein im Leben nischt weiterkommt.“

Der Baron zu Zankenblatt äußerte darauf: „Ich hege so wenig Sympathien für die Pulethaner wie ihr, meine Brüder und Schwestern, aber dennoch meine ich, dass ihnen eine solch widerliche Tat nicht zugetraut werden kann. Sicher, ihre Moralvorstellungen unterscheiden sich von den unsrigen, v.a. was den Umgang mit Schwächeren und unterlegenen Gegnern angeht, doch sind sie allesamt ihrem Bund gegenüber so loyal, wie wir es dem unseren gegenüber sind. Somit kann man sie wohl von diesem Verdacht freisprechen.“

„Bist du dir da so sicher, Erlan?“ warf der Vogt zu Sertis ein. „Was, wenn doch einer von ihnen nicht so ganz nach den Regeln der Ehre spielt? Vielleicht hat die Comtessa ja recht, und sie haben dies alles initiiert, um unseren Ruf zu besudeln. Bedenkt auch, dass keiner von den Pulethanern getötet wurde, lediglich ein paar Diener und Waffenknechte, und Verletzungen heilen mit der Zeit. Ein verschmerzbarer Verlust, wenn ihr mich fragt, und der Erfolg ist hoch, wenn unser Ruf nachhaltig geschädigt wird.“

„Also das kann, und will ich mir nicht vorstellen“, entgegnete Graf Danos. „Leute von edlem Geblüt haben es nicht nötig, nach derartig perfiden Methoden zu greifen. Wir sollten unsere Aufmerksamkeit auf die lenken, die in Wahrheit dafür in Frage kommen.“

„Und an wen `abt i`r da so gedacht, werter Graf Danos?“ Simiona war immer noch über den Gesprächsverlauf amüsiert. Wie konnten diese Damen und Herren von Stand nur so verblendet sein und die Möglichkeit von Verrat in den eigenen Reihen ignorieren? Für sie stand bereits fest, wo die Urheber zu finden waren…. wenn nicht bei den Pulethanern, dann hier am Tisch. Aufmerksam musterte sie jeden als der Graf fort fuhr.

„Offensichtlich versucht jemand, den Adel Garetiens und Greifenfurts in eine blutige Fehde zu verwickeln. Dies können und wollen wir nicht zulassen. Ich beantrage, es möge eine diplomatische Note aufgesetzt werden, mit welcher wir unser Bedauern über den Vorfall zum Ausdruck bringen und uns ausdrücklich davon distanzieren. Wer ist dafür?“

Nachdem der Vorschlag Graf Danos angenommen war, ging die weitere Diskussion in Einzeldialogen und noch einigen geleerten Flaschen Wein zu ende. Simiona zog sich bald schon auf ihr Gemach zurück. Sie sah sich in der Pflicht, noch mal nachzuhaken und eigene Untersuchungen anzustellen. Und sie hatte bereits konkrete Vorstellungen, wie sie vorgehen würde…



 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Grafschaft Waldstein.svg   Wappen Baronie Leihenbutt.svg  
 Burg.svg
 
Texte der Hauptreihe:
14. Eff 1026 BF
Pfortenrittertreffen auf Burg Leihenbutt


Kapitel 1