Geschichten:Zwei Reiche, ein Vertrag – Blick in die Sterne

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Markt Inostal, Grafschaft Südpforte, Königreich Almada, 18. Efferd 1041 BF:

Es war geschäftig dieser Tage im Örtchen Inostal, denn hier an der unmittelbaren Nähe der Grenze zum Reich des Horas trafen sich die Gesandte des Mittelreiches. Reichsvogt Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor saß entspannt mit einem Becher Yaquirtaler im Speisesalon seiner Unterkunft, einem durchaus passablen Hotels mit Blick auf die trägen Fluten des Yaquirs.

Das Grenzgebiet zwischen Horasreich, Mittelreich und dem Kalifat war in den letzten Götterläufen Schauplatz vieler militärischer Konflikte gewesen. Auch wenn man in Gareth für gewöhnlich die Ränder des Reiches zu ignorieren pflegte, Reto verstand sich in erster Linie als Bürger des Reiches. Daher hatte er auf der Fahrt quer durch Almada Dutzende Dossiers gelesen. Gute Vorbereitung war ein hohes Gut.

Reto war etwas überrascht gewesen, als er zum Teilnehmer der mittelreichischen Gesandtschaft berufen wurde. Doch vor allem schmeichelte es seinem Ego, das musste Reto sich eingestehen. Wie sein seliger Vater, würde nun auch er dem Reich nun an besonderer Stelle dienen. Noch überraschter war er jedoch, in wessen Auftrag er handeln und die Vertragsverhandlungen beeinflussen sollte. Und mehr noch, das vom ihm explizit gefordert wurde, mit der aranischen Delegation Kontakt aufzunehmen. Ihm, dem reichstreuen Exil-Aranier, dessen Familie nach der Unabhängigkeit Araniens sämtliche Ämter und Titel verloren hatte und aus dem Land vertrieben wurde. Eine mehr als heikle Angelegenheit, doch Reto war vorbereitet.

Der Reichsvogt der Gerbaldsmark war natürlich nicht alleine nach Inostal gereist. Er wurde von seinem Privatsekretär Romelio von Agur, seinem persönlichen Knappen Salix Borontreu von Zolipantessa und seinem Verwandten Ramin begleitet. Letzterer sollte nun das erste Mal in die schattenhafte Welt der Diplomatie eingeführt werden. Als Bedeckung hatte er die kaiserlich Gerbaldsmärker Hausritter Tawil von Ehrenstein und Deromir Leuwart von Rossreut mit auf die lange Reise genommen. Eine Wahl, die sich noch auszahlen sollte.

Romelio betrat den edel eingerichteten Salon und nickte dem Reichsvogt zu. Reto verstand, stand auf und zog sich in sein Gemach zurück. Dort warteten bereits Romelio, Ramin und Tawil.

„Meine umtriebigen Vögelchen, was habt ihr mir zu berichten?“ In freudiger Erwartung sah Reto die beiden an.

„Nun“, begann Tawil, „nach den Vorfällen auf dem letzten Reichstag sind Markgraf Sumudan von Bregelsaum und mein entfernter Verwandter Herzog Bernfried von Ehrenstein überhaupt nicht gut aufeinander zu sprechen. Man sagt, sie würden sich selbst in Fragen des Wiederaufbaus entzweien und aus Prinzip nicht die Meinung des anderen Teilen.“

„Sehr gut“, der Reichsvogt klatschte erfreut in die Hände, „das wird das Band zwischen den Ostmarken und dem Herz des Reiches nur noch stärken. So wie es sein soll. Romelio?“

„Ich hörte in den schäbigen Schenken, dass Niam von Bosparan auch ihre Finger bei den Verhandlungen im Spiel haben soll. Ob da was Gutes bei herauskommen kann, wenn Verbrecher sich in Staatsangelegenheiten mischen? Ich weiß ja nicht … .“

„Mein guter Romelio, es ist oft nicht so leicht zu erkennen wer die wahren Verbrecher sind. Zuweilen handeln die, die wir für welche halten, aufrichtiger als die, dessen Rüstung makellos in Praios Antlitz glänzt.“

Romelio nickte zustimmend.

„Ich habe mir während dessen um eine lokale Spezialität gekümmert.“

„Dem Wein?“ Romelio grinste amüsiert, doch gefror dieses wieder, als er den tadelnden Blick seines Herren gewahr wurde.

„Ich bin im benachbarten Unterfels gewesen.“

„Im Horasreich?“, fragte Romelio ungläubig.

„Genau eben dort, natürlich inkognito. Und wofür ist diese Stadt bekannt? Also außer für ihre wahrlich imposanten Festungsanlagen. Na? Ich sage es euch, sie ist bekannt für ihre Sterndeuter.“

Romelio und Tawil schauten sich verwundert an.

„Na na, spottet nicht über mich. Nach all den Veränderungen am Sternenhimmel ist es nicht verkehrt einen Blick in die Sterne zu wagen. Es war erstaunlich, einer dieser Gelehrten hat mir für die anstehenden Friedensverhandlungen ein Horoskop erstellt.“ Reto kramte einen Zettel hervor. „Horas steht in der Eidechse, was soviel bedeutet wie 'Harmonischer Neuanfang oder Erneuerung der Harmonie', Ucuri ist in Konjunktion mit dem Kaiserstern, das heißt, 'das vorhaben der Kaiser wird von Erfolg gekrönt werden'. Simia steht im Greifen – und das ist mein persönlicher Höhepunkt, denn das bedeutet 'Kreativität schafft neue Ordnung'.“

„Das sind beste Omen für den anstehenden Vertrag!“, entgegnete Romelio freudig.

„Das wird sich zeigen, aber eine neue Ordnung ist genau das was wir brauchen.“

Es klopfte an der Tür. Salix und Deromir traten ein. Letzterer gab dem Reichsvogt ein Stück Pergament. Darauf waren einige Namen verzeichnet.

„Baronin Madalena Falcomar di Rastino von Nordhain, diese Dame dürfte für uns noch relevant werden.“ Vielsagend lächelnd legte der Reichsvogt das Pergament zusammen und ließ es in seiner Brusttasche verschwinden.

„Mein Herr“, unterbrach Salix Retos Gedanken, zwei Herren wüschen Euch zu sehen.“

„Ah ja, fast hätte ich die beiden vergessen. Ich werde erst spät zurück sein, also nehmt euch den Rest des Abends frei. Vielleicht solltet ihr auch mal einen Blick in die Sterne riskieren.“ Zwinkernd verließ Reto sein Gemach.