Geschichten:Unter Geiern – Marbonie

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Peraine-Tempel zu Rallingen, 23. Peraine 1044 BF

„Hochwürden?“, ein Geweihter trat leise an Perainidane von Erlenfall heran.

„Habt Ihr schon mal von der Marbonie gehört, Bruder Parinor?“, sie blickte zu ihm auf und deutete auf etwas, das vor ihr lag, „Ein gewisser Bram, Sohn des Schrax hat einen Artikel über diese Pflanze im Kosch-Kurier geschrieben...“

Fragend blickte er sie an.

„Die Marbonie sei eine Verwandte der in Südaventurien beheimatete Boronie und zu dieser in ihrer Wirkung vergleichbar“, gab die junge Geweihte das wieder, was sie soeben gelesen hatte, „Wie gern ich sie in meinem Herbarium hätte...“

„Ich fürchte, dass das warten muss, Hochwürden“, meinte ihr Glaubensbruder da, „Eure Familie scheint in eine Auseinandersetzung verwickelt gewesen zu sein.“

Einen Moment verharrte sie nahezu regungslos, dann nickte sie: „Bringt sie in den Tempel. Wir werden ihre Wunden versorgen.“

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„Mein Vater?“, fragte Perainidane nachdem alle Verletzten versorgt worden waren.

„Weilt am Grafenhof, Hochwürden“, erwiderte Ardach vom Windfels knapp. Auch er war bei dem Angriff dabei gewesen. Auch er war Verwundet worden, obgleich auch nicht sonderlich schwer.

Die Geweihte nickte erleichtert: „Das ist gut.“ Und nach einigen weiteren Augenblicken sagte sie mehr zu sich selbst gewandt, als zu ihrem gegenüber: „Jesmina ist gewiss schon nach Rallingstein geritten, ich sollte sie gleich aufsuchen...“

„Sie ist nicht nach Rallingstein geritten“, meinte der Windfelser da und wirklich noch blasser als zuvor.

Einen Moment schien sie irritiert: „Ist sie in Gefangenschaft geraten?“

„Nein, Hochwürden.“

„Aber... aber... was denn dann?“, nun schien die Geweihte noch verwirrter, „Wenn sie nicht in Rallingstein ist, nicht hier unter den Verletzten und auch nicht in Gefangenschaft, wo ist sie denn dann?“

Der Ritter senkte seinen Blick und schwieg

Perainidane schluckte und wiederholte: „Wo ist meine Schwester?“

„Dort“, sagte er schließlich und deutete in die Richtung, wo man die Toten abgelegt hatte.

Die Geweihte blickte in die Richtung, sah ihre Schwester dort aber nicht, sondern nur die mit Tüchern abgedeckten Toten.

„Wo ist meine Schwester?“, wiederholte sie erneut, „Jetzt redet doch endlich!“

„Kommt“, würgte er schließlich hervor, trat mit der Geweihten zu den Toten, zerrte eines der Tücher von einem der Körper und murmelte: „Es tut mir leid, Hochwürden. Es tut mir...“

Da erkannte Perainidane ihre Schwester. Eine klaffende Wunde an ihrem Hals. Ihr war augenblicklich klar, was das bedeutete. Tränen verschleierten ihren Blick. Ein erstickter Schrei entrann ihrer Kehle.