Geschichten:Tal der Tränen - Eine wahre Hirschfurten

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Burg Freudenstein am 04. Firun 1044

In der Nacht hatte es erneut geschneit und es war noch merklich kälter geworden. Jetzt am Tage versammelten sich die Burgbewohner in der Nähe der wenigen Feuerstellen, um sich etwas zu wärmen. Dennoch musste irgendwie der Alltag gemeistert werden, und so behalf man sich mit dicken Wolldecken, Schals, warmen Mänteln und Socken.

Ludolf betrat zitternd ein kaltes Turmzimmer, in welchem Irnfrede bereits in dicke Decken gehüllt auf ihn wartete. Sie blickte aus dem Fenster auf die märchenhafte weiße Winterwelt mit den verschneiten Dörfchen in der Nähe von Burg Freudenstein und beobachte beiläufig ihren gefrierenden Atem.

„Irnfrede! Was gibt es denn so Wichtiges, dass du mich ausgerechnet hier sprechen willst? Hättest du mir das nicht einfach unten am Kamin oder in der Küche sagen können? Ich friere mir hier noch den Ar… die Füße ab. Brrrr. Ist ja eisig hier.“

„Setz dich!“ entgegnete Irnfrede kalt.

Ludolf stutzte etwas. So bestimmend kannte er seine Cousine ja gar nicht. Er zog einen Schemel ran und setze sich. Dabei rieb er sich die kalten Glieder. „Also, was gibt’s?“

Irnfrede blickte ihn ernst an. „Ich bin schwanger!“

Für einen Moment schien selbst die Zeit still zu stehen.

„Du bist WAS?“ fragte er ungläubig.

„Ich bekomme ein Kind, Ludolf! Verstehst du das?“ ihr Blick wurde finster.

Ludolf war völlig fassungslos und starrte sie mit offenem Mund an.

„Aber… aber du bist ja nicht mal verlobt… noch nicht mal… moment, doch nicht etwa von diesem Geromel?“

Irnfrede senkte den Blick, sagte aber nichts.

„Als ich dir damals sagte, du solltest ruhig mit ihm ein bisschen Spaß haben, meinte ich doch nicht, dass du dich gleich schwängern lassen sollst. Wie sollen wir das denn bloß Nimmgalf erklären?“

„Gar nicht!“

„Gar nicht? Wie stellst du dir das denn bitte vor? Der wird es doch mit Sicherheit erfahren. Wie willst du DAS denn bitte geheim halten? Oder willst du das Kind etwa…“

„NEIN!“ funkelte Irnfrede ihn zornig an. „Das kommt gar nicht in Frage. Das Kind wird leben!“

„Gut. Schön. Aber Nimmgalf wird garantiert wissen wollen, wo das Kind plötzlich herkommt.“

„Wir sagen ihm, dass es dein Kind ist!“

Ludolf brauchte eine Weile um das gerade Gehörte einzusortieren.

„Bist du jetzt völlig übergeschnappt?“ sagte er leise und suchte in Irnfredes Gesicht nach Anzeichen von Wahnsinn.

„Ich habe schon mit Selinde gesprochen, sie ist gerne bereit das Kind als das ihre anzunehmen. Als ein echter Ruchin und ihr Erbe. Und der Vater bist dann natürlich du!“

„Ach so! Na, das hast du dir ja toll ausgedacht. Wirklich klasse. Ich soll jetzt den Ersatzpapa für deinen Bastard mimen, und ein Leben lang hoffen, dass keiner dahinterkommt? Das ist doch einfach nur absurd!“ Ludolf hatte sich regelrecht in Rage geredet.

„Jetzt beruhige dich erstmal wieder und denke mal nach!“ versuchte Irnfrede ihn zu besänftigen. „Wenn ihr das Kind als euer Kind ausgebt, dann ist deine Herrschaft über Erlenstamm für viele Jahre gesichert. Sollte Selinde irgendwann mal nicht mehr sein, könntest du die Baronie als Vormund für deinen Sohn oder deine Tochter übernehmen. Ohne einen Erben wärst du aber schneller hier wieder weg, als du kucken kannst. Also wenn nicht doch noch ein Wunder geschieht, dann ist mein Kind die einzige Möglichkeit, dass eure Baronie nicht wieder in die Hände anderer Häuser fällt.“

Ludolf dachte nach. Das Argument war nicht von der Hand zu weisen. Selinde war wirklich schon im fortgeschrittenen Alter, das machte Irnfredes Szenario nicht gerade unwahrscheinlich. Trotzdem schmeckte ihm die Sache nicht. „Und wenn das Kind dann irgendwann alt genug ist, um selber zu regieren, dann werde ich doch einfach abgelöst und hab hier nix mehr zu melden!“

„Nun, als offizieller Vater wirst du dann sicher immer noch großen Einfluss haben“, entgegnete ihm Irnfrede. „Aber sollte ich zu dem Zeitpunkt dann Gräfin von Reichsforst sein, – wie du weißt steht nur noch meine Mutter in der Erbfolge vor mir - müsstest du dann deine Wahl treffen."

„Welche Wahl?“

„Ob du dann lieber Gräflich Rubreth, oder Gräflich Luring bekommen möchtest!“ Sie lächelte ihn vielsagend an: „Überlege es dir gut!“

Ludolf musste tief durchatmen. War das wirklich seine kleine Cousine, die noch vor ein paar Monden wie eine verliebte Küchenmagd kichernd mit ihm in der Kutsche gesessen hatte? „Alle Achtung, Cousine. So spricht eine wahre Hirschfurten!“

„Luring-Hirschfurten, wenn schon!“ entgegnete sie.

Ludolf streckte ihr die Hand hin und der Pakt wurde besiegelt.



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4. Fir 1044 BF 10:00:00 Uhr
Eine wahre Hirschfurten
Kind der Liebe


Kapitel 2

Das beste Pferd im Stall
Autor: Nimmgalf