Geschichten:Briefe aus Khunchom - Der tiefe Fall eines Reichsrichters

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(Erschienen im Aventurischen Boten No. 175)

Khunchomer Hafenpostille, Phex 1038 BF

Hilbert von Hartsteen oder der tiefe Fall eines garetischen Adligen.

Khunchom. Die Verbannung aus dem Mittelreich in die heißen Tulamidenlande scheint Verstand und Anstand zu schaden. Ein gutes, wenngleich trauriges Beispiel dafür gibt der durch seine Strafe für Korruption und Amtsmissbrauch bekannt gewordene, ehemalige Breitenhainer Pfalzgraf Hilbert von Hartsteen ab. Behauptet dieser doch in seinem Khunchomer Exil, es existiere eine Verschwörung hinter dem Kaiserthron, in deren Mitte der Gemahl der Kaiserin, Rondrigan Paligan, stehen soll.

Reisenden aus dem Mittelreich gibt der verstoßene Garetier in seinem neuen Heim, einem schmierigen Hafenbordell, als Gegenleistung für einen Abszinto seine kruden Theorien zum Besten. Den zwölfmal verfluchten Erzschurken Helme Haffax bezeichnet er dabei etwa als bloßes Schreckgespenst der Kaiserkrone, dessen Fähigkeiten man deutlich überschätze und der für das Mittelreich keine echte Bedrohung darstelle. Die geschürte Angst vor dem ehemaligen Reichserzmarschall diene vor allem dazu, die Vasallen des Reiches enger an die Krone zu binden und die Provinzherren davon abzuhalten, ihre durch die Ochsenbluter Urkunde erworbenen Rechte, wie etwa die Hoheit über ihre eigenen Provinztruppen, auszuüben.

Glaubt man jedoch, von Hartsteens politische Spukmärchen könnten an Lächerlichkeit nicht mehr übertroffen werden, wird man eines Besseren belehrt. Eine besondere Rolle soll der Aventurische Bote spielen, der ein offensichtliches Sprachrohr der Kaiserkrone sei. So habe es keinerlei kritische Stimmen über die Hochzeit der Kaiserin mit einem Gefolgsmann ohne angemessenen Familienstammbaum gegeben. Stattdessen, so der verbitterte garetische Adlige, habe man die Vermählung mit dem Spross einer unbedeutenden Al’Anfaner Grandenfamilie und eines Flottenkapitäns als Jubelereignis inszeniert und mehr Wert auf die Beschreibung des Brautkleides gelegt als auf die Verbindung selbst. Der nächste Schritt, so behauptet jedenfalls der ehemalige Reichsrichter, sei die Darstellung Rohaja von Gareths als „Heldenkaiserin“.

Den Höhepunkt der Verleumdungen stellen Anschuldigungen gegen den Kaisergemahl dar: Angeblich über ein riesiges Netzwerk von Agenten verfügend, die sich unter ihresgleichen mit »Helden« titulieren sollen, spioniere der Reichsgeheimrat selbst engste Verbündete und Untertanen aus, um seine politischen Gegner auszuschalten. Das prominenteste Opfer dieses geheimen Netzwerkes sei niemand anderes als Reichserzkanzler Hartuwal Gorwin vom Großen Fluss gewesen, dessen Ermordung durch Kultisten des Namenlosen eine bloße Inszenierung gewesen sein soll. In Wirklichkeit habe Rondrigan Paligan mit dem nordmärkischen Herzog den schärfsten Verfechter der Ochsenbluter Urkunde beseitigt und seine eigene Position gegenüber den alten Adelshäusern des Mittelreichs deutlich gestärkt.

So unglaubwürdig und infam diese wirren Reden auch sein mögen, so mehren sich die Gerüchte, dass einige Mitglieder des alteingesessenen garetischen Adels ihnen mehr Ohren leihen, als angemessen wäre.

Charef ibn Saiman


Anm. der Redaktion: Wem der Verfolgungswahn des Hilbert von Hartsteen trotz der offensichtlichen Absurdität seiner Schilderungen dennoch zusagen sollte, der fühle sich herzlich aufgefordert, selbst einmal diese spezielle Khunchomer Hafenkneipe aufzusuchen und sich dem Anblick des gefallenen Reichrichters, den menschlichen Ausdünstungen und dem fragwürdigen Fusel zu stellen, der dort als Schnaps durchgeht. Hilbert von Hartsteen selbst kann lediglich empfohlen werden, sich dringend in die Obhut der Noioniten zu begeben.

(Baltram von Liepenberg für den Aventurischen Boten)