Geschichten:Die Schlacht um Puleth Teil 24

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Gut Hohenkamp, eben dann


Graubart wusste nicht so recht, was er von Tagen wie diesen halten sollte. Er wurde alt und drum genoss er die Ruhe. Und so mag es kaum schwer fallen einzusehen, dass es für ihn in seinem Alter nahezu nichts Schöneres gab, als im Hof auf einem Fass nahe der Mauer in der Mittagssonne zu dösen. Ja, gerade heute hatte es nach einem so wundervoll ruhigen Tag ausgesehen. Wie sehr man sich doch irren konnte. Selbst wenn man schon so einiges erlebt hatte.

Dabei hatte sich doch alles ganz vorzüglich angelassen. Überhaupt waren die ganzen letzten Tage von beschaulicher Ruhe geprägt gewesen, denn nach und nach hatten sich diese ungelenken zweibeinigen Herren des Gutes verzogen und hatten nur zwei Tatzen Bewachung dagelassen.

Selbst der fette Bernfried, der immer mit Steinen nach Graubart warf und von dem er selbst bei größter stimmlicher Anstrengung nur Fußtritte statt einer Schale Wasser zu erwarten hatte, war mit einigen anderen fortgezogen. Hoffentlich weit weg. Und hoffentlich für recht lange.

Wie gesagt, alles in allem, hatte sich Graubart auf einen weiteren gemütlichen Tag ohne dieses dämliche Exerziergeplärre ein und ohne den fetten Bernfried eingerichtet. Bis zu dem Moment als er den Ärger gerochen hatte.

GEROCHEN. In der Tat. Mochte seine Sehkraft auch in seinem gesegneten Alter nicht mehr die beste sein, so tat sein Näschen Graubart noch immer gute Dienste, vor allem wenn der Ärger so erbärmlich streng stank, wie es Schwarzpelze nun einmal zu tun pflegen. Einfach erbärmlich, und so war es kein Wunder, dass sich geradezu automatisch sein Fell aufrichtete, sein Schwanz wild hin und her zu peitschen begann und sich seine Pupillen zu Schlitzen verengten, als er die erste Witterung aufnahm.

Die Zweibeiner waren sich der Gefahr natürlich in diesem Augenblick noch längst nicht bewusst. Dumme, dumme Geschöpfe. Das hat man davon, wenn man sich zu sehr auf seine Augen verlässt.

Na das kann ja ein Spaß werden, hatte Graubart gedacht, und während er sich überlegte, ob er sich lieber in die Scheune trollen sollte oder ob das Ausharren mit der Aussicht auf ein nettes Spektakel doch des Wartens wert war, hatten die Bewohner des Gutes die sich nähernde Gefahr ebenfalls erkannt.

Und was taten sie? Na, das was sie am besten konnten. Sie riefen dummes Zeugs. Dummtüch, wie Graubarts Onkel Pranke immer zu sagen pflegte.

“Orks? Wieso Orks? Ihr hattet doch gesagt.....“

“Sollen wir uns auch auf einen Gang mit ihnen einlassen, um uns dann zurückzu....“

“Bei den Zwölfen. Sie sind uns zahlenmäßig überl...“

“... bis an die zähne bewaffnet. Wir sollten schleunigst...“

Diese und noch einige andere Bemerkungen wurden durcheinander gebrüllt in dieser seltsam abgehackten Sprache der Zweibeiner, während die Stimmen sich nahezu überschlugen. Und als Graubart die Angst der glatthäutigen Leute witterte, wusste er, dass er wohl auf ein Spektakel würde verzichten müssen. Schade eigentlich.

Doch irgendwie auch wieder nicht. Denn eine gute halbe Stunde später war wieder Ruhe eingekehrt. Die Glatthäute waren verschwunden und die Pelzigen hatten sich auf dem Gut breit gemacht, suchten nach Essbarem und plünderten wahllos herum. Und... sie STANKEN wirklich erbärmlich!

Graubart schluckte schwer. Würden sie in IHM eine Delikatesse sehen? Also fraßen diese Wesen auch Katzen? Onkel Pranke hatte einmal behauptet, dies wäre durchaus der Fall, aber damals dachte Graubart, er wolle nur die Kleinen erschrecken, damit sie nicht zu weit weg herumstromerten. Wenn sie nun aber doch...?

Heimlich, still und leise schlich sich Graubart zur Scheune, kletterte zum Schober hinauf und machte es sich bequem. Hier mochten sie ihn erst einmal finden, dachte er bei sich. Gleichzeitig aber kam er nicht umhin, sich ernsthafte Sorgen um die Zukunft zu machen. Wenn sie nun blieben? Fast war ihm da der fette Bernfried lieber gewesen.

Doch während er so über sein Schicksal nachdachte, ertönte plötzlich von draußen das Geklirr von Waffen. Endlich doch noch ein Spektakel, frohlockte Graubart, lauschte einige Augenblicke mit geneigtem Kopf und kletterte wieder hinunter um einen vorsichtigen Blick durch die Scheunentür zu werfen. Gewiss waren die Zweibeiner mit Verstärkung zurückgekommen!

Nun, Zweibeiner waren es, die dort mit den Schwarzpelzen kämpften. Doch waren es andere als jene, die zuvor dort gewesen waren. Auch kämpften sie nicht wirklich. Sie erweckten irgendwie nur den Anschein. Es floss ja nicht einmal Blut. Es wurde nicht geschrieen. Der Geruch von Angst und Schweiß fehlte. Das war nun wirklich enttäuschend. So eine Farce. Also wirklich. Und dabei hatte er gedacht, bald heldenhaften Stoff für eine neue Geschichte zu haben. Und nun so etwas.

Nach einigem leichten Klingenkreuzen machen sich die Schwarzpelze schließlich in die Richtung davon, in der die Sonne niemals scheint, einer winkte seinen Bezwingern auch noch zu, als er durch das Tor lief, VERBEUGTE sich nahezu förmlich. Was war denn das?

Graubart zählte durch. Fünf Pranken. Verdammt. Vorbei würde es nun mit der Beschaulichkeit der letzten Tage sein. Und warum? Weshalb? Weil zwei Pranken Glatthäute nicht gegen einige Schwarzpelze kämpfen wollten und die Schwarzpelze augenscheinlich nicht gegen andere Glatthäute kämpfen konnten sondern sie lieber höflich komplimentierten. Wer sollte das verstehen? Dann lieber noch ein kleines Nickerchen.

Graubart lief eilends durch den Hof, sprang zurück auf sein Fass und rollte sich zusammen. Vielleicht würde ihn von denen hier keiner treten. Und freudig überrascht war er, als einer der Männer, wohl ihr Anführer, zu Graubart trat und begann, ihn zärtlich hinter den Ohren zu kraulen, dort eben, wohin er mit seiner eigenen Zunge nicht herankam.

Und als Graubart zufrieden zu schnurren begann, flüsterte dieser Kerl freundlich zu ihm: „Du bist gewiss auch froh, dass wir dich vor diesen wilden Orks bewahrt haben, nicht wahr? Nun, wenn Geismars Leute dieses Gut nicht ordentlich gegen Gefahr verteidigen können, so muss es wohl jemand anderes tun. Und drum, mein pelziger Freund, musst du auch keine Angst haben, dass sie zurückkommen, denn was wir einmal haben, das geben wir so schnell nicht wieder her.“