Heroldartikel:Große Feierlichkeiten in der Baronie Syrrenholt

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Große Feierlichkeiten in der Baronie Syrrenholt anlässlich der Fertigstellung des ersten Teilabschnittes des neu initiierten Kaiser-Hal-Kanals.

Das erste Baulos des großen Kanalbauprojektes ist seit Ende Rondra fertiggestellt und wurde am ersten Efferd durch hohe Honoratioren aus Aristokratie und Klerus in einer ereignisreichen Zeremonie eingeweiht.

Er verbindet fortan den kleinen syrrenholtschen Weiler Niedereschen mit der Rakula, immerhin eine Strecke von rund 10 Meilen. Dabei regulieren, neben der Hauptschleuse am Einlass, unzählige kleine Schleusentore den Wasserstand. Gespeist wird der Kanal zum überwiegenden Teil durch das Wasser der Rakula. Daneben sollen etliche Rigolen, Gräben und eigens angelegte Regenbecken für eine ausreichende Versorgung des Kanals mit dem so notwendigen Wasser sorgen. In der Gemarkung Maarblick mussten gar zwei kleine Seen in Anspruch genommen werden, um den enormen Wasserbedarf des neuen Flussbettes stillen zu können.

An jenem ersten Tage des Mondes des Efferd begab man sich also in den beschaulichen Ort Niedereschen, bislang einer unter vielen, und typisch für das garetische Land: Die rund ein Dutzend Häuser reihen sich entlang der Reichsstraße 6 und geben den etwa 50 Seelen trauliche Heimstatt. Eben dieses, bislang wohl als verschlafen zu bezeichnende Dorf, quoll weiland über an schaulustigem Volk. Unzähliges Publikum hatte sich zu dem außergewöhnlichen Ereignis eingefunden.

Die Reichsstraße, bislang ohnehin hochfrequentiert, war bereits in den frühen Morgenstunden vollends überfüllt, da etliche Bauern aus den umliegenden Gemarkungen ihre Arbeit für einen Tag ruhen ließen, um Augenzeuge jenes einmaligen Schauspiels zu werden.

Unzählige Krämersleut und streunendes Gauklervolk bevölkerten zudem den Anger des kleinen Dorfes - sehr zum Unmut des Ortsvorstehers - und hofften auf einen ertragreichen Tag. Der Schulze hatte indes alle Hände voll zu tun, die unüberschaubare Menschenmenge zum eigentlichen Schauplatz zu dirigieren und seine Gemeinde vor den Auswirkungen einer großen Menschenansammlung zu bewahren. Dennoch kam es zu mehreren kleineren Zwischenfällen, als sich nicht wenige der Angereisten nach langer Reise in den Gärten der Anwohner erleichterten, und sich eben jene dies nicht gefallen ließen.

Doch das eigentliche Spectaculum fand, wie bereits angemerkt, nicht in besagtem Ort selbst statt, sondern einige hundert Schritt entfernt, jenseits eines kleinen Tannichts. Dort dominierte ein hoch aufragendes Bühnengestell die Szenerie. Dieses war eigens für die hochherrschaftlichen Gäste errichtet und mit weiten Bahnen an Linnen überspannt worden, um die edlen Mannen und Frowen vor der gar zu arg brennenden Praiosscheibe zu bewahren. Dies war auch bitter nötig, denn an jenem Tage beglückte des Götterfürsten Glanz wieder reichhaltig unser geliebtes Königreich und nicht eine Wolke trübte den azurblauen Himmel. Dies war zu erwarten, stöhnten die Garetier doch schon seit geraumer Zeit unter der drückenden Hitze einer steten Hochsommersonne. Doch, obschon des lindernden Schattenwurfes, sah man hie und dorten einige der holden Frowen mit bleichem Gesicht und kaltem Schweiß auf der Stirn niedersinken. Eine peinliche Ohnmacht konnte meist nur durch das Öffnen ihrer zu engen Mieder und eine rasche Erfrischung durch gereichte feuchte Tücher abgewendet werden.

Unter der illustren Gesellschaft waren zum Einen die Meister und Gesellen aller beim Bau beteiligten Zünfte zu vermelden. Jene glänzten in ihren bunten Trachten und boten ein farbenfrohes Bild und eine jede Zunft ließ es sich nicht nehmen, einen Lobspruch auf das Bauwerk auszurufen, so dass das Bier in Strömen floss. Neben den Zünften waren auch diverse Vertreter des Klerus anwesend. So konnte man eine Abordnung aus Angbar und dem dortigen Hochtempel des Ingerimm erblicken, die sich zu den Zünftigen gesellten. Etwas überraschend war die spontane Anwesenheit mehrerer Geweihte der Tsa, die den Hauch des Neubeginns, der jene Festivität umwehte, bereits im Vorfeld wahrgenommen hatten. Unter den geladenen Gästen waren fürwahr auch etliche adelige Herrschaften. So konnte man unter anderen den Baron zu Höllenwall nebst Gattin beim Parlieren mit dem Baron zu Uslenried erblicken. Aus dem Schlund war eine ansehnliche Delegation angereist. Dies war nicht weiter verwunderlich, da sich weiland gerade die Schlunder sehr für den Weiterbau des Kanals engagiert hatten. Unter ihnen war auch die Frau Baronin von Erlenstamm zugegen, die es sich nicht hatte nehmen lassen, an der Feierlichkeit selbst teilzunehmen.

Die hochrangigsten Gäste hatten indes eine eigene Loge inmitten der Tribüne. Dort saßen neben dem Gastgeber, Hochgeboren Erlan von Zankenblatt zu Syrrenholt, zwei ungleiche Vettern. Zum Einen seine Hochwohlgeborene Herrschaft Danos von Luring, Graf zu Reichsforst. Zum Anderen seine Hochwürden Praiodan von Luring, erster königlicher Rat Garetiens und somit Stellvertreter ihrer königlichen Majestät Rohaja von Garetien.

Allesamt waren sie interessierte Beobachter und Zuhörer, die auch gerne ihre eigenen Meinungen über den Kanal, den Siegestempel – ein Thema, das zum Unmut des Barons von Zankenblatt manches mal mehr Interesse weckte, als der eigentliche Anlass der Versammlung – oder die anstehenden Missernten kund taten.

Baron von Zankenblatt war indes allüberall zugegen. Nichts sollte das geplante Schauspiel – das er wohlweislich auf das Hochfest der Efferdkirche, den Tag des Wassers, gelegt hatte, trüben, wollte er doch mit diesem Ereignis noch Weitere, Unentschlossene für ‚seinen‘ Kanal gewinnen. So konnte man ihn hier händeschüttelnd mit neu eingetroffenen Gäste oder dort mit ausschweifenden Gesten das Bauwerk erklären sehen.

Jenes Bauwerk besteht seit jenem Praioslauf aus einem großen Graben, der an seinen Flanken zusätzlich mit Deichen erhöht ist (siehe auch die Ausführungen im Herold Nr. 15). Gerade an der Stelle, wo die Ehrentribüne stand, ist der Kanal auf über das Doppelte verbreitert. Hier ist eine Ausweichstelle für sich begegnende Schiffe vorgesehen – so der Kanal denn dereinst fertiggestellt und die beiden Weltmeere miteinander verbunden sein werden. Der Kanalabschnitt endet bislang hingegen einige Meter weiter abrupt vor dem abgeböschten Erdreich.

Das Spektakel, das an jenem Tage solche Menschenmengen jeden Standes angezogen hatte, sollte zur Efferds-Zeit, also zur dritten Stunde nach Mittag, mit der Flutung des Kanals erfolgen. Bis dahin hatte der Baron zu Syrrenholt mannigfaltige Unterhaltung vorgesehen: Für das einfache Volk spielten Spielleute auf, gar ein tanzender Bär ward dorten zu bestaunen. Für die geladenen Gäste wurde reichlich Speis und Trank gereicht, so daß die Stimmung all über all wohlwollend und ein jeder gespannt auf den Höhepunkt ward gewesen.

Nach einigen recht trockenen und eher theoretischen Erläuterungen durch den obersten Baumeister, Magus Cormac ui Dunvallo mit Namen, was den Kanal und die Probleme seiner Realisierung – nicht die finanziellen sondern die baulichen– anbelangte, wurde die Festversammlung durch eine Attraktion unterhalten, die sich in den garetischen Landen seit einigen Götterläufen immer größerer Beliebtheit erfreut.

Man mag Bedenken hegen wider all das Söldnervolk, das sich seit geraumer Zeit in den Grafschaften breit macht, doch neben all dem Unbill, was solche Horden mit sich bringen, eines ist derart ansprechend, daß es sich schnell etablieren konnte und von den vielen Festen des einfachen Volkes nicht mehr weg zu denken wäre:

Die Rede ist hier vom farbenfrohen Fahnenschweddeln.

Nicht weniger denn zwei mal zwölf Fahnenschwänker, die im Takte einer militärischen Melodei ihre bunten Fahnen, Wimpel und Standarten durch die Luft sausen und wirbeln ließen, hatte der Baron für jenen Tag bestallt. Jenes farbenfrohe Bild fand großen Anklang beim Publikum, sintemal beim geladenen Adel, hatte der Baron zu Syrrenholt doch die Wappenfarben der angereisten Edelleute für dieses Spektakel auserwählt. Dabei hatte er die Order gegeben, daß das Wappen Garetiens nebst den Farben des Grafen von Reichsforst am höchsten zu schleudern seien. Der Staatsrat und sein Hochwohlgeborener Vetter nahmen dies wohlwollend zu Kenntnis.

Zur Praiosstunde ließ es sich dann der angereiste Staatsrat doch nicht nehmen, selbst einige Worte an die versammelten Untertanen der garetischen Krone zu sprechen. In seiner Rede, die er wie gewohnt mit eifrigem Klang über die versammelten Andächtigen verbreitete, mahnte er, trotz der Verwirklichung eines solch hehren Bauwerks, wie es der Kanal offenkundig sei, nicht in eine heimtückische Hybris zu verfallen und weiterhin die alleinige Allmacht des heiligen zwölfgöttlichen Pantheons – Praios voran - zu achten. Keinem Menschen, sei er noch so versiert in gelehrten Dingen, sei es in diesen Zeiten vergönnt ohne der Götter Gnade zu bestehen.

Darum solle unser aller Streben, Mühen und Eifer alleine zum Ruhme der Zwölfeinigkeit bestimmt sein. Dieser verdeckte Aufruf zur Unterstützung des Siegestempels wurde durch den Baron zu Syrrenholt mit grimmiger Miene aufgenommen.

Völlig überraschend verkündete der wortgewandte Staatsrat inmitten seiner feurigen Predigt den Namen, unter dem fortan, und nach Absprache mit seiner königlichen Hoheit Rohja von Garetien, der neuerrichtete Kanal zu benennen sei:

‚Kanal aller freien und zwölfgötterlichen Lande unter des heiligen Raulschen Reiches vom Greifenthrone zu Gareth‘.

Die Zuhörer schauten allesamt überrascht über diese unvermittelte Verlautbarung. Der Baron zu Zankenblatt selbst schien von dieser Absprache nicht informiert gewesen zu sein, denn er tauschte ungläubige Blicke mit seinen Getreuen. Insgeheim hatte er wohl gehofft, bei der Bestimmung des Namens einige Worte mitreden zu können. Doch die hohen Räte der königlichen Verwaltung schienen erkannt zu haben, daß dieses Projekt zwar von wenigen regionalen Baronen getragen wird, nichts desto weniger aber von reichsweitem Belang ist.

Um zu hohe Ambitionen der Kanalbau-Sozietät bereits im Vorfeld zu unterbinden hatte man im Geheimen die notwendigen Beschlüsse gefasst und die Freunde des Kanalprojektes vor vollendete Tatsachen gestellt.

Schließlich näherte sich die langersehnte Stunde, und das gemeine Volk drängte auf die Deiche, um eine bessere Sicht auf das nun Folgende zu erlangen. Am Rande des Erdwalls wurden sie jedoch bereits durch Landsknechte des Barons aufgehalten, da der Baumeister Bedenken hegte ob der großen Zahl an Gaffern. Darob hatte man eigens ein hölzernes Gatter errichtet, welches die Schaulustigen genügend weit von den Bauwerken entfernt hielt, ihnen aber dennoch eine einigermaßen gute Sicht auf den Kanal erlaubte.

Recht aufgeregt war man, und viele ungläubige Blicke sprachen das aus, was nicht wenige dachten. Für das einfache Volk war es schlichtweg unbegreiflich, daß man alsbald an den Gestaden der Rakula stehen werde, wo doch eben jene wohl über 10 Meilen entfernt ihren Lauf nimmt. Gar manch ein oberschlaues Bäuerlein freute sich schon auf die Möglichkeit, nunmehr selbst eine Forelle oder Saibling angeln zu können, wo man eben diese bislang noch von Händlern gegen teuer Geld hat erstehen müssen. Aber auch unter den hohen Herrschaften waren zweifelnde Mienen zu erkennen.

Zu Beginn der nun folgenden Einweihung ertönte der volle Klang eines großen kupfernen Gongs, der eine Prozession einleitete, die von zwölf Efferd-Novizen gebildet wurde. Dabei durchquerte sie den Festplatz und teilte die wartende Menge gleich einem wogenden Meer und geleitete so keine geringere als die Meisterin des Flusses, Quelina von Salmfurt, zu einem hölzernen Podest. Dort oben, auf erhöhter Warte, vollzog sie die spirituellen Handlungen, in deren Verlauf eine gläserne Schale mit klarem Quellwasser dem alveranischen Herrn der Meere, Flüsse und Seen geweiht wurde. In diesem Wasser befand sich ein kleiner, unscheinbarer Fisch, der als Weihegabe in den Kanal gegeben werden sollte, sobald dieser geflutet ward. Eine große Freude kam auf, als ihre Eminenz unerwartet und entgegen dem Protokoll einige Hände an geweihtem Naß über die wartende Menge vergoss, zumal diese seit geraumer Zeit im prallen Sonneschein schwitzen musste.

Nach Vollendung aller notwendigen Liturgien richtet sich aller Augenmerk auf den noch trockenen Kanal. Alle warteten auf den großen Augenblick, in dem sich die tosenden Wassermassen aus der Rakula in das neue Bett ergießen würden und somit ihren Weg von der fernen Rakula ins hiesige Syrrenholt fänden.

Atemlose Stille herrschte, als der Baumeister hoch aufragend gen Westen blickte. Er sollte das Signal an die aufgestellten Streckenposten geben, die zum Einen das Signal an weiter entfernte Posten - bis zum Einlaß an der Rakula - weitergeben und zum Anderen die vielen Zuläufe im rechten Augenblick öffnen sollten. Doch noch ehe man sich fragen konnte, wie er jenes Zeichen wohl geben werde, erstrahlte die rechte Hand des Baumeisters, die er hoch erhoben hielt, im Glanze der Sonne und aus dem gleißenden Licht drang ein schillernder Strahl, der gen Himmel strebte, wo er einen Bogen beschrieb und sich in etlichen Meilen Entfernung wieder gen Erdboden neigte. Der Lichtbogen schillerte dabei in den Farben des Regenbogens, was von den überraschten Zuschauern mit einem Oh und Ah bedacht wurde.

Der Baron von Zankenblatt war guter Dinge. Nicht ohne Hintersinn hatte er das Zeichen Tsas für diesen Neubeginn gewählt.

Später war zu vernehmen, daß der Magus das beeindruckende Schauspiel mit Hilfe eines kleinen Glasstückes – er nannte es Prisma – und etwas arkaner Kraft vollbracht hatte. Der Staatsrat selbst war weniger erbaut über das Gesehene, zu stark ist die immer noch andauernde Kontroverse zwischen der Praios- und der Tsakirche über die Wirkungsweise jener Prismatoiden, die wohl die Fähigkeit inne haben, den Glanz Praios in die Vielfalt Tsas zu verwandeln.

Doch kommen wir noch einmal zurück auf die Geschehnisse am Kanal. Alle Augen richteten sich nunmehr gen Westen und warteten auf die eintreffende Flut. Etliche Augenblicke regte sich nichts, so daß es unter dem gemeinen Volk schon zu den ein oder anderen schnippischen Bemerkungen kam. Der Baron von Zankenblatt zeigte beherrschte Gelassenheit und sprach von einem weiten Weg, den das Wasser nehmen müsse. Da ertönte plötzlich das helle Rufen eines kleinen Kindes, das als erstes den nahenden Rinnsal gewahr wurde. In der Tat brach keine donnernde Flutwelle heran, sondern ein kleines Wasserband kroch in der Mitte des Kanals gemächlich auf die wartenden Honoratioren zu. Nun wurde selbst der Baron zusehends unruhiger und begann eindringlich mit seinem Baumeister zu beratschlagen. Jener konnte augenscheinlich auch keine weiteren Erklärungen abgeben, da er ratlos mit seinen Schultern zuckte.

Um die wartende Hochgeweihte nicht noch mehr zu verärgern, stand jene doch noch immer an exponierter Stelle unbeschattet dem glühenden Auge Praios ausgesetzt, gab der Baron einige rasche Befehle an seine Untergebenen, die daraufhin eilends mehrere Eimer Wasser aus den dorfeigenen Brunnen schöpften und in den Kanal entleerten, so daß sich eine kleine Lache bildete, die durch den staubig trockenen Boden schnell trübe wurde. Der Rinnsal der mittlerweile das Ende seines neuen Weges erreicht hatte, war derart kärglich, daß er mancherorts bereits im Praiosschein verging oder in der trockenen Erde versiegte.

Nach einigen Dutzend Eimern Wasser forderte der Baron die sichtlich irritierte Hochgeweihte für das Binnenland auf, mit dem finalen Akt der Einsegnung des Kanals fortzufahren.

Jene war jedoch auf das Äußerte pikiert und weigerte sich den kleinen Fisch in den trüben Tümpel zu setzen. Der Baron, dessen glorreicher Tag in einem Fiasko zu enden drohte, trat einige Schritte an die Geweihte heran und sprach mit eindringlichen Worten auf sie ein, worauf jene schließlich zustimmend nickte und, schweißgebadet, den Unterpfand der Gnade Efferds in den Kanal entließ. Kaum tauchte da der kleine Fisch in die trübe Brühe ein, als sich das Wasser einen kurzen Augenblick klärte und der Fisch vor aller Augen verschwand! Obschon diese Begebenheit als wahrhaftiges Wunder des Launenhaften angesehen wurde, und somit von einigen als gutes Omen für den Kanal gewährtet wurde, war die fidele Stimmung verschwunden.

Schon bald darauf drängten einige der weiter angereisten Gäste zum Aufbruch.

Das gemeine Volk erfreute sich jedoch nach wenigen verdutzen Minuten wieder an den mannigfaltigen Unterhaltungen und manch eine unerhöhte Zote über das Gesehene entwisch dem ein oder anderen weinseligen Mundwerk. Der Baron lud derweil die noch verbliebenen Edlen zu sich auf Burg Zankenblatt, um dort, weit ab von der Stelle seiner persönlichen Schmach, noch ausgiebig zu parlieren. Mit Sicherheit kann man sagen, daß der Baron zu Syrrenholt mit dem Verlauf jenes Tages keinen der potentiellen Mäzene von den Erfolgsaussichten des Kanals überzeugen, geschweige denn für eine finanzielle Unterstützung gewinnen konnte. Gerade was die Geldmittel anbelangt scheint der Baron an seine Grenzen gestoßen zu sein, worauf die vermehrt auftretenden Besuche durch pfalzgräfliche Zehntleute und diverse Geldverleiher schließen lassen.

Doch was war der Grund für das aufgetretene Malheur?

Bereits am frühen Abend des ereignisreichen Tages machten Gerüchte die Runde, erboste Bauern aus den westlichen Gemarkungen Syrrenholts und Rubreths hätten die vielen Zuläufe, mit denen der Kanal gespeist werden sollte, besetzt und ein Öffnen verhindert, da diese um ihre darbenden Äcker bangten, denen das wertvolle Naß durch die Zuleitungen abgegraben würde. In Zeiten wie heuer ist es fürwahr nicht verwunderlich, wenn sich das ansonsten so ruhige und bescheidene Bauernvolk derart drastischer Mittel bedient haben sollte. Man munkelt, es sei gar zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen, als eine kleine Horde Bauersleut mit Axt und Mistgabel bewaffnet die von einigen wenigen Landsknechten bewachten Zuläufe in Rohden und Tannheim besetzen wollten.

Heuer, da ich diesen Bereicht verfasse, ist die hehre Wasserstraße – auf der dereinst majestätische Schiffe aller sieben Meere fahren sollen - allenfalls ein kleiner Tümpel zu nennen, in dem Kinder aus den anrainenden Gemeinden im brackigen Wasser ihre kleinen Holzschiffchen schwimmen lassen.

Bleibt noch zu vermelden, daß seit jenem Tage die Arbeiten an der Kanaltrasse zum Erliegen gekommen sind. Von offizieller Seite heißt es dazu, daß man den hart arbeitenden Bauleuten nunmehr, nach den verstärkten Anstrengungen in den Monden Praios und Rondra, eine wohl verdiente Rast gönnen wolle, um dann im kommenden Frühjahr erquickt und mit frischer Kraft den Weiterbau beginnen zu können.


Bosper Tannhauser, reisender Chronist