Geschichten:Ein Brief aus der Hauptstadt

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5ter Tag des Monat des grimmen Väterchens im Jahre 35 der Inthronisierung SAM Hal,
Geschrieben zu Gareth von Selinda von Hartsteen

Teurer Bruder,


verzeiht, dass erst jetzt die Gelegenheit zum Schreiben sich mir bietet. Denn noch immer steht es übel um die Hauptstadt, und auch wenn die ersten Wunden vernarbt, so klafft doch allerorten noch die frische Erinnerung an die Heimsuchung der letzten Monde, in welcher die ZWÖlfe uns Sterbliche prüften! Nun ist es also der grimme Vater, und recht er hat die seinen zu mahnen! Frostigen Wind er schickt von sich und weiss und kalt ist die ganze Stadt. Gar viele Seelen hat er zu sich geholt, der grimme Frost, in den Elendsvierteln mehr noch als hier in den guten Häusern. Wartend harren wir aus, wann der weisse Schleier sich hebt und die Pracht des Frühlings den Dererund zum neuen Leben weckt. Der Rabe residiert im alten Palaste, und zusammen mit den anderen harren wir an seiner Seite aus, was kommen soll. Allein das Stadthaus derer zu Hartsteen, Ihr wißt es ja bereits, wurde Opfer des großen Brandes, in welchem auch die gute Ulinai verstarb, Boron möge ihre Seele wohl bewahren.

Hier in der goldenen Stadt ist es sehr schweigsam. Den Verrat des Falkenhagers, dem Raben die Tore zu öffnen, hat man zur Kenntnis genommen, allein was können wir tun? Der Rat der Helden ist ohnmächtig und nahezu vollständig unter der eisernen Kontrolle des Rabens. Allein dies ist das Gute, dass niemand unter ihm Hunger plagt. Es gibt wenig, aber es gibt genug. Alle verzichten, und auch der Rabe genügt sich mit dem wenigen, das allen zusteht. Es wird gemurrt, aber es ist jedem deutlich, dass es keine andere Möglichkeit geben kann.

Die Wirren im Monde der weisen Herrin haben mir nun endlich die Gelegenheit gegeben, Eure Bitte zu erfüllen, die Ihr schon jüngst an mich stelltet. Die Aufmerksamkeit der Wachen lag in den Tagen des Einmarsches des Raben nicht auf den wichtigen Orten, jedenfalls stand die Diskussion ob der Legitimation so im Vorrange, dass das Fenster der Unachtsamkeit ich nutzen konnte und im Archive die entsprechenden Dokumente, deren Existenz Ihr bereits vermutetet, zu sichern und zu kopieren. Die Originale ließ natürlich ich an der Stelle, wo sie jetzt sicher liegen, und wo sie zum entsprechenden Zeitpunkte auch gefunden werden können. Es war nicht einfach zu finden, das Chaos der Schriften ist immens, und hättet Ihr mir nicht gesagt, wonach ich mein suchend Auge richten sollte, ich hätte die Dokumente nicht gefunden.

Allein Ihr habt Recht mit Eurer Vermutung, die Briefe des Barons Geismar an den Reichsverweser sprechen ihre eigene Sprache. Und auch die Dokumente von Pervals Vater belegen eindeutig Euren Standpunkt. Es ging damals nicht rechtschaffen zu, als der Urahn Rondrasil seines Thrones beraubet wurde. Ihr tragt den Titel also zurecht und schämen muss sich der Namensvetter des dreisten Verräters und beten für die Seele seines Ahnen! Euch sende ich die Abschriften zu, welche ich von eigner Hand verfertigte, so dass Ihr sie auf das Beste studieren möget.

Es stimmt mich traurig, dass der Vater in der Gruft nun liegt. Und weiß ich auch, dass sein Alter hoch war und er nach einem hocherfüllten Leben ging und sicherlich ehrenhaft unter den Götterfürchtigen aufgenommen worden ist, so trübt mich, dass er von uns ging, als die Welt um ihn in Wirrnis und Chaos verging. Kein Zeichen der Hoffnung wird er mehr gesehen haben, doch glaube ich fest, dass er fest und stark in allem den Willen der mächtigen ZWÖlfe gesehen und wusste, dass die Prüfung nicht die seine, sondern die seiner Kinder und Enkel sein musste.

Bestellet meiner teuren Gattin und meinen drei liebreizenden Neffen und Nichten einen warmen Gruß von ihrer lieben Tante Selinda. Euch wünsche ich, teurer Bruder, eine glückliche Hand und verbleibe in Euren Diensten pflichtergeben,


Eure Schwester Selinda



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Texte der Hauptreihe:
5. Fir 1028 BF
Ein Brief aus der Hauptstadt


Kapitel 1

Autor: Hartsteen