Heroldartikel:Vom Madaspiegel

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Märchen und Sagen aus Dergelstein

Vom Madapiegel

Eine Mär aus Dergelstein. Aufgeschrieben und mit ergänzenden Kommentaren versehen von Rhys ap Rhiapp, Archivarius et Secretarius Ihrer Hochgeboren Gunilde von Dergelstein zu Dergelstein.

Vor langer Zeit, als die Götter noch leibhaftig auf Sumus Leib wandelten, da stand in dem Wald, den wir heute das alte Herz, Aldehjerte, nennen, eine große Stadt der Elfen. Sie nannten sie Shain-to, “das Boot, das auf den Bäumen treibt', und so war die ganze Stadt anzusehen.

Farbige Bahnen feinster Stoffe erhoben sich von den Baumwipfeln und flatterten im Wind wie die Segel von riesigen Masten. Leuchtende Standarten und Wimpel knatterten in der Luft, dass man ihr Schlagen und ihr Knattern bis nach Grensacht vernehmen konnte. jede Nacht leuchteten Tausende glühender Kugeln über der Stadt und bei Tag flatterten wunderschöne Vögel in den Wipfeln der Bäume und das Licht brach sich in ihren Flügeln, dass es aussah, als habe Tsas Regenbogen selbst in ihnen Zuflucht gesucht. Die Luft war erfüllt von Singen und Lachen und an den Feuern der Elfen wärmte sich so mancher müde Wandersmann die Hände und erfreute sich der Schönheit dieser Stätte.

Zu jener Zeit lebte in den Wäldern des Aldehjerte ein Elfengeschlecht, welches seine ganze Kunst der Fähigkeit verschrieben hatte, immer neue Geschichten zu erfinden und immer neue Lieder zu komponieren und sie hatten darin eine so große Meisterschaft erreicht, dass man sie sogar nach Tie'Shianna gerufen hatte, damit sie dort ihre Lieder und Geschichten zum besten geben sollten, allein, die Elfen konnten sich nicht von ihrer Stadt in den Bäumen trennen.

Unter den Elfen lebte aber ein junger Elf, der wurde überall als der Beste der Elfenkünstler von Shain-to gepriesen und man sagte ihm nach, dass die Bäume des alten Waldes näher zusammenrücken würden, wenn er ihnen seine Lieder sang und dass er mit seinen Geschichten sogar das Madamal zu fesseln in der Lage sei, so dass es den Himmel nicht mehr verlassen wolle. Von früh bis spät wanderte Oswinn durch die Wälder und Auen zwischen Dergel und Finsterkamm und wo immer sich ihm eine Lichtung darbot, da hielt er in seiner Wanderung inne, ließ sich nieder und strich die Harfe. Am Fuße des Nidaleg wohnte zu dieser Zeit eine junge Magd, die war weder besonders hübsch noch konnte sie auf irgendwelche besonderen Fertigkeiten verweisen. Aber wenn sie lachte, dann war es, als schiebe sich Praios zwischen dunklen Wolken hervor. Und zuhören konnte sie; wenn Ihr so zuhören könntet wie Iridiel, dann würde ich nie mehr aufhören, Eure Ohren mit Geschichten zu erfreuen.

Eines Tages, es muss so um Anfang Rahja gewesen sein, wurde Iridiel ausgeschickt, das weidende Vieh heimwärts zu treiben, welches unterhalb der Siedlung am Waldrand auf einer Weide graste9. Iridiel machte sich also auf und suchte das Vieh, begleitet nur von ihrem treuen Hund Annegas. Als sie das Vieh erreichte und zusammentrieb, bemerkte sie, dass ein Schaf sich von der Herde getrennt hatte und augenscheinlich in den Wald hinein gelaufen war. Iridiel bat Annegas, bei der Herde zu bleiben und lief in den Wald, das Schaf zu suchen. Lange lief sie auf der Suche nach Spuren am Waldrand hin und her, bis sie eine Fährte entdeckte, die pfeilgerade durch den Wald führte. Dieser Spur folgte sie und kam, nachdem sie - wie es ihr schien - keine Stunde gelaufen war, an eine Lichtung, in deren Mitte ein kreisrunder, tiefblauer See lag. Am Ufer stand das Schaf und trank und da Iridiel ebenfalls Durst verspürte, kniete sie sich nieder und trank ebenfalls vom Wasser des Sees.

Kaum hatte das Wasser ihre Lippen benetzt, als sie seltsame Klänge hörte, welche über die Lichtung hinweg zu ihr herüberklangen. Eine Harfe spielte eine klagende Melodie, welche so schön war, dass es Iridiel das Herz zu brechen schien. Sie folgte den Tönen und erblickte schon bald am Fuße einer mächtigen Blutbuche einen Elfen, welcher tief in sich versunken die Harfe strich. Lange Zeit verharrte sie und lauschte den Klängen und es schien, dass jede Melodie, welche der Elf spielte, sich direkt in den Augen des Mädchens widerspiegelte. Klagten die Harfensaiten über den unüberwindbaren Verlust einer Liebe, so verdunkelten sich die Augen und Tränen benetzten die Wangen des Mädchens. Spielte der Elf ein fröhliches Lied, so lächelte die Magd, dass selbst Praios so hell nicht hätte strahlen können. Und so kam es, dass sich ganz langsam die Liebe in das Herz der Magd stahl, die Liebe zu dem seltsamen Wesen, welches mit seinen Melodien ihr Herz berührte.

Oswinn, welcher natürlich eben jener Harfenspieler war, wurde ebenfalls gefangen. Er hatte das Gefühl, sich in den Augen des Mädchens zu verlieren und gleichzeitig wiederzufinden, als bringe die Menschenfrau in ihm eine Saite zum Schwingen, welche ihm schon immer gefehlt habe, deren Fehlen er aber bis zu diesem Zeitpunkt noch nie bemerkt hatte. Und während sich Mada langsam über den Saum des Waldes erhob und Praios sein Angesicht verdunkelte, spielte Oswinn seine Lieder für Iridiel. Und beide verloren sich im Auf und Ab der Töne. Als die Nacht endete, hatten beide den Grund ihres Seins vergessen und schenkten sich einander, als seien sie die ersten Wesen auf Sumus Leib. Und während Mada sich ein zweites Mal über die stummen Baumkronen erhob, übergab Oswinn seine Harfe dem kühlen Wasser des Sees, da er wusste, dass dieser Augenblick puren Glückes für immer dahin war und bereits den Vorgeschmack auf alles Leid der Welt in sich barg. Und als die letzte Note verklang, verließ der Elf Ufer des Sees um nie wieder zu spielen.

Iridiel aber war es, als erwache sie aus einem tiefen Schlaf. Und sie trauerte ohne zu wissen, worum. Als Iridiel mit dem Schaf den Waldrand erreichte, an dem sie die Herde bei Annegas zurückgelassen hatte, glaubte sie, ihren Augen nicht zu trauen. Die Herde war verschwunden und an dem Platz, auf dem sie Annegas das letzte Mal hatte sitzen sehen, erhob sich nun ein Stein, auf dem in verwitterten Lettern geschrieben stand: “Hier starb Annegas, treuer Gefährte, wartend auf seine Iridiel welche nie mehr zurückkehren sollte, nachdem er siebzehn Götterläufe an dieser Stelle verharrt und den Platz nie verlassen hatte.”

Als Iridiel Dergelstein erblickte, wurde ihr klar, dass die zwei Tage, welche sie am Ufer des Madaspiegels zugebracht hatte, sie aus ihrer Zeit heraus getragen hatten und sie niemals wieder in ihr altes Leben zurückkehren würde. Als ihr dies klar wurde, kehrte sie um zum Madaspiegël und versenkte sich, nachdem sie fünf weitere Tage an dessen Ufer auf die Widerkehr Oswinns gewartet hatte, selbst.in seine Tiefen. Oswinn aber blieb verschwunden und weder Elf noch Mensch, weder Zwerg noch Ork haben je wieder etwas von ihm gehört.

In manchen Nächten aber, wenn das volle Madamal über dem See steht, dann kann man Oswinn Harfe vom Grund des Sees spielen hören. Und in die Töne der Harfe mischt sich das zarte Lachen einer jungen Frau. Und wer zu lange den Tönen der Harfe lauscht, so sagt man, der wird die Welt, wie er sie kannte, nicht mehr wiederfinden, so wie es Iridiel passiert ist. Dass diese Geschichte aber der Wahrheit entspricht, dafür verbürge ich mich, habe ich doch selbst, als ich noch jung war, einmal einen jungen Mann aus dem Wald treten sehen, ganz altmodisch gekleidet und ganz bleich im Gesicht, der mir erzählt hat, er habe Iridiel lachen hören und dem Klang einer Harfe gelauscht.



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Texte der Hauptreihe:
Autor: Nina P.