Geschichten:Waldlöwe brüllt und kreuzt seine Tatzen

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Kloster Leuenfried, 2. Rondra 1043, Tag der Heiligen Dythlind

Zwei Personen führen ihre mitgereisten Gefolgsleute an, die des Klosters dunkelnden Hof füllen, um eine dritte, hier maßgebende Person zu hören. Diese drei sind Drego von Luring, Odilbert von Hartsteen und Invher ni Bennain.

Drego ist dieser ganze Streit unangenehm. Er weiß, dass er hier sein Gesicht wahren muss und will auch nicht nachgeben, ist aber froh, dass er die Entscheidung, ob es jetzt zur Fehde kommt oder nicht, in Rondras Hände legen kann. Das heißt nämlich, dass er keine eigene Entscheidung fällen muss. Drego ist mit seinen engsten Gefolgsleuten angereist – viele davon haben schon seinen Vater unterstützt. Von seiner eigenen „Bande“ ist diesmal keiner dabei.

Odilbert ist ein Heißsporn, der über andere triumphieren will. Dass die Königin den Richtspruch im Göttinnenurteil will, nimmt er widerwillig hin. Er hat keine Loyalitäten gegenüber der Familie Luring (anders als viele seiner Ritter) und würde sich lieber im Kampf messen, um sich einen Namen zu machen, Er findet, Hartsteen ist in den letzten Jahren ausreichend gebeutelt worden, und denkt, dass Hartsteen einen Kampf auch gewinnen würde: Der ausgehungerte Wolf ist umso gefährlicher und hat einen unbedingten Siegeswillen. Reichsforst hingegen hat nach dem Tod des Königs der Ritter dramatisch abgebaut. Ihm fehlt eine Führungspersönlichkeit, als die sich Odilbert sieht.

Invher kann ihrer Nichte den Wunsch nicht ausschlagen, das Rondraurteil zu begleiten. In der Sache hat sie keine Karten im Spiel – wenn sie auch kein Interesse an einem Bürgerkrieg hat, zu dem sich Fehden so leicht ausweiten können. Sie kennt aus ihrer Heimat selbst noch den Krieg von Schwester gegen Schwester und Bruder gegen Bruder. Das Praiosorakel gibt auch der Rondrakirche Rätsel auf. Dennoch gibt es eigene Interpretationen und Andeutungen der Göttin: Invher erhebt vor dem Zweikampf ihre Stimme in Richtung der angereisten Scharen an Rittern und Adligen:

"Rohaja, meine Nichte, Ihre Majestät die Königin, bat mich, den über des Zwistes Schied zwischen den alten Häusern Luring und Hartsteen zu wachen. Deshalb treffen wir uns heute hier zu Leuenfried, im Zeichen des Gesetzes, der Zwölfgötter und der himmlischen Leuin. Die Königin wünscht Schlichtung. Sie wünscht Vergebung und Verzeihung und sehnt sich nach dem Frieden für ihr und Euer Königreich. Doch ich kann der Kaiserin Wunsch nicht über der Göttin Bedürfnis stellen. Denn frommes Beugen des Hauptes ist nicht, was die himmlische Leuin in diesem Zwist sieht.

'Der Waldlöwe brüllt und kreuzt seine Tatzen!', wurde das Jahresorakelverkündet, und weiter: 'Rot kündet es das Ende'. Wie zu Rudewerth, dem Schließer des Sonnentempels, Herre Praios sprach seinen Wahlschluss, so spreche ich, was die Göttin mir als Botschaft sendet: Kein großer Zwist kann ohne vergossenes Blut zu einem Ende kommen. Des Götterfürsten Schwester heißt mich, Euch zu verkünden: Fließen wird Blut!

Der Rondra Gebot lautet: Hier und heute sollen beider Häuser rechte Kämpfer mit ihrem Grafenschwerte fechten, bis dass geflossen sei das dritte Blut, bis dass einer darniederliege und Mythrael seine unterlegene Seele von der Walstatt an Rondrens Tafel geleiten werde.

Hochwohlgeboren Drego, gegürtet mit Güldenbeiß, Hochwohlgeboren Odilbert, gegürtet mit Morsang, werdet Ihr der Leuin zu Ehren kämpfen, bis dass einer von Euch obsiegt und einer diese Welt verlässt?

Darauf antwortet Drego: „Vor der Leuin schwöre ich, dass ich, Graf Drego von Luring zu Reichsforst, das Ergebnis des heiligen Zweikampfs akzeptieren werde. Ich mache von dem ehrenvollen Recht alter Sitte Gebrauch, einen Stellvertreter zu senden. Wer von meinen Vasallen ist bereit, für Reichsforst in die Bahn zu treten und Güldenbeiß zu führen?

Nicht ohne Zaudern tritt schließlich Nimmgalf von Hirschfurten hervor, beugt das Knie vor seinem Grafen und bittet: "last mich, Graf Drego, an Eurer Statt und für Reichsforst kämpfen, wie ich es schon so oft getan."

Keiner hätte eines anderen Ritters Namen genannt als Hirschfurtens. Graf Drego senkt erleichtert seine Hand auf Nimmgalfs Schukter und verkündet: "So sei es! Nimmgalf von Hirschfurten wird Güldenbeiß führen. Möge Rondra seinen Arm führen!“

Einzelne Hartsteener erheben den Vorwurf, Drego verhalte sich ehrenrührig, doch weist Odilbert sie zurecht: „Das ist sein Recht und basta.“ Natürlich tritt dann aber Odilbert seinerseits nicht selbst an, sondern fragt seien Vasallen: „Auch ich schwöre vor der Leuin, für Hartsteen den Richtspruch der Göttin anzunehmen, Auch Hartsteen wird einen Vertreter in die Bahn senden. Wer wird das Grafenschwert Morsang für Hartsteen führen?“

Die Blicke der Hartsteener suchen Felan Rondrik von Schallenberg - doch der Aldenrieder ist nicht da. Sein Ross ist gestürzt und hat den Recken nur wenige Tage vor Sankt Dythlind verletzt. So tritt Praiodan von Steinfelde hervor: "Lasst mich Hartsteens Schwertarm sein, Euer Liebden!" Odilbert zögert keinen Augenbick, sondern verkündet: „So sei es, Praiodan von Steinfelde wird Morsang führen, Möge Rondra seinen Arm führen!“ Der Steinfelder Junker wendet sich dem Kampfplatz zu,

Invher aber beobachtet genau, sammelt sich und ruft: "Und Ihr Gäste: Schwört Ihr, der Leuin Urteil zu akzeptieren?" Laut erschallt der Zuspruch der Vasallen: "So sei es!"

Dann kommt es zur Aufstellung. Die beiden Kämpfer erhalten aus den Händen ihrer Anführer die Grafenschwerter, die gesegnet werden müssen. Dazu bittet beide Kämpfer, sich dicht nebeneinander hinzuknien. Invher selbst selbst kniet Dich hinzu, um Ihnen Rondrens Segen in den Zweikampf zu geben, den einer von beiden nicht lebend verlassen würde.

Nun beginnt der schicksalhafte Kampf zwischen Hirschfurten und Steinfelde. Zwei erfahrene, zwei würdige Stellvertreter in diesem Duell auf Leben und Tod, das die Fehde verhindern sollte, indem nurt eis Kämpfers Blut flösse und Leben verginge, statt derer hunderte und tausende. Ein erster Tropfen Blut dringt aus einer Wunde an Steinfeldes Wade: Hat Hirschfurten, hat Reichsforst Rondrens Huld?

Doch dann ein Kreischen, ein Funken: Beide Schwerter verkeilen sich, so dass sie nicht mehr zu trennen sind. Die Kämpfer rufen: „Es hat sich verkeilt!“ - „Das Schwert kommt nicht los“ Invher tritt schnell hinzu und besieht sich die ineinandergeschobenen Klingen, fasst beiden Klingen an der Kreuzstellen an, wo sie wie verbunden sind, nimmt sie den Kämpfern prüfend, sinnend, grübeln aud den Höänden und legt sie auf den Altar.

Eine atemlose Pause tritt ein, ein ungläubiger Moment der bangen Stille.

Die Geweihte schneidet sich beide Handflächen am Rondrakamm und beobachtet, wie das Blut in der Altarschale zusammenfließt. Dann erhebt Invher laut ihre Stimme, nachdem sie mit ihrer Göttin Zwiesprache gehalten hat:

"Zweifach schnitt ich mich bis zum Blute, mit jeder Seite der Klinge einmal.

Und als meine von der Herrin geschenkte Kraft in diese Schale floss, hörte ich die Worte ihres göttlichen Bruders erneut in meinem Geiste hallen, wie das Klingen von Stahl auf Stahl:

'Der Waldlöwe brüllt und kreuzt seine Tatzen', heißt es dort und weiter: 'Und aus dem Himmel ergießt sich das Abendrot.'

Rot ist der Sinn des diesjährigen Orakels, rot ist erfüllt mein Geist, und Rot ist die heilige Farbe der Leuin. Der Greif weiß und die Leuin weiß, dass dieses Jahr im Zeichen des Blutes steht. Es begann auf Rondrens spielerischer Wiese, auf dem Boden des Turniers mit einem 'Blutigen Jahr', und ich sage Euch: Es wird ein Blutiges Jahr!

Des roten Zolls ist lang noch nicht genug entrichtet. Rondra will Euer aller Ehre sehen im Kampfe! Großer Zwist fordert mehr als nur ein Opfer von gräflichem Blut: 'Rot füllt es die Au.'

Reiset unter dem Schutz der Kaiserin Frieden, dann aber wird Blut fließen. Und es wird Fehde sein, so lange, bis die Löwin satt ist und ihr Sohn lacht.“

Die Ritterinnen und Ritter verharren staunend, schauernd, abwartend. Dann wenden sich aller Blicke ihren Anführern zu.

Drego zögert, wirkt hilflos, entscheidet dann fest: „Ich muss mich beraten. Ich breche sofort nach Luring auf.“

Auch Odilbert zögert, dann ruft er seinen Leuten zu: „Mein Vater muss dies erfahren, Ich reise sofort ab.“

Und so trennen sich die Grafschaften ohne Schied durch die Göttin - und fließen wird Blut.