Geschichten:Seelensuche - Im Bade

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Königliche Therme zu Neerbusch, Hochnjerburg, Köngliche Domäne Neerbusch; Mitte Phex 1038 BF:

Leomar von Zweifelfels lag tiefenentspannt im wohlig dampfenden Becken. Die königliche Therme zu Neerbusch wurde erst vor wenigen Monden errichtet, nachdem unterhalb der königlichen Feste eine heiße Quelle freigelegt wurde – oder wieder freigelegt, denn die von der Hofmagierin und Leibärztin Simiane Sumudai vom Mandlaril-Feenwasser entzifferten Inschriften einer der alten Steinstelen im Njertal sprachen von einer heilenden Quelle im „nährenden Berg“, dem Burgberg der Hochnjerburg. Kronvogt Leomar ließ daraufhin ein Badehaus im neo-rohalistischen Stil etwas unterhalb der Burg auf der Udilbert-Bastion errichten. Verbaut wurden dabei viele der im Njertal zu findenden alten Steinquader die wohl einmal zu der mythischen Stadt Eibingen gehört haben mussten. Einige dieser Quader zeigten uralte Steingravuren und Reliefs, dabei war das Motiv einer dreigesichtigen Frau wohl am bemerkenswertesten, auch weil es immer wieder auftauchte. Die für den Bau verantwortliche Rahja-Geweihte und Gemahlin des Kronvogtes Ardare Rondriane von Trenck deutete diese außergewöhnlichen Arbeiten der Steinmetzkunst als Verehrung der drei gütigen Göttinnen Peraine, Rahja und Tsa. Die gelehrte Dame Mandlaril-Feenwasser hingegen sah in den Abbildungen die Anbetung einer vergessenen alten Göttin, doch wurden ihre Einwände ignoriert. Die königliche Bademeisterin von Trenck ließ das größte geborgene Bildnis im Zentrum der neuen Anlage aufstellen und so ergoss sich aus den weit aufgerissenen steinernen Mündern der drei Frauenköpfe das heilsame Nass erst in ein kleines Becken und von dort aus in das Große, wo sich die hohen Herrschaften entspannten.

Seit einiger Zeit war Kronvogt Leomar gesundheitlich etwas angeschlagen, ihm plagte eine Verletzung, die von einem Jagdausflug in den Reichsforst herrührte und sehr schmerzhaft war. Einzig die heilende Quelle tat Linderung und so kam es, dass sich das höfische Leben dieser Tage im Badehaus abspielte, was sich deutlich sichtbar auf die Garderobe der Höflinge auswirkte. Anstatt der neusten garether Mode nachzuäffen, trugen die Hofschranzen rahjagefällig – nichts. An Leomars Seite lagen sein Günstling Edorian von Feenwasser und sein Vertrauter Bernhelm von Zweifelfels. Unweit der drei war soeben Gishelm von Falkenstein-Sturmfels ins Becken geglitten und stellte dabei seinen makellos schönen Körper zur Schau. Der selbstverliebte Ritter genoss die Aufmerksamkeit, während die anwesenden Höflinge sich an der rahjagefälligen Erscheinung erfreuten – außer der alternde Caradan von Greifstein, der zwar durchaus einen schmucken Männerkörper schätzte, aber den Falkensteiner aus tiefsten Herzen hasste. Caradans Neffe Thallion und der junge Schüler der Hofmagierin Iserion hingegen konnten ihre Blicke gar nicht von dem Schönling lassen und tuschelten unentwegt.

Die Kunde um den heilsame Quelle zog nun vermehrt Adlige an, die das ein oder andere Zipperlein auszukurieren wünschten und brachten so wieder Leben – und vor allem Neuigkeiten - in diesen weit abgelegenen Ort. Zu den weitgereisten Gästen zählte der aus Perricum stammenden Edle Astaran von Pfiffenstock, der mit seiner hochschwangeren Gemahlin Charlyn Eorcaïdos von Aimar-Gor bereits seit einem Mond auf der Hochnjerburg verweilte. Wie man sich am Hof erzählte, waren beide nach dem sogenannten Tag der Schande von Perricum nach Gareth gereist um dort bei den Verwandten der Aimar-Gor zu verweilen. Über die wahren Gründe wurde hinter vorgehaltener Hand heftig getuschelt. Hatten sie sich was zu Schulden kommen lassen und waren auf der Flucht? Oder war es tatsächlich nur der Gesundheitszustand der tulamidischen Schönen, der sie in die Waldsteiner Einöde führte? Wie dem auch sei, aus irgendeinen Grund schienen die Perricumer vorerst bleiben zu wollen. Begleitet wurden die beiden von Madane von Zolipantessa, einer eher unscheinbaren Dame von hohem Geblüt. Auffällig waren einzig die Narben auf ihrer rechte Gesichtshälfte.

Vor wenigen Tagen kamen die Kaisermärker Marnion Praiosmar vom Wirsel und Gisbert Rondrowin von Aurenstein auf die Hochnjerburg. Den beiden greisen Herren plagte die Gicht doch allzu sehr. Junker Gisbert erfreute die rundliche Kämmerin Algerte von Rossenrück mit den neusten Geschichten vom Sighelmsmärker Burggrafenhof und die gewiefte Kämmerin war geschickt darin ihren Gesprächspartnern Informationen zu entlocken.

Edorian wollte Leomar gerade für sein Vorhaben der Stiftung eines Simia-Tempels in Njerbusch überzeugen, als ein allgemeines Raunen durch die Schar der Höflinge ging. Nun war es an der Gemahlin der Kronvogtes die Aufmerksamkeit des Hofstaates auf sich zu ziehen. Es war, als ob das Wasser der heilenden Quelle für einen Moment vor Ehrfurcht aufhörte zu sprudeln. In einem Hauch von nichts betrat sie die Szenerie, begleitet von der königlichen Knappin Morgana von Sennenberg-Ruchin und ihren beiden Hofdamen Edala von Königslinden und Alara von Linschenaue. Als die Rahja-Geweihte Ardare Rondriane von Trenck den Beckenrand erreichte, streifte sie in einer fließenden Bewegung ihr nahezu durchsichtiges Gewand ab und gab nun vollends den Blick auf ihren makellosen Körper preis. Sicherlich, nicht alle waren gleichermaßen von dieser rahjagleichen Erscheinung entzückt. Edorians Gesichtszüge waren beim Anblick der Trenck nahezu entglitten, konnte der die Gemahlin seines Geliebten doch auf den Tod nicht ausstehen. Es war schließlich sein Leibdiener Rahjano der ihn aus seinen dunklen Gedanken riss.

„Mein Herr, Meister Salpion hat Kunde aus der Kaisermark erhalten und wünscht eine Unterhaltung mit Euch und dem Kronvogt.“ Der nur in einer knappen Toga gekleidete Diener schaute ergeben zu Boden.

„Wunderbar Rahjano, es kann gerade wahrlich nur besser werden. Sag Meister Salpion er soll sich umgehend in der Schwitzkammer einfinden.“