Geschichten:Die Schlacht um Puleth Teil 8

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Burg Trollhammer, Anfang Boron 1029 BF


Ein Dienstbote trat in das Arbeitszimmer Nimmgalfs. „Euer Hochgeboren? Ein Bote hat dies für Euch abgegeben.“ Mit diesen Worten überreichte er Nimmgalf ein Kuvert. Er war gesiegelt. Das Wappen zeigte zwei nach oben geschwungene Adlerschwingen. Nimmgalf öffnete das Kuvert und las:


Die Zwölfe zum Gruße, Euer Hochgeboren!

Im Auftrage seiner Hochwohlgeboren Graf Geismars von Quintian-Quandt und seiner Hochgeboren Luidor von Hartsteen möchte ich Euch darüber in Kenntnis setzen, dass von Hartsteener Truppen ein Angriff auf die in Puleth sitzende Obristin Varena von Mersingen geplant ist. Nach meinen Informationen bedroht sie auch die Grafschaft Waldstein im Osten. Wie Euch sicherlich bekannt sein dürfte, herrschen zwischen dem Grafen und Luidor von Hartsteen einige Differenzen. Aus diesem Grunde richten sowohl Graf Geismar als auch Luidor von Hartsteen an Euch die Bitte als neutraler Anführer den Oberbefehl über diesen Feldzug zu übernehmen und den Angriff mit der Reichsforster Liga zu unterstützen, sofern Euch dies möglich ist. Wir beabsichtigen den Angriff im Frühjahr diesen Jahres zu starten.

Über eine positive Antwort von Eurer Seite würden sich sowohl der Graf als auch Luidor von Hartsteen freuen.

Ich erwarte Eure Antwort in Kürze. Ihr könnt mich momentan auf Schloss Orbetreu erreichen.

Hadrumir von Schwingenfels


Nimmgalf las die Zeilen sorgfältig durch und sann über das Geschriebene nach. Er hatte schon von diesem Junker von Schwingenfels gehört: ein Parteigänger der Quintian-Quandts in Hartsteen. Am meisten verwunderte es den Pfortenritter, dass der Brief scheinbar im Namen beider streitenden Hartsteener Grafen verfasst wurde. Nimmgalf hatte es bisher vermieden, für eine der beiden Seiten Partei zu ergreifen, und er würde auch niemals die Reichsforster Liga einsetzen, um einen außerregionalen Konflikt zu lösen. Dieser Luidor war ihm jedenfalls nicht sehr sympathisch. Seine hochmütigen Worte bei der Beerdigung seines Onkels waren ihm noch gut in Erinnerung geblieben. Nun gut – die Ereignisse hatten ihm letztendlich recht gegeben, aber er musste schon nahezu über prophetische Fähigkeiten verfügen, um diesen an Dramaturgie nicht zu überbietenden Verlauf der Ereignisse, die Garetien in der letzten Zeit erschüttert hatten, vorherzusehen.

Nun, offenbar benötigten die streitenden Grafen – Nimmgalf wählte für sich diese Bezeichnung, da „Grafenanwärter“ oder „Grafschaftsusurpatoren“ einfach zu ungehörig klang – seine Unterstützung und die der Reichsforster Liga gegen eine gewisse Varena von Mersingen, die den heiligen Ort Puleth unter ihrer Gewalt hat.

Nimmgalf kannte diesen Namen nicht. Wahrscheinlich irgend so eine schwarztobrische Söldnerführerin, ein Relikt aus Galottas Heerzug. So wie Nimmgalf den Feind aus dem Osten kennen gelernt hatte, handelte es sich bei ihnen zumeist um unerbittliche und schwer einzuschätzende Gegner, was hieße, dass es sich um eine gefährliche Angelegenheit für seine Truppen handeln würde.

Sorgfältig wog er die Sache einige Tage lang ab. Schließlich traf er jedoch seine Entscheidung. Er würde den Hartsteener Grafen zur Seite stehen, und dies aus mehreren Gründen. Erstens ging es gegen eine Feindin der zwölfgöttlichen Ordnung, zweitens brauchten seine Truppen jegliche Art an Kampferfahrung, die sie bekommen konnten, drittens hielt er sich durchaus für einen fähigen Anführer und viertens, und das war der eigentliche Grund, hatte er dadurch möglicherweise neue Alliierte im Kampf gegen Simionas Schergen.

Ja, vielleicht wäre es sogar möglich, mit der vereinten Streitmacht nach der Befreiung Puleths einen weiteren Feldzug gen Leihenbutt im Westen zu unternehmen und seiner verhassten Ehemaligen eine empfindliche Niederlage beizubringen. Diese Hoffnung pflanzte sich wie ein Keil in Nimmgalfs Eingeweide. Er wusste, dass sein Hauptziel zwar Puleth sein musste, dennoch würde er die weiteren Möglichkeiten sorgfältig abwägen, und dann vor Ort die Entscheidung treffen, ob ein Angriff gegen Simiona möglich wäre.

Was er nicht ahnen konnte war, dass er mit dem Feldzug ausgerechnet Simiona in die Hände spielte, die momentan in Zweiflingen und Bärenau in erbitterte Abwehrgefechte gegen die Mersingerin verstrickt war…