Geschichten:Hartsteener Banner - Boronians Kampf

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Festung Feidewald, Travia 1035 BF

Die zu Fuß kämpfenden Luidoristen hatten sich ein Stück zurückgezogen und neu formiert, als ein Pulk von Reitern sich auf dem Weg zur Festung der kleinen Gruppe Quintian-Quandt-Getreuer am Fuße der Mauern näherte. Boronian von Quintian-Quandt kannte das Wappen, silberne Schwingen auf blauem Grund, nur zu gut.

„Geismar, streckt die Waffen!“, hallte der kräftige Ruf des Kronvogts von Puleth über die Köpfe der Kämpfer hinweg.

„Niemals!“, entgegnete Boronian und fasste den Griff seines Kriegshammers fester in Erwartung des finalen Angriffs. Dabei zwang er sich, die Müdigkeit in seinen Armen zu ignorieren. Er hatte Die Zahl der Getreuen, die sich noch um ihn scharten, war sehr übersichtlich geworden, ihre Gesichter spiegelten seine eigene Hoffnungslosigkeit wieder, doch würden sie ihr Leben geben für ihn. Seine Rüstung – die Rüstung die normalerweise Graf Geismar trug – sorgte dafür. Er hatte diese Rolle angenommen und er würde sie bis zum Ende ausfüllen.

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Bendrichs Plan war fehlgeschlagen; sie hatten bei ihrem Ausfall die Wurfmaschine der Belagerer nicht erreichen können. Zwar hatte ein Wächter sie bemerkt, doch hatte der Kerl keinen Alarm gegeben. Stattdessen war er den Feidewalder Kämpfern mit gesenktem Spieß an der Bergflanke entgegen geschritten, und hatte verkündet, dass er Geismar von Quintian-Quandt im Namen dessen, Der-lachend-über-das-Schlachtfeld-schreitet, zum Kampf auffordere. Dabei war er direkt auf Boronian zugegangen. Neben sich hatte er Udalbert flüstern gehört: „Du machst dich als Grafenersatz. Ich hätte nicht gedacht, dass der Plan seiner Gnaden Plenkner so gut funktioniert: Ein Gelübde, dass Geismar seine Rüstung nicht ablegen wird, bis seine Feinde besiegt und vertrieben sind. Ha! Selbst unsere eigenen Leute denken, dass mein Bruder noch hier auf Feidewald ist!“ Anstatt auf die Forderung einzugehen, hatten Bendrichs Armbruster den Korgeweihten mit Bolzen gespickt.

Sein Todesschrei hatte sie verraten. Bendrich hatte darum den Rückzug befohlen, denn schnell waren die Luidoristen dem Alarmsignal gefolgt und hatten gedroht, der Schar den Rückweg in die Festung abzuschneiden. Zu diesem Zeitpunkt hatte Boronian seine Mutter das letzte Mal gesehen. „Pass auf Griseldis auf“, hatte sie ihm zugeraunt und war allein weiter in Richtung der Wurfmaschine gelaufen, bewaffnet einzig mit ölgetränkten Lappen, Feuerstein und Stahl.

Über den steilen Berghang waren sie zum Tor zurück gehastet, hart verfolgt von des Hartsteeners Kämpfern. Dort hatten sie eine böse Überraschung erlebt: Der Zugang hinter die rettenden Mauern war verschlossen und das Fallgitter herunter gelassen. Niemand aus der Festung antwortete auf ihre drängenden Rufe. Das Wort vom Verrat verbreitete Panik, Wut und Verzweiflung. Dann hatten die ersten Luidoristen zu ihnen aufgeschlossen und griffen an. Schon unter dem ersten Ansturm zerstreuten sich die Söldner und suchten ihr Heil in der Flucht entlang der Abhänge. Udalbert war dabei von einem Ritter niedergehauen worden, dessen Wappenrock drei goldene Kugeln auf Rot zeigte. Widerstand leisteten allein noch die Burgleute und Hauswachen, die mit Mühe einen Kreis um ihren einzigen verbliebenen Herrn bildeten. Denn auch Bendrich hatte den Gang übers Nirgendmeer angetreten: Jetzt lag er im roten Schlamm des Torweges auf dem Rücken, seine linke Gesichtshälfte nurmehr ein Brei aus Blut, Hautfetzen und Knochensplittern.

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„Dann werde ich Euch dazu zwingen“, ließ der Schwingenfelser verlauten.

„Komm doch, Verräter“, brüllte Boronian und schwang drohend seine Waffe. Das ließ sich der andere nicht zweimal sagen. Den blanken Anderthalbhänder in der Faust sprang er geschmeidig aus dem Sattel und kam auf Boronian zugeschritten, der den Gegner kampfbereit erwartete.

„Seit wann kämpft ihr denn mit einem Kriegshammer?“, erkundigte sich Hadrumir.

„Seit ich beschlossen habe, dir persönlich den Schädel einzuschlagen“, entgegnete Boronian schroff und schlug einen halbherzigen Angriff, um die Schnelligkeit seines Gegenübers zu testen.

Der Schwingenfelser wich ohne Probleme aus und meinte: „Ich fürchte, diese Übungsstunden waren verschwendete Zeit.“

„Da irrst du dich“, knirschte der ehemalige Serrinmoorer Vogt und griff erneut und diesmal mit aller Kraft an.

Mit Mühe nur wich der Kronvogt von Puleth diesmal aus der Reichweite der Waffe und knurrte: „Wir werden sehen.“

Dann ging er zum Gegenangriff über und drängte Boronian mit einem wahren Klingensturm zurück. Von der Vielzahl an Streichen konnte dieser nur die Hälfte parieren, doch die andere Hälfte blieb nahezu wirkungslos in der gräflichen Rüstung hängen. Boronian brach der kalte Schweiß aus, als er weiter und weiter zurück gedrängt wurde und realisierte, dass der Schwingenfelser ihn immer nur beschäftigte und ihn zu anstrengenden Paraden zwang. Nicht mehr lange, und er würde zu erschöpft und zu langsam sein, den entscheidenden Stich oder Hieb abzuwehren. Mit dem Mut der Verzweiflung griff er den am Feidewalder Grafenhof wohl unbeliebtesten Menschen Deres nach Luidor von Hartsteen an. Doch der andere schien darauf nur gewartet zu haben. Boronian wusste es in dem Moment, in dem der andere seine Waffe herum riss, sich in seinen eigenen Schlag drehte und zustach. Die Klinge des Anderthalbhänders traf die Schwachstelle der metallenen Rüstung, fraß sich durch die Unterkleidung und drang mit Wucht in seinen Körper ein. Boronian wollte schreien, aber alle Luft schien aus seiner Lunge verschwunden. Die Welt drehte sich plötzlich um ihn. Irgendetwas schepperte. Dann riss ihm jemand den Helm vom Kopf und es wurde finster. Das Letzte, was Boronian hörte, war die Stimme Hadrumirs von Schwingenfels, als der keuchend feststellte: „Das ist nicht Geismar von Quintian-Quandt!“