Geschichten:Briefe aus Khunchom - Reaktion aus Syrrenholt

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Burg Zankenblatt, Baronie Syrrenholt, Ende Firun 1038 BF

...Laut hallten die schweren Tritte eines Pferdes von den Wänden der altehrwürdigen Feste Zankenblatt, als ein einzelner Reiter den verschneiten Innenhof der einst wehrhaften Burg erreichte. Ein eilig herbei laufender Stallbursche übernahm das erschöpfte Pferd des unbekannten Reisenden und führte es in einen der vielen leerstehenden Stallungen. Nach kurzer Nachfrage wurde der Fremde in den Palas geleitet, wo er den hiesigen Baron zu sprechen gedachte.

Erlan von Zankenblatt empfing den Reisenden, der sich als Vitruv de Ghunee vorstellte, im wohlig eingerichteten Salon.

Nach einem geziemenden Austausch von belanglosen Willkommensfloskeln kam der Reisende zum eigentlichen Anlass seines Besuches.

"Euer Hochgeboren, es ist sicherlich ein schlechter Scherz, dem ich im fernen Perricum aufgesessen bin, aber dennoch wage ich einen Versuch: Wie ich vermute, kennen Euer Hochgeboren, seine Hochwohlgeboren Hilbert von Hartsteen, den Pfalzgrafen zu Sertis?"

Der Baron nickte zustimmend.

"Nun, wie mir von einer etwas desolaten Person aufgetragen wurde, soll ich darauf hinweisen, dass seine Hochwohlgeboren Hilbert von Hartsteen eine Narbe just an der selben delikaten Stelle besäße, wie Euer Hochgeboren auch..."

Der Baron zog überrascht eine Augenbraue hoch: "Woher hat Er diese intime Erkenntnis meiner einzelnen Versehrtheiten?"

"Dann stimmt es also?" Vitruv de Ghunee zeigte nun seinerseits eine unverhohlene Überraschung, "Der Kerl meinte, nur Euer Hochgeboren und er wüssten von dieser Gemeinsamkeit, und er bat mich, Euer Hochgeboren genau dies als Erkennungszeichen mitzuteilen." Eilig kramte darauf der Reisende aus seinem Ranzen ein zerknülltes Stück Papier hervor und überreischte es dem noch immer irritierten Baron. "Dies soll ich Euer Hochgeboren übergeben - von seiner Hochwohlgeboren Hilbert von Harsteen's eigener Hand überreicht"

Erlan von Zankenblatt nahm das von Wind und Wetter arg gebeutelte Stück Pergament entgegen und begann die einzelnene Zeilen sorgfältig zu studieren. "Hilbert! In der Tat! Ich erkenne seine ungelenke Handschrift."

Der Reisende lachte laut auf: "Das hätte ich fürwahr nicht für möglich gehalten, dass jener heruntergekommene Flohsack wirklich der ehemalige Pfalzgraf zu Sertis ist. Er stank nach Pisse und Erbrochenem. Ha, wenn ich das meinen Bekannten in Ferdok berichte, dann..."

"In welch einem despektierlichen Tone spricht Er von meinem erlauchten Bundesbruder?" herrschte der Baron den bürgerlichen Händler an, der augenblicklich verstummte. "Wir hoffen, Er hat sich nicht des Inhaltes dieser wichtigen Depeche bemächtigt, da Wir Uns sonst gezwungen sehen, seine Zunge mit glühenden Eisen herauszubrennen, auf dass Er fürderhin nicht mehr darüber zu berichten vermag, was seine Augen lasen."

Virtuv's Feixen verlor sich in einem aschfahlen Gesicht, in dem jede Freude zu Eis gefrohr. "Nein, Euer Hochgeboren seid versichert, dass dem nicht so ist. Bei den Zwölfen! Ich hatte ja keine Ahnung, dass der Pfalzgraf incognito reisen."

"In der Tat! Seine Unternehmungen sind von Reichsweiter Bedeutung und schulden Ihm keine weiteren Auskünfte." Der Baron warf mit einer unwirschen Handbewegung einige Münzen auf den Tisch: "Hier, nehme Er dies als Salär für Seine Dienste im Auftrage eines Vertreters des Hochadels und lasse Er sich in der Küche noch einen Kanten Brot und etwas Speck aushändigen. Er kann sich nun entfernen!"

"Häh?, aber das sind ja nur 12 Heller. Das hatte ich mit dem Bettler,...äh, verzeit, mit dem Pfalzgrafen aber ganz anders ausgemacht. Er sagte, ich hätte mit einer großzügigen Entlohnung zu rechnen."

Ein kurzer zorniger Blick des Barons ließ den aufgesprungenen Boten ein weiteresmal verstummen. Devot zog dieser seine Kappe und verließ rückwärts unter mehrmaligen Bücklingen den kleinen Salon.

Mit einer raschen Handbewegung läutete der Baron nun seinen Leibdiener Travian herbei, der sogleich dienstbeflissen mit Tuchefässchen und Federkiel erschien, um - wie so oft - den Monologen seines Herrn aufmerksam zu folgen und gegebenenfalls respektvoll zu kommentieren.

"So, in was für ein Schlamassel hat sich der gute Hilbert denn nun schon wieder begeben? Höre Er zu, Travian, damit Er im Bilde ist" Der Baron las das Schreiben mit gelassener aber interessierter Miene laut vor.

"Wo waren Wir stehen geblieben?...blablabla, Gejammer, dass er kein Geld mehr habe, blabla, ... ach hier: Hilbert verreist nach Kunchom! Na, da wären Wir jetzt auch gerne, bei dieser Firunskälte zur Zeit." Erlan von Zankenblatt nahm einen langen Schluck aus seinem Kelch mit warmen Gewürzwein, eher er weiterlas: "...wohin der dreizehnmal verfluchte, dämonenverhurte und orksche Paligan... Na, na, Was hackt der Hilbert denn so auf dem Paligan herum? Das ist doch eine ganz integere Person. Er hat Uns weiland während der Hochzeitsfeierlichkeiten sogar zugesichert, sich Unseres Kanalbau-Projektes anzunehmen"

"Von dem Euer Hochgeboren seither jedoch noch keine weiteren Rückmeldungen erhalten hat", mischte sich nun Travian ein.

"Nicht? ach, papperlapapp, der Paligan prüft die Planungen halt genauestens, so dass er früher oder später erkennen muss, welch unermesslichen Möglichkeiten sich aufgrund eines Kanals für das Reich ergeben. Überhaupt scheint es Uns, als sei diese ganze Geschichte um Hilbert eine Retourkutsche der Kaiserin. Wir hatten Hilbert damals noch gesagt, er solle es sich gut überlegen, ob er nicht doch zur Hochzeit der Kaiserin erscheinen wolle - alleine schon aufgrund des Protokolls und der eigenen Reputation. Jetzt hat er den Schlamassel."

"Euer Hochgeboren, es gehen die Gerüchte herum, dass sich der Pfalzgraf seit Jahren an der Krone bereichert habe! Insbesondere als unmittelbarer Vasall der Kaiserin ist dies kein Kavaliersdelikt, über das man als Monarch hinwegsehen kann" gab Travian zu Bedenken.

"Soso, mh, tja,.... ach, was sind Wir froh, dass Wir in Unserer Burg der eigene Herr sind. Da müssen Wir nicht ständig irgendwelchen Winkeladvokaten der Krone Rechenschaft ablegen, so wie der arme Hilbert als Pfalzgraf, der Uns ja deswegen schon des öfteren in den Ohren gelegen hat."

Majestätsich erhob sich darauf der Baron, eher er voller Pathos mit Blick in die Ferne fortfuhr: "Nun, Unser alter Freund und Bundesbruder soll nicht ob Unserer ausbleibenden Hilfe verzagen." Unmittelbar an seinen Leibdiener gewandt gab er die Order: "Travian, veranlasse Er, dass eine Schatulle mit 66 Golddukaten an Unseren guten Freund gesendet werden, gleichfalls noch einen Satz Brieftauben, auf dass er Uns jederzeit sein Leid klagen kann."

Der Leibdiener und Schreiber des Barons zog irritiert eine Augenbraue hoch: "Euer Hochgeboren, bedenkt, dass noch einige Rechnungen zu begleichen sind, die keinen weiteren Aufschub mehr dulden. Insbesondere die Wagenladung mit Bethaner Rosenwasser und Droler Spitze haben zu Buche geschlagen. Wir sollten die horasichen Händler nicht über Gebühr hinhalten, sonst können wir auf deren zuverlässigen Geschäftsbeziehungen nicht mehr zurückgreifen und müssen wieder über Elenvina einkaufen."

"Wenn es um Unseren Bundesbruder Hilbert geht, dann ist Uns Nichts zu teuer! Hat er Uns verstanden? Gut, dann wäre das geklärt. Was schreibt Hilbert noch?... mh, so im letzten Abschnitt: ...auch hoffe ich, dass es Eurer Gattin Trautmunde wohl ergeht... Was? Wie kann er es wagen, Unsere geliebte Trautmunde mit einem solchen Desinteresse zu begegnen? Wie kann er sich einen solch geschmacklosen Scherz erlauben? Es ist doch wohl fast ein ganzer Götterlauf vergangen, dass mein treues Eheweib Golgari grüßte und von dem feinen Pfalzgrafen zu Sertis kam noch nicht einmal ein schlichtes Kondolenzschreiben! Und jetzt, in einem heuchlerischen Anflug von schlechten Manieren, in dieser alten Wunde zu bohren!" tobend vor Wut fegte der Baron von Syrrenholt seinen Weinkelch vom Tisch.

"Ich darf vermuten, dass Euer Hochgeboren es sich bezüglich einer monitären Zuwendung an den ehemaligen Pfalzgrafen noch einmal überdenken wird?" hakte der Leibdiener des Barons in besonnener Ruhe nach.

"Vergesse Er die Dukaten. Wir senden dem feisten Grafen, nebst ein paar abgelegenen Wämsern und fadenscheinigen Beilingen, auch noch eine Dose ranziger Lavendel-Seife, die Uns der Gallsteiner einst veehrte - damit sind Wir wohl Unserer Pflicht als Bundesbruder zu genüge nachgekommen!"

Dienstbeflissen verließ darauf der Leibdiener den Salon des Barons, um eine kleine Reisetruhe auf den Weg ins ferne Khunchom zu schicken.