Geschichten:Von Mythen und Monstern - Walpurgensbotschaft

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Burg Trollhammer, 19. Praios 1037 BF

Völlig am Ende seiner Kräfte hatte der Waldläufer Wolfhart am übernächsten Tag endlich die Burg des Barons erreicht. Durch seine eilige Flucht durch das Gebirge sah er übel mitgenommen aus. Die Burgwachen hatten ihn zunächst für verrückt gehalten, als er ihnen seine Geschichte erzählt hatte, doch als Dahlia, eine Adjutantin Tsaianes, ihn erkannte und wenigstens die Angaben zu seiner Identität bestätigen konnte, lies man ihn schließlich unter Bewachung zum Baron vor.


Nachdem Nimmgalf von Hirschfurten die Tragweite von Wolfharts Walpurgensbotschaft (benannt nach Herzogin Walpurga von Weiden, die 1019 BF die Nachricht von der Rückkehr Borbarads zum Kaiserhof brachte) begriffen hatte, ließ er noch zur selben Stunde eine Sitzung mit seinen Getreuen im Burgpalas einberufen. Hinzubeordert hatte er seinen Neffen und noch recht jungen Hausritter Berulf, dessen Vater Vogt Josmin von Grattelbeck, Junkerin und Truppenkommandantin Tsaiane von Talbach, ihren Bruder den Burghauptmann zu Trollhammer Rutger von Talbach und Nimmgalfs Leibmagier Arlin Turjeleff von Riva. Wolfhart war ebenfalls eingeladen, da er noch einmal ausführlich über die gestrigen Ereignisse berichten sollte.


„… Ich dachte schon, mein letztes Stündlein sei gekommen, doch der Drache befahl mir nur mich zu entfernen, und den Menschenherrschern zu berichten, dass jeder des Todes sei, der seine Ruhe stört. Dann bin ich nur noch gerannt so schnell ich konnte. Und schließlich - zwei Tage später - hab ich die Burg erreicht. Und … das war’s dann.“ Damit beendete er seine Ausführungen.


Für einen Moment herrschte Stille. Dies waren in der Tat erschütternde Neuigkeiten. Nicht nur das Junker Bernhelm von Edfelden und seine Tochter tot waren, jetzt hauste auch noch ein Drache irgendwo in den Bergen, und könnte jederzeit anfangen die umliegenden Dörfer zu verheeren.


„Ist es ganz sicher, dass der Junker und seine Tochter tot sind?“ fragte ihn Nimmgalf schließlich und blickte dabei mit einer Mischung aus Sorge und Unmut.

„Ja, Herr! Daran besteht kein Zweifel. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie beide von dem Drachen getötet wurden.“


Tsaiane fragte ihn: „Und wie groß ist dieser Drache?“

Wolfhart sah sie an: „Er ist gewaltig! Sein Leib misst sicher mehr als zehn Schritt, seine Flügel erreichen ausgebreitet mindestens 15 Schritt Spannweite. Seine Klauen sind so groß, sie würden kaum auf diesen Tisch passen. Die Augen sind so breit wie Teller, seine Zähne erreichen zum Teil Längen von über einem Spann. Wahrlich Herrin, nie sah ich ein grässlicheres Wesen. Weder hier noch anderswo.“


„Faszinierend!“ meldete sich da Arlin Turjeleff, Nimmgalfs Hofmagier, zu Wort. „Und seine Schuppen hatten eine dunkelviolette Färbung, sagtest Du?“ Der Angespochene bestätigte dies mit einem Nicken. Nimmgalf warf dem Magier einen missmutigen Blick zu. Solch Enthusiasmus erschien ihm in dieser Situation etwas unangebracht zu sein. „Habt Ihr etwa eine Vermutung ob der Natur dieses Drachens, Meister Turjeleff?“ sprach er ihn an.


Dieser entgegnete: „Wenn mich nicht alles täuscht, handelt es sich bei diesem Exemplar um einen Purpurwurm, eine recht seltene Spezies, die bekanntlich zu den großen Drachen zählt, eine Lebenserwartung von mehreren Jahrtausenden aufweist, dabei hochintelligent, äußerst magiebegabt und sehr versiert in der Magica Controllaria und …“


„Wir wollen nur eines wissen, Herr Magier“, unterbrach Ritter Berulf von Hirschfurten, der sich vor nicht allzu langer Zeit bereits den Greifenstern in Silber verdient hatte, seine Ausführungen: „Wie können wir dieses Vieh erledigen?“ Dabei trommelte er provokant mit der Hand auf seinem Schwertknauf.


Der Magier blickte ihn überrascht an: „Ihn töten? Einen Purpurwurm? Das weiß ich nicht. Doch dazu braucht es sicher mehr als nur Pfeil und Schwert.“


„Das ist nicht sehr hilfreich!“


„Tut mir leid, aber ich bin sicher kein Experte für Drachenbeseitigung. Ich kann lediglich das wiedergeben, was ich aus Legenden kenne. Und mir ist keine bekannt, die vom Sieg über einen Purpurwurm berichtet“, entgegnete der Rivaner Magier etwas gekränkt.


Tsaiane wandte sich noch einmal an Wolfhart: „Und als die Edle auf den Drachen schoss, hat sie ihn da verwundet?“ „Nun, der erste Pfeil hat ihn ins Bein getroffen, aber kaum gekratzt. Der zweite jedoch traf seinen Hals, worauf der Drache laut aufbrüllte und zornig wurde. Scheinbar hat er ihn spürbar verletzt. Es spritzte auch etwas von seinem heißen Blut herum. Zum Glück stand ich aber ausreichend weit weg.“


„Wenn er blutet, können wir ihn töten“, warf Berulf grimmig ein.

Arlin schnaubte ungläubig. „An Eurer Stelle wäre ich da nicht so optimistisch, Herr Ritter! Außerdem handelt es sich mitnichten um einen „er“ sondern vielmehr um eine „sie“ wir Euch aus dem Bericht klar geworden sein sollte!“


Der Ritter setzte schon zu einer heftigen Entgegnung an, doch Nimmgalf unterbrach den Disput: „Wie auch immer, wir können nicht zulassen, dass dieses Wesen meine Baronie in Angst und Schrecken versetzt. Zunächst einmal herrscht Stillschweigen über das hier Gehörte. Es sollen nur die davon erfahren, die mit solchem Wissen auch umgehen können.


Josmin, Ihr setzt ein Edikt auf, dass das Betreten des Rakulawaldes ab sofort bei schweren Strafen verboten ist. Dieses wird in alle angrenzenden Junkertümer verteilt, also Altenbeek, Talbach, Rakulsquell, Trollthal und Hirschwalden. Und prüft, wer in Rakulsquell dem gefallenen Junker Bernhelm nachfolgen soll.“ „Wie Ihr wünscht!“ Der Burgvogt nickte.


„Rutger, Ihr versetzt Burg Trollhammer in einen verteidigungsbereiten Zustand. Überprüft die Befestigungen und die Geschütze. Eventuell müssen wir einzelne ersetzen oder Munition nachkaufen. Da schlimmstenfalls mit Feuerangriffen gerechnet werden muss, brauchen wir auch genügend Löschmaterial. Und prüft, ob sich die Dachkonstruktionen feuerfest auskleiden lassen.“ „Ich werde alles veranlassen, Herr!“ antwortete der Burghauptmann ergeben.


Dann wandte sich Nimmgalf an seinen Neffen: „Berulf, Ihr erhaltet das Kommando über einen Trupp von erfahrenen Rittern und Kämpfern, die ich Euch im Einzelnen noch nennen werde. Das Ziel ist, den Drachen aufzuspüren und zu erledigen, oder ihn zumindest aus meiner Baronie zu vertreiben. Der Waldläufer Wolfhart wird euch begleiten und zu seinem Versteck führen.“


Dieser wurde bleich als er seinen Namen hörte. Die Vorstellung sich erneut dem Drachen auszusetzen machte ihm furchtbare Angst. „Ver… verzeihung, Herr, aber…“

„Und was hat er dazu zu sagen?“ fragte Nimmgalf ihn mit hochgezogener Augenbraue.

„Bei allem Respekt, aber die Aussage des Drachen war eindeutig: wer seine Ruhe stört ist des Todes!“


Nimmgalf musterte ihn streng: „Zunächst einmal gebe ich in meiner Baronie die Befehle, und sonst niemand, auch kein Drache. Dieses Wesen hat es gewagt, in mein Land zu kommen und meinen Junker zu töten. Das kann nicht toleriert werden. Es bleibt dabei. Die Entscheidung steht. Berulf?“


Der Angesprochene musste zunächst durchatmen, akzeptierte den Auftrag dann aber ohne zu zögern mit einem „Wird erledigt!“


Alsdann wandte sich der Baron an die Kommandantin der Kavallerie: „Tsaiane, Ihr sucht weitere unerschrockene Kämpfer unter den Reichsforster Soldaten in Samlor aus. Aber bitte diskret. Es sollen keine Gerüchte über eine anstehende Drachenjagd die Runde machen. Wir müssen um jeden Preis eine Panik in der Bevölkerung vermeiden.“ Auch Tsaiane nickte: „Alles klar!“


„Arlin, Ihr versucht herauszufinden, wie man gegen diese Drachenart am besten vorgehen kann.“

Der Magier blickte ihn überrascht an und antwortete: „Nun, ich kann das gerne versuchen. Wie viel Zeit habe ich denn dazu?“ „Höchstens zwei Wochen. Dann schlagen wir los!“ entgegnete Nimmgalf entschlossen.

Arlin schüttelte den Kopf: „Ich bezweifle allerdings, dass das reichen wird!“

„Dann versucht es wenigstens. Wohlan, jeder kennt seine Aufgaben. Berulf, Ihr kommt mit mir in den Salon, dort werden wir festlegen, wer Eurem Kommando angehören soll. Alle anderen, viel Erfolg. Dem Waldläufer wird freie Kost und Logis gewährt, für seine Mühen soll er 15 Goldstücke erhalten. Ich erwarte pünktlich Berichte sobald es etwas Neues in dieser Angelegenheit zu vermelden gibt. Gehabt Euch wohl. Die Zwölfe mit Euch.“


Schließlich war die Besprechung beendet. Sie verließen das Burgpalais mit gemischten Gefühlen. Wenn der Bericht des Waldläufers der Wahrheit entsprach, hatten sie ein Problem. Und das war sicher kein kleines.

Auch Wolfharts Gedanken rasten. Was nützten ihm all die Goldstücke, wenn er letztlich als Drachenmahlzeit endete?



 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Grafschaft Reichsforst.svg  
 Wappen Baronie Hirschfurten.svg
  Wappen Stadt Samlor.svg  
 Burg.svg
 
19. Pra 1037 BF zur abendlichen Boronstunde
Walpurgensbotschaft
Fort, nur fort von hier!


Kapitel 4

Autor: Nimmgalf