Geschichten:Die Gneppeldotzin - Der liebestolle Junker

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Gasthaus 'Zur Brücke' Dorf an der Feidewaldstraße, Rahja 1033 BF

„Verzeiht, hohe Dame, aber Ihr wollt doch sicher nicht so ganz allein trinken. Gestattet Ihr, dass ich mich zu Euch geselle?“

Irmhelde von Gerstungen blickte von ihrem fast leeren Krug auf und musterte den Edelmann, der sie angesprochen hatte: in etwa ihres Alters und von nicht gerade stattlicher Erscheinung, gekleidet in schwarzes Tuch und das Gesicht geziert von einem rötlichen Knebelbart.

„Ich trinke aus Prinzip nicht mit Fremden“, antwortete sie knapp.

Doch der andere ließ sich davon nicht abwimmeln: „Natürlich. Dann will ich mich vorstellen: Thalacker Bardo von Gneppeldotz, Junker zu Gneppeldotz auf der Dotzenburg. Und Ihr seid...?“

„Irmhelde von Gerstungen“, gab sie schmallippig Auskunft über ihren Namen, dessen Klang im Hartsteener Adel nur schlecht gelitten war. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass der Kerl dann von alleine abzog.

Der Junker quittierte das mit einer erhobenen Augenbraue und sinnierte: „Gerstungen – hat nicht letztes Jahr die Baronin von Natzungen im Verein mit den Schwingenfelsern einen der Euren aufknüpfen lassen, der mit dem falschen Geismar im Bunde stand?“

„Vielen Dank, dass Ihr mich daran erinnert“, gab sie bissig zurück. „Dann nehme ich einmal an, dass Ihr der hartsteentreue Schweinejunker seid, der erst letztens eine erfolglose Fehde gegen die Schwingenfelser geführt hat?“

Seine Augen blitzten für einen Moment zornig auf, so dass Irmhelde schon dachte, er würde im nächsten Moment zum Schwert greifen. Doch dann entspannten sich seine Züge und stattdessen zauberte der Gneppeldotz ein breites Lächeln hervor: „Und schon sind wir uns nicht mehr fremd und haben mit unserer Abneigung gegen die Schwingenfelser etwas gemeinsam. Ihr erlaubt?“

Ohne ihre erneute Antwort abzuwarten, setzte er sich und blinzelte Irmhelde zu. „Ich bin Euch nicht gram wegen Eurer harten Worte. Geteiltes Leid ist halbes Leid, sagt man bei uns. Und Ihr saht so aus, als hättet Ihr einiges zu teilen, so wie Ihr hier sitzt...“

Irmhelde verdrehte innerlich die Augen, während der Junker den Wirt heranwinkte und eine Kanne Wein samt Gläsern orderte. Das konnte ja heiter werden!

Trenner Garetien.svg

Stadt Bugenhog, Praios 1034 BF

Fast hätte Irmhelde aufgelacht, als der Junker von Gneppeldotz an diesem Vormittag an dem Treffpunkt erschien, zu dem er sie gebeten hatte. Herausgeputzt und aufgeplustert wie ein Hahn war er herangestelzt, wobei die polierten Silberknöpfe an seinem Wams mit den Stiefeln um die Wette glänzten; ans Barett hatte er einen ganzen Busch gefärbter Pfauenfedern gesteckt. Der Knebelbart war adrett gestutzt und die offenbar sorgfältig frisierten Haare fielen in Wellen bis auf seine Schultern. Dennoch wirkte der als furchtloser Geselle bekannte Thalacker Bardo von Gneppeldotz etwas unsicher, als er nach Begrüßung und dem Austausch liebenswürdiger Floskeln schließlich anhub: „Frau Irmhelde, es gibt etwas, worüber ich mit Euch sprechen muss. Etwas, das mir seit unserer letzten Begegnung nicht mehr aus dem Kopf geht.“

„So? Worüber denn?“

„Vielleicht erinnert Ihr Euch noch daran. Ich hatte Euch gefragt, wie Ihr es mit der Liebe haltet...“

„Ich schätze, wir waren zu der Gelegenheit bereits ziemlich betrunken. Aber ja, ich erinnere mich daran“, erwiderte die Ritterin. Sehr rahjagefällig hatten sie sich an jenem langen Abend zuerst dem Rausch des Weines hingegeben und später zusammen in einem Bett gelandet. Eine, wie sie angenommen hatte, einmalige Sache, wie sie im Mond der Schönen Göttin nun einmal vorkommen konnte. Insofern hatte sie es doch ein wenig überrascht, dass der als Parteigänger der Hartsteens geltende Junker sie später erneut kontaktiert hatte.

„Und...wisst Ihr auch noch, was Ihr mir damals antwortet?“, erkundigte sich Thalacker Bardo von Gneppeldotz nun.

„Dass ich den Richtigen noch nicht gefunden hätte; was mich aber nicht davon abhielte, Spaß mit den Falschen zu haben“, antwortete sie leichthin.

Der Ritter nickte bestätigend und geriet doch geradezu ins Stottern. „Das....nun, wie soll ich es sagen...? Seid Ihr sicher?“

„Sicher in Bezug auf was?“

„Dass Ihr den Richtigen nach wie vor nicht gefunden habt?“

„Ihr könnt versichert sein“, wich Irmhelde der Frage aus, während eine Ahnung plötzlich in ihr aufstieg, „dass ich diese Rahjaszeit mit Euch genossen habe, Herr Thalacker.“

„Das freut mich zu hören. Nun ist es so... Wir kennen uns erst seit kurzer Zeit, Frau Irmhelde. Aber... für mein Teil bin ich überzeugt, in Euch die Richtige gefunden zu haben.“

Dann ging er tatsächlich vor der Gerstungen auf die Knie und fragte mit heiserer Stimme, wobei die nach oben gezwirbelten Enden seines Knebelbartes bebten: „Darum frage ich Euch: Wollt Ihr mich in Travien zum Manne nehmen?“

Irmheldes Gedanken rasten. Der liebestolle Junker hier bot ihr den Schutz seiner Familie, ein Heim in der Sicherheit seiner Burg und nicht zuletzt einen Namen, mit dem es sich leichter leben lassen würde. ‚Nimm was du kriegen kannst und bereue nichts’, hallten die Worte in ihr nach und pragmatisch betrachtet dürfte sich eine solche Gelegenheit wahrscheinlich nicht wieder ergeben. Und nachdem sie tief durchgeatmet hatte, nickte Irmhelde.


 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Grafschaft Hartsteen.svg   Wappen Kaiserlich Bugenhog.svg   Wappen Herrschaft Mirbelstein.svg  
 Dorf.svg
  Wappen Kaiserlich Bugenhog.svg  
 Stadt.svg
 
Pra 1034 BF früh am Mittag
Der liebestolle Junker
Auf eisige Pfade


Kapitel 6

Autor: Steinfelde