Geschichten:Ankunft am Hof

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Gareth, 2. Rahja 1045 BF:

Schwitzend unter der strengen Mittagssonne wartete die kleine Reitergruppe vor dem Tor der Alten Residenz. Während Junker Felian von Perainsgarten den Torwächtern geduldig Rede und Antwort stand nach dem Woher und Wohin blickten sich seine Begleitung, Knappe, Töchter und Waffenmägde weiterhin neugierig nach den Wundern der Stadt Gareth um. Auf dem riesigen Platz, den sie gerade überquert hatten, hätte ihr ganzes Heimatdorf Platz gehabt und der riesige Praiostempel zu ihrer Rechten war grösser als alles, was sie im Schlund je zu Gesicht bekommen hatten. Nach einiger Zeit öffnete sich knarrend das Tor und die Gruppe wurde tiefer in die Anlage geführt. Überall war emsiges Schaffen sichtbar, die Krönung des neuen Grossfürsten sollte schliesslich bereits in einem Monat erfolgen und es gab noch viel zu tun. In einem kleinen Hof schliesslich wurde die Gruppe von einer streng dreinblickenden Kriegerin in Begleitung von vier Kindern in Uniform der grossfürstlichen Pagen erwartet. «Junker Felian von Perainsgarten mit seinen Töchtern für Euch, meine Dame!» meldete der Wächter der Ritterin die Gruppe an und drehte sich anschliessend um, um zum Tor zurückzukehren. Seine Aufgabe hier war erfüllt.

«Edle Dame, darf ich euch zur Ernennung zur Grossfürstlichen Zuchtmeisterin gratulieren. Wie vereinbart bringe ich Euch hier meine Töchter Vorena und Traviata als grossfürstliche Schlunder Pagin und Knappin.» Akzeptierend nickte Brinhild von Gauternfurt Felian von Perainsgarten zu. «Pagin und Knappin,» die Ritterin betonte das letzte Wort und nur der Junker verstand den zweiten Teil des Satzes, «wir werden sehen.» Laut fuhr sie fort: «Willkommen am Grossfürstlichen Hof euer Wohlgeboren. Bitte sitzt ab.» Dann wies sie der Reihe nach auf ihre vier Begleiter: «Die Mitpagen eurer Töchter. Darf ich vorstellen: Geron von Gnitzenkuhl aus Perricum, Eugenius von Vairningen aus der Kaisermark, Aidara von Linara aus Waldstein sowie Melcher von Rathsamshausen aus Eslamsgrund.» Bei jedem Aufruf eines Namens trat ein Kind vor, verbeugte sich kurz vor dem Junker und trat wieder zurück in die Reihe.

Felian nickte jedesmal und seine neben ihm stehenden Töchter erwiderten jede Verbeugung mit ernsten Gesichtern die jeweilige Verbeugung. Während anschliessend zwei der Pagen Brin und die Waffenmägde mit den Pferden zu den Stallungen führten blickte Felian Brinhild fragend an, die unmerklich nickte. In einer fliessenden Bewegung, die manch einer dem riesenhaften Krieger nicht zugetraut hätte, ging der Junker auf ein Knie, legte seine Pranken um die Schultern seiner Töchter und zog sie an seine Brust. «Nun ist es soweit,» flüsterte der Junker mit feuchten Augen. «ich kann euch nicht weiter begleiten. Jede von euch hat jetzt ihren eigenen Weg zu gehen, ich bete zu Praios und Rondra euch gut genug darauf vorbereitet zu haben. Gebt immer auf einander acht, denn die Familie ist alles. Gehorcht der Zuchtmeisterin und euren Vorgesetzten, aber lasst euch von den anderen Paginnen nichts gefallen. Wer euch frech kommt kriegt eins auf die Nase wie wir es geübt haben.» Während die ältere Vorena ernsthaft nickte konnte die jüngere Traviata ein Schniefen und feuchte Augen nicht unterdrücken. Mit einem Kuss auf die Stirn verabschiedete Felian seine Mädchen in ihren nächsten Lebensabschnitt.


Von einem kleinen Balkon in der Nähe hatten zwei Hofschranzen alles mitverfolgt.


«Irgendwie süss. Dass der Perainsgartner so sentimental sein kann hätte ich ihm nicht zugetraut,» kommentierte die weibliche Hofschranze.

«Dachtest du denn, das sei nur so ein weiterer Schlagetot wie so viele Ritter?» stichelte die männliche Hofschranze ihr Gegenüber.

«Naja, ausser als Kämpfer ist er ja noch nicht sonderlich in Erscheinung getreten» erhielt er als Anwort zurück.

«Stimmt nicht ganz, offenbar hat er erhöheren Orts doch Aufmerksamkeit erregt.»

«Inwiefern?» Die weibliche Hofschranze hob skeptisch eine Augenbraue.

«Ein Vöglein aus der Kanzlei hat mir gezwitschert, der Perainsgartner soll Vogt in Eslamsgrund werden.»

«Wie denn das? Als Verwalter soll er umtriebig und pfiffig sein, wenn man meiner Quelle im Schlund glauben darf. Aber als Politiker...?»

«Zugegeben, im Blutigen Jahr hat er ziemlich unglücklich agiert. Aber schaut ihn euch mal aus Sicht der Krone an.» Das Grinsen der männlichen Hofschranze glich einem Frosch, der eine besonders fette Fliege erbeutet hatte. «Erstens, Loyalität! Perainsgarten ist in den letzten Jahren so ziemlich jedem Ruf der Krone gefolgt und hat sich in der Schlacht im Tal der Kaiser besonders hervorgetan; auch als Richter hat er eigentlich eine gute Figur abgegeben.»

«Vielleicht. Doch die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass er in Meilersgrund vor allem besorgt war die junge Siebenthal freizubekommen. Und wie hat sie es ihm gedankt?»

«Rahjas Nebel können jedem von uns mal die Sinne verwirren. Ausserdem benötigen der Grossfürst und der neue Graf in Eslamsgrund Gefolgsleute, deren Loyalität ausser Frage steht. Und die hat er unzählige Male bewiesen»

«Stimmt schon. Trotzdem, ich weiss nicht so recht.»

«Zweitens, so ganz talentfrei in Sachen Politik ist Perainsgarten offenbar doch nicht: Immerhin hat er es geschaft, gleich beide Töchter am Grossfürstenhof unterzubringen,» das Kinn der männlichen Hofschranze deutete auf die Kinder, «davon die Ältere sogar als Knappin, obwohl sie immer noch im Pagenalter ist. Wer hätte ihm das zugetraut?»

Die weibliche Hofschranze zuckte mit den Schultern. «Wahrscheinlich eher ein Versehen. Aber mal schauen wie die Zuchtmeisterin damit umgeht eine Pagin zu viel und eine Knappin zu wenig zu haben.»

«Wie wäre es mit einer Wette dazu, meine Liebe?»

«Meinetwegen. Um des Spasses halber sagen wir zehn Dukaten?»

«Um zehn Dukaten also. Wollen wir dies mit einem Gläschen begiessen? Dieser Kräuterbrand, den der Perainsgartner herstellt, soll ein ganz köstlicher Tropfen sein...»



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Texte der Hauptreihe:
2. Rah 1045 BF zur mittäglichen Praiosstunde
Ankunft am Hof
In der grossen Stadt


Kapitel 2

In der grossen Stadt


Kapitel 6

Damian der Tjoster

Vertrauter der Krone