Geschichten:Welf – Sehnsucht

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Burg Scharfenstein, im Phex 1048 BF

Die Herrin Tsa hatte das Land erwachen lassen. Das Gras sprießte saftig grün auf den Wiesen, die ersten Blumen waren in allerlei tsagefälligen Farben erblüht, die Biber besserten die Winterschäden ihrer Biberburg aus und ein paar Störche hatte sich oben auf der Schildmauer niedergelassen und ein Nest gebaut. Ihr Geklapper war weithin zu hören. Ein gutes Zeichen hatte ihm das Geweihtenpaar der Herrin Travia aus Schwarztannen versichert und Schwester Lindegard hatte nur zustimmend genickt.

Vieles hatte der Tsa verändert. Nur der Fuchs, der Fuchs war noch immer da. Irgendwann hatten sie aufgegeben, ihn fangen zu wollen. Drego war überzeugt, dass weder Gefahr von ihm drohte, noch dass sie ihm habhaft werden konnten, wenn er dies nicht wollte und er wollte derzeit nicht. Sogar als Ailsa ni Rian mit Drego, Luned und Ederlinde auf ihr Reichsrittergut an der Brache aufgebrochen war, verließ er Scharfenstein nicht. Er blieb. Und wurde zutraulicher. Das war allerdings kein Zufall. Baron Drego hatte sich entschieden, dem Tier auf andere Art und Weise Herr zu werden: Er brachte ihm Häppchen. Zuerst versteckte sich das Tier unter dem Bett oder hinter den Truhen, dann jedoch wurde es mutiger. Wagte einen Blick auf den merkwürdigen Besuch, der immer abends das Essen brachte und irgendwann, schnappte er sich etwas davon und versteckte sich wieder. So ging das eine ganze Zeit, bis das Tier in aller Ruhe die kleinen Fleischstücke aus dem Schälchen heraus fraß und sich nicht einmal mehr mühte sich zu verstecken.

»Sag mir nicht, dass du sie nicht auch vermisst«, murmelt Baron Drego.

Kauend hob das Tier seinen Kopf und schaute ihn mit seinen braunroten Augen an.

»Du wartest doch auch auf sie. Auf Ederlinde.« Der Blick des Barons glitt zum Bett seiner Tochter. Der Fuchs schlang den Brocken herunter, setzte sich auf und blickte sich ebenfalls zum Bett um. Dann legte er seinen Kopf leicht schräg.

»Was ist es nur, was du mit meiner Tochter hast?«, wollte Drego wissen, »Geht es um eine Angelegenheit des Herrn Phex? Schickt er dich? Aber warum sollte er? Ich stehe ihm nicht sonderlich nahe. Steht Ederlinde ihm nahe? Nun, sie wurde im Phex geboren. Genügt ihm das?«

Der Fuchs beugte sich erneut über das Schälchen, nahm das verbliebene Häppchen heraus und würgte es herab.

»Ich sollte ihm einen Schrein errichten. Das kann nicht falsch sein. Du bist ja hier.« Nun zuckte er mit den Schultern. »Ederlinde wird wiederkommen«, schloss er und sprach dabei mehr mit sich selbst, als mit dem Tier, »Sie wird wieder kommen.«


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Texte der Hauptreihe:
K2. Gejagt
Phe 1048 BF
Sehnsucht
Verwundet


Kapitel 5

Autor: Orknase