Geschichten:Des Greifen Tatzen - Schritt für Schritt

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Quälend langsam kommt die Kolonne voran, Schritt für Schritt den Darpatweg am Ufer des Flusses gen Norden. Die Traviasonne hat hier, zwischen Trollzacken und Raschtulswall, noch Kraft, Land und Luft wollen den Sommer noch nicht gehen lassen. Ein steter Luftzug kommt dem Heer entgegen, bringt linde Kühlung auf die schweißnassen Stirnen, doch trägt der Wind auch den schweren Geruch des Darpatschlamms mit sich, der faul in im Glast des Mittagslichtes trocknet.

Schritt für Schritt gen Norden.

Schritt für Schritt dem ungewissen Schicksal jedes siegesgewissen Heeres entgegen.

Schritt für Schritt durch den Nachmittag, wenn die Sonne sinkt und der Abendwind sich erhebt.

Auf dem fernen Kamm sehen die Ersten der Kolonne eine Gestalt auftreten: rechts der Fluss und links die Hügel, doch oben auf des Weges Scheitel ein schlanker Schattenriss. Jetzt sehen sie das Ross, auf dem der Reiter thront. Bei dieser sanften Brise ahnen sie mehr, als dass sie sehen: Eine Bannerstange hält der Reiter in der Hand, träge bauscht es sich im Mittagshauch.

Schritt für Schritt nähert sich die Kolonne hügelan dem Bannerträger. Senkend bestrahlt Praios‘ Antlitz den Reiter nicht mehr aus mittäglicher Höhe, sondern von nachmittäglicher Seite. Blau ist das Banner.

Schritt für Schritt schleppen sich die Kolonne weiter, Staub in den Kehlen, Salz in den Augen. Wer wartet dort?

Langsamer wird das Heer, Offiziere reiten die Kolonne ab, Spähreiter sind längst die Strecken abgeritten. Doch die Ersten der Kolonne recken das Kinn und kneistern in die Höhe.

Dann kommt endlich der kühle Hauch des Abends.

Eine Böe streicht labend über die nassen Gesichter der wandernden Heeresmacht, die unter den blauen Wimpeln der Markgrafschaft in das alte Mutterland Garetien zieht, um im Namen der Krone zu schützen, was der Krone ist.

Eine Böe greift auch in das Banner, bauscht es, bläht es, entrollt es auf dem Kamm: Mit einem Knattern streckt es sich zur ganzen Breite, streicht sich aus zur vollen Höhe, groß wie ein Segel, hoch wie ein Haus, schlagend und flatternd: Garetiens Greif auf der Sonnenscheibe prangt vor dem Blau des Himmels. Der Greif scheint mit seinen Tatzen zu schlagen, mit seinem Schnabel hinan zu weisen: Hier bin ich, König der Tiere, Tier der Könige.

Eine Böe scheint im selben Moment unter dem Banner Gestalten zu enthüllen, die über den Kamm schreiten: in blinkender Rüstung und schimmernder Wehr. Just unter dem Banner baut sie sich auf, die großgewachsene Frau, die ihrer Machtfülle Gewalt in einer Geste beweist: Fest steht sie, stemmt ihre Linke in die Seite und heißt schweigend ein ganzes Heer zu halten.

Schritt verhält. Das Heer hat Perricum verlassen.