Geschichten:Zwei Reiche, ein Vertrag – Wege der Diplomatie

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Mantrash'Mor, 12. Travia 1041 BF:

Das Verhandlungsklima in der dritten und letzten Verhandlungswoche hatte sich deutlich verschlechtert. Namenloses Misstrauen war überall greifbar und keiner schien seinem Gegenüber noch zu trauen. Selbst Geweihte waren vor Anfeindungen nicht gefeit. Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor und Zordan von Rabicum hielten den Lichtbringer Arkon von Hohe insgeheim für einen Diener des Namenlosen, da dieser die Wahrheit über wichtige Ereignisse bewusst zurückhielt. Doch war dies unmöglich zu beweisen. Hier und da tauchten besorgniserregende Nachrichten über Visionen der Illuminestra oder gefälschte Abschriften des Silem-Horas-Ediktes auf. Reto und Zordan fingen eine eben solche, sehr beunruhigende Nachricht an den Rahja-Geweihten Miguel de Calzada ab. Auch Reto selber erreichte eine Nachricht aus unbekannter Feder.

nicht genannt
 
 
 
 
„Es ist durchaus bekannt, dass Ihr zuletzt danach trachtetet, die Kirchen zu entzweien, um Eure politischen Ziele zu erreichen. Nun scheint es uns an der Zeit dies wiedergutzumachen!“
 
 
 
 
unbekannt

Doch ließ sich der Reichsvogt von Solcherlei nicht beirren, die Staatsräson ging vor. Ungerührt versuchte er, gemeinsam mit Zordan von Rabicum, ihre Agenda weiter voranzutreiben.

Reto hatte in den letzten Wochen sehr diskret Gespräche mit der aranischen Delegation geführt, so wie es der Auftrag seines einflussreichen Gönners gewesen war. Die Aranier wollten von den beiden Reichen ein klares Bekenntnis zum Status von Anchopal als Teil des Mhaharaniyat erreichen. Zum Hintergrund: Das Horasreich hatte während des Beilunker Reichstages des Neuen Reiches einen Vertrag mit dem Gesandten des gorischen Sultans geschlossen, in dem die Annexion von Anchopal durch Gorien legitimiert wurde. Ein ähnlicher Vertrag mit dem Mittelreich konnte damals gerade noch so verhindert werden und das war auch gut so. Denn nach dem Reichstag soll es im Kalifat zu Verstimmungen zwischen Kalifen und Sultan Hasrabal gekommen sein – wie Zordan von Rabicum aus vertraulicher Quelle zu berichten wusste – weil dessen Gesandter vorgegeben hatte, für das ganze Kalifat zu verhandeln – was aber gar nicht sein Auftrag war.

Die aranische Delegation konnte ebenfalls auf die Unterstützung des al'anfanischen Gesandten Ioconda Paligan bauen, denn auch Al'Anfa schien ein Interesse daran zu haben, Sultan Hasrabal und den Kalifen gegeneinander auszuspielen. Daher war die Achse Al'Anfa – Aranien gar nicht so überraschend wie anfangs gedacht.

Ersteinmal gehörte die Bühne dem horasischen Comto Erlan Sirensteen von Irendor. Der Baron vom Yaquirbruch hatte in Beilunk den Vertrag mit dem Gorier verhandelt und war nun sehr bemüht, diese Schmach wieder auszumerzen. Reto konnte sich also erst einmal zurücklehnen und abwarten, denn er hatte in den letzten Wochen im Hintergrund den Boden bereits bereitet. In dem Gespräch mit der Abgesandten der Mhaharani, Ferushan Veharis, an dem auch Reto als Delegierter des Mittelreiches im weiteren Verlauf teilnahm, unterbreitete der Comto den Vorschlag, dass beide Reiche die Grenzen des Mhahraniyat Aranien des Jahres 1022 nach Bosparans Fall bekräftigen sollten. In dem Jahr war Anchopal noch Teil Araniens.

In einer für einen Horasier typisch blumigen Sprache erklärte der Baron, dass dies schon der Plan in Beilunk gewesen sei und der Vertrag mit dem Gorier nur eine Finte um das Mittelreich dazu zu bewegen, die Unabhängigkeit Araniens anzuerkennen. Reto wie auch Ihre Exzellenz Veharis tauschten wissende Blicke, denn der Greifenthron hatte die Unabhängigkeit Araniens schon vor vielen Götterläufen anerkannt. Bestrebungen von Seiten des Reiches, sich Aranien wieder einzuverleiben, gab es nicht. Der Reichsvogt der Gerbaldsmark wertete die blumigen Worte des Comto als Versuch, vor seinem Horas gut dazustehen und die Schmach von Beilunk in Vergessenheit zu bringen.

Sei es drum, inhaltlich was dies genau das, was Retos Auftraggeber verlangte. So hielt der Reichsvogt ausführlich Rücksprache mit Reichserzkanzler Alarich von Gareth-Sighelmsmark und der veränderte Passus konnte so in das Vertragswerk mit aufgenommen werden. Reto lächelte ungläubig in sich hinein, hatte er doch der alten Heimat seines Hauses einen Dienst erwiesen, was, so hoffe er, am Ende auch auf ihn abstrahlen würde. Doch war dies in allererster Hinsicht ein Dienst für das Reich, denn Aranien war inzwischen ein enger Verbündeter des Greifenthrons.

Die folgenden Punkte im Peraine Passus, wie die Rückführung der Menschen der zurückeroberten Lande in die 12göttliche Gemeinschaft und die Reinigung der verderbten Lande, wurden schon im Vorfeld der eigentlichen Vertragsverhandlungen ausgehandelt. Reto sah Großgaretiens Beitrag dafür bereits als geleistet an, schließlich hatte der großgaretische Adel sehr freigiebig für die Ostmarken gespendet und auch eine Vielzahl Geweihte dorthin geschickt.

Auch Zordan von Rabicum war in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben. Der Seneschall der Markgrafschaft Perricum konnte erfolgreich den Ausbau der mittelreichischen Westflotte verhindern, was die Perlenmeerflotte mit ihrem Heimathafen in Perricum zur wichtigsten neureichischen Flotte machte.

Doch war dies nur ein Nebenschauplatz. Das Hauptaugenmerk von Zordan war der Hesinde Passus, was Reto mitunter mit Kopfschütteln quittierte, doch erkannte auch er die immense Bedeutung für das Reich mit all seinen regionalen Glaubensauslegungen und Riten. Besonders für Perricum, mit seinen verschiedenen Völkern, war dieser Passus von größter Wichtigkeit.

Der Rondra Passus brachte die Reduzierung der stehenden Truppen an der gemeinsamen Grenze, sowie einen Beistandspakt gegen verderbte Mächte.

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Zufrieden prosteten sich Reichsvogt Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor und Seneschall Zodan von Rabicum am Ende der feierlichen Unterzeichnung des Vertrages von Mantrash'Mor zu. Sie hatten beide großartige Arbeit geleistet - für ihren Auftraggeber, für Großgaretien und für das Reich.

„Auf den Markgrafen Rondrigan Paligan!“, Zordan erhob seinen Becher gefüllt mir besten yaquirtaler Wein.

„Auf den Markgrafen!“, lächelnd erhob auch Reto seinen Becher, „Auf die kommenden Feierlichkeiten in Oberfels!“