Geschichten:Greifendämmerung - Spurensuche

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Klingenhort, Baronie Hirschfurten, 30. Rahja 1035, nachmittags

Wolfhart, der Waldläufer, hatte keine gute Laune. Die Ritterin Isegard von Rakulsbeugen hatte ihn in einem ziemlich desolaten Zustand erwischt, der dem gestrigen Zechgelage mit seinen Freunden von der abendlichen Boltanrunde geschuldet war. Sie hatte bei ihm angeklopft, ihn ziemlich unsanft aus dem Schlaf gerissen und ihn nach einem kurzen Rüffel damit beauftragt, die Ursache für den Brand eines Bauernhauses zwei Dörfer weiter zu untersuchen. Über diese schroffe und unerwartete Unterbrechung war er nicht gerade begeistert. Vermutlich war einfach nur ein Feuer durch Funkenflug aus einem schlecht gelöschten Herd ausgebrochen und hat die beiden Bauern im Schlaf erwischt – was sollte da groß an Spuren zu finden sein? Hoffentlich sprangen wenigstens ein paar Heller für seine Mühen heraus.

Der drahtige Mann hatte sich halbwegs frisch gemacht, und sich sodann auf seinem alten Klepper ins benachbarte Rittergut Bornhelm aufgemacht. Schon zwei Meilen hinter Bissendorf konnte er die Ruine des Hauses sehen. Es war fast vollständig abgebrannt. Wolfhart ließ seinen Gaul in einiger Entfernung grasen und begab sich zur Unglückstätte.

Rings um das Haus waren zahlreiche Spuren zu finden – vermutlich von den herbeigeeilten Klingenhortern, die versucht haben zu retten was zu retten ist. Auch waren im Haus keine Leichen zu finden, offensichtlich hatte man sie – oder das was von ihnen noch übrig war - schon zum Boronanger gebracht. Falls sie noch nicht verscharrt waren, würde er nachher nochmal kurz mit dem örtlichen Geweihten sprechen, ob er nochmal einen Blick drauf werfen könne, auch wenn ihm bei dieser Vorstellung ein wenig mulmig wurde.

Wolfhart ging einmal um das Haus und schaute mal hierhin mal dorthin. Seine Theorie schien sich zu bestätigen. Plötzlich fiel ihm hinter dem Haus etwas Merkwürdiges am Boden auf. Er untersuchte die Stelle genauer, und fand verschmorte Reste von einem Zunderschwamm. „Außerhalb des Hauses? Hm…“ Er schritt durch die Trümmer, zog hier und da ein paar Steine oder verkohle Balken zur Seite.

„Aha!“

Mit einer gewissen Genugtuung zog er unter ein paar Trümmern die Reste einer abgebrannten Fackel hervor.

„Also wenn diese Bauern nicht selber irgendwelche Fackelzüge in ihrem Haus abgehalten haben, möchte ich wetten, dass da jemand von außen nachgeholfen hat! Brandstiftung!“

Jetzt war sein Ehrgeiz geweckt. Der Rausch von gestern Nacht war nun endgültig verflogen. Er suchte erneut die Spuren vor dem Haus ab. „Die meisten kamen aus dem Dorf. Doch da, eine etwas ältere Spur von weit auseinanderliegenden Schritten, also von jemandem der gelaufen ist, kam von Westen direkt aus der Obstwiese auf das Haus zu. Scheinbar ist ein Mann zum Haus gelaufen. Vielleicht der Bauer selbst? Aber warum hatte er es so eilig? Und noch andere Spuren… drei Spuren von gehenden, stellenweise auch laufenden Stiefeln, die zum Teil darüber liegen. Wurde er verfolgt? Und von wem?“ versuchte er seine Gedanken zu ordnen.

Er folgte den Spuren zur Obstwiese, und weiter am Feldrain entlang. „Er hat sich immer wieder umgesehen, scheinbar wurde er über ein längeres Stück verfolgt. Auch die anderen Spuren zeigen, dass die Verfolger hinter ihm her gelaufen sind.“ Er folgte den Spuren der Verfolger bis zum Rand eines Wäldchens. „Reste einer Feuerstelle. Hier haben sie also gerastet und auf ihn gewartet. Hier waren auch Pferde angebunden… vier Pferde. Vier? Sie waren doch nur zu dritt. Merkwürdig. Da drüben gehen die Spuren weiter… hier sind vier Leute aufgestiegen und weitergeritten. Aber wieso auf einmal vier?“ Es war leider nicht mehr genau auszumachen, wo diese vierte Spur herkam. Er holte zunächst seinen Gaul, dann folgte er weiter den Pferdespuren. Sie führten im Bogen im Süden um Klingenhort herum und dann Richtung Nordwesten in die Baronie Rubreth nach Ährenfeldt. „Also kamen sie nicht von Süden aus Gallstein, wie die Junkerin zunächst vermutet hatte. Ist doch schonmal was.“ Er folgte den Pferdespuren noch soweit es ging, doch in Rubreth verloren sie sich.

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Am frühen Abend kam er zurück nach Klingenhort, wo er in der Schänke Burgblick einkehrte. Er hatte sich vorgenommen noch ein paar unauffällige Fragen zu stellen.

„Hier ist dein Bier, mein Hübscher. Macht sechs Kreuzer.“ Die dralle Schankmagd Jana stellte ihm einen Krug Dunkelbier auf den Tisch. Er kannte sie gut. Schon seit längerem hatte er eine kleine Schwäche für sie.

„Danke, Süße! Siehst heute wieder echt scharf aus.“ Er steckte ihr nen Heller zu, den sie dankend entgegennahm, und gab ihr einen Klaps auf dem Po. „Huch? Alter Charmeur!“ grinste sie. „Sach mal, dir sind nicht zufällig gestern irgendwelche Fremden aufgefallen?“

„Hier bei uns?... nö, nur die üblichen Verdächtigen.“ Sie deutete mit dem Kopf auf eine Gruppe einheimischer Zecher, die gerade kräftig mit den Humpen anstießen.

„Aber warte mal… doch, da sind am Vormittag ein paar Typen auf Pferden durchgekommen. Mit Rüstungen und Waffen. Die kannte ich nicht. Einer ist zum Schmied Walbrecht rübergeritten. Hat sich wohl ein Hufeisen richten lassen. Vielleicht kannste den mal fragen?“

„Danke für den Tipp, werd ich gerne machen“, entgegnete Wolfhart.

„Stets zu Diensten, mein Bester.“ Sie lächelte verheißungsvoll. Wolfhart lächelte zurück. Vielleicht könnte er sich den letzten Abend im Rahja noch ein wenig versüßen lassen…

„Noch ne Frage hätte ich, die junge Frau am Tisch da drüben… die scheint ja ziemlich fertig zu sein, ist das nicht die Tochter vom Apfelwirt?“ „Ja, das ist Alruna. Sie ist todunglücklich darüber, dass ihr Verlobter noch nicht aufgetaucht ist, wo doch morgen die namenlosen Tage beginnen.“ „Ach so. Und jetzt denkt sie, dass der sich woanders Ersatz besorgt hat. Verständlich, dass sie so betrübt ist. Wer ist denn die untreue Seele?“ „Romin Westfall. Der ist letztes Jahr zum Waffenknecht bei Baron Nimmgalf bestallt worden. Ist eigentlich n ganz süßer Kerl… ziemlich ehrgeizig und eigentlich auch pflichtbewusst.“

Wolfhart nickte und dachte nach. Langsam fügte sich das Puzzle zusammen. Dafür wird die Junkerin sicher einiges springen lassen.