Geschichten:Rahja vor Travia - Abendmahl

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Einige Zeit später saß man im hohen Saal zusammen, den Oswin vorab herrichten und heizen lassen hatte. Entgegen des Namens war die Decke nicht sonderlich großzügig in ihrer Höhe. Geriane trug nun etwas weniger praktisch orientierte Kleidung, die schwarze, bestickte Lederhose mit den pelzbesetzten Stiefeln, eine lockere, seidene und taillierte Tunika mit sehr kurzen Ärmeln in dunklem rot und zu guter letzt einen leichten, pelzbesetzten Mantel, den sie sich locker übergeworfen hatte. Die Haare trug sie offen. Auf ihre etwas verwunderte Nachfrage, bezüglich des irritierenden Saalnamens hin war Oswin zu einem der mit Wollfilzdecken verstopften Fenster gegangen, die jeweils in eigenen, mit seitlichen Bänken ausgestatten Nischen lagen, hatte sie schmunzelnd heran gewinkt und die Decke entfernt – und ihr damit einen Blick über das schon im Dunklen liegende Grenetal verschafft, der verriet, dass man sich irgendwo oben im Bergfried befinden musste. Tief unten war der fackelerleuchtete obere Hof zu sehen und dahinter der Abgrund unter der Burg. Die Spitzen der Berge verschwammen im graudunklem Himmel und Leuenfels am Hang gegenüber hatte sich schon so tief in Schatten gehüllt, dass die Mauern nur mehr zu erahnen waren. Von irgendwoher klang mit dem Sturm wetteifernd das gelle Klagen eines Pfeifenbalges durch die hereinbrechende Nacht. Schnell hatte Oswin den kalten Wind wieder ausgesperrt und vorgeschlagen, dass vielleicht besser am Tage nochmal zu wiederholen.

Im Saal war es dank des großzügigen Kamins einigermaßen warm. Kerzen in geschmiedeten Standkandelabern erhellten den Bereich um die aufgebaute Tafel und ließen Schatten über die unregelmäßig geformten Kapitäle der einfachen Deckenwölbungen laufen. Bei genauerem Hinsehen konnte man feststellen, dass hier einfach Schmuckelemente grob herausgebrochen worden waren.

Das Essen selbst war nicht sonderlich ausgefallen, eher bodenständig, aber nahrhaft. Außer Brot und dem Fleisch von zwei frisch geschlachteten Hühnern gab es geschmorte Pilze und vorab einen kräftigen Eintopf aus Kohl mit Speck. Dazu vor allem Bier, zum Abschluss aber noch ein Krüglein Met.

Das Gespräch zwischen den Gästen und den Burgbewohnern – außer den Verlobten waren noch der Junker von Zuderfal anwesend, die Kastellanin Inelde von Seehof, Burcanon Hellrain, ein Ritter des Bannstrahlordens, der hier auf der Burg wachte, seine geweihte Ordensschwester, sowie am unteren Ende der Tafel der narbengesichtige Hauptmann des anderen Banners auf der Burg und ein bärtiger Hüne, den Oswin als Garrald vorgestellt hatte, ein Ai’Than eines Bergstammes – drehte sich zuerst um das allgemeine woher und wohin, das Leben auf diesem letzten Außenposten der Mark und die letzten Ereignisse und Neuigkeiten aus dem Darpattal und dem Reich. Wobei vor allem der ebenfalls legerer gekleidete Zuderfaller immer wieder mit spitzen Bemerkungen zu prekäreren Themen auffiel. Später schließlich verabschiedeten sich die Bannstrahler und der Hauptmann und auch der Ai’Than verzog sich nach einigen unverständlichen Worten. Schließlich gab der Junker mit einem kurzen Zwinkern an, sich noch von der Reise erholen zu müssen, und Inelde erbot sich, ihn persönlich durch die recht verschachtelten Wege der Burg zu seinem Quartier zu geleiten, was dieser dankend annahm. So waren dann die beiden schlussendlich allein.

„Jetzt sind sie alle weg“, stellte Oswin schmunzelnd und überflüssigerweise fest. „Da damit jeder Grund fürs Förmliche fehlt, schlage ich vor, dass wir zur unförmlichen Anrede übergehen. Mir jedenfalls wäre es recht…“ Mit einem gekonnten Schwung goss er aus einer irdenen Flasche eine klare Flüssigkeit in beider Becher ein und hob den seinen abwartend. Geriane griff den Ihren und lächelte vieldeutig. „Einverstanden.“ Mit einem leisen Klicken stießen die Trinkgefäße zusammen und wurden dann hastig geleert. Unwillkürlich musste Geriane husten. „Bei Rondra und Travia, willst du mich jetzt schon umbringen?“, japste sie lachend. „Was ist das?“ Oswins Augen blitzten. „Im Prinzip Trollzacker… Der hier wurde von Garralds Schwester gebrannt – die lässt ihn noch einmal mehr durchs Feuer gehen.“ Allmählich hatte Geriane Japsen und Lachen einigermaßen überwunden und wischte grinsend eine Träne aus dem Gesicht, während ihre Augen strahlten und lachten. „Feuer, ja, genau. Das schmeckt man.“ Oswin hob fragend die irdene Flasche. „Noch einen? Besser, du gewöhnst dich dran – bei meinem verehrten Herrn Vater am Tisch wirst du spätestens nicht mehr drum herum kommen. Dieser Schnaps ist sozusagen die Firunslichter Hausmarke…“ Ohne große Umschweife griff Geriane beherzt nach der Flasche, ein streitlustiger Funken huschte über ihr Gesicht, setzte sie an die Lippen und tat einen kräftigen Schluck. Auffordernd gab sie sie zurück und erklärte: „Nicht reden!“ Oswin lachte und tat es ihr gleich.



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Tra 1035 BF
Abendmahl
Begegnung


Kapitel 4

In den Katakomben