Geschichten:Von Mythen und Monstern - Gefahr im Rakulawald

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Irgendwo im Rakulawald, am Mittag des 17.Praios 1037

Bernhelm von Edfelden, den Junker zu Rakulsquell, beschlich zunehmende Unruhe. Schon seit einigen Tagen war er mit einer kleinen bewaffneten Expeditionsgruppe bestehend aus seiner Tochter Sangitta, dem Waldläufer Wolfhart und seinen beiden Waffenknechte Elgor und Jannik im Rakulawald unterwegs. Sie wollten den merkwürdigen Berichten der letzten Zeit nachgegen. Einige Wanderer wurden vermisst und dem Bauer Herndt von einem abgelegenen Hof war vor einer Woche eine Kuh gerissen worden. Den Kadaver fand man ein paar Meilen weiter am Waldrand. Er war regelrecht zerfetzt worden. Was hatte das alles zu bedeuten?


Bernhelm kannte den Wald schon seit Jahrzehnten, aber das hieß noch lange nicht, dass er sich auch mit allem auskannte, was dort vor sich ging. Gestern hatten sie den alten Bogumil besucht, einen Hüter des Waldes, der in einer kleinen Kate lebt, und sich eine Weile mit ihm unterhalten. Auch er war seltsam beunruhigt, irgendwas versetzte die Tiere der Umgebung immer wieder in Panik. Bernhelm war fest entschlossen herauszufinden, was sich hier umtrieb. Schließlich wollte er den Herrn Baron nicht mit irgendwelchen Schauergeschichten konfrontieren, sondern mit handfesten Fakten.


„Seht mal, dort drüben!“ rief Wolfhart, der Fährtensucher. Auf einer kleinen Lichtung schien ein Kampf stattgefunden zu haben: überall sah man geknickte Äste und kleinere umgestürzte Bäume. Aber das Beunruhigendste war der Kadaver eines großen Schwarzbären, der völlig ausgeweidet am Rand der Lichtung lag. Das getrocknete Blut schien etwa ein oder zwei Tage alt zu sein. Der Bär wies grässliche Wunden auf.


Sangitta blickte die anderen besorgt an. „Welches Vieh ist in der Lage einem ausgewachsenen Bären so etwas anzutun?“ „Keine Ahnung. Vielleicht ein Rudel Wölfe?“ warf Elgor ein. „Glaub ich nicht, ansonsten müssten hier doch auch ein paar Wolfskadaver liegen, meinst du nicht?" „Möglich. Wir sollten von nun an höchste Vorsicht walten lassen“, entgegnete Bernhelm. Elgor und Jannik blickten sich äußerst beunruhigt in alle Richtungen um. Angst stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Angst vor dem Unbekannten.


„Wolfhart, kannst Du aus den Kampfspuren irgendetwas erkennen?“ fragte der Junker. Der Waldläufer begutachtete den Schauplatz, kniete mal hier, mal dort, besah sich den Boden und die umgestürzten Bäume. Hier sind Abdrücke von… von…“ „Nun sag schon, wovon?“ „Ich weiß es nicht. So was hab ich noch nie gesehen. Sie sind gewaltig.“


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Sie waren den Spuren eine Weile gefolgt. Sie schienen zu einer Höhle zu führen. Was auch immer dort hauste, es musste recht groß sein. Ein seltsamer Geruch lag in der Luft. Alle hatten ihre Waffen bereit, Sangitta und Wolfhart hatten ihre Kurzbögen eingespannt und einen Pfeil angelegt.

Wolfhart schlich sich leise an den Rand des Höhleneingangs und blickte hinein. Es war nichts zu hören. Er winkte den Rest herbei und zündete eine Fackel an.

„Wir wissen nicht ob das Wesen gerade hier ist. Aber wir müssen in jedem Fall vorsichtig sein. Habt ihr gehört?“ wies Bernhelm die anderen an. Sie nickten. Ihnen schlugen die Herzen bis zum Hals, als sie sich im flackernden Fackelschein langsam tiefer in die Höhle begaben.


Je tiefer sie eindrangen, desto stärker wurde der Geruch. Es roch wie… in einer Raubtierhöhle, doch viel intensiver als sie es jemals erlebt hatten. Sie hatten noch eine Fackel entzündet, doch sehr weit reichte ihr Schein nicht gerade.

Plötzlich hielt Wolfhart inne. „Da hinten glitzert etwas!“ Die anderen blickten in die Richtung, in die er deutete. Ein Schimmern und Glitzern war im Fackelschein zu sehen. „Bei Phexens Sternenhort! Das ist ja ein Schatz!“ rief Jannik aufgeregt und lief schnurstracks drauf zu. Elgor folgte ihm. „Wartet doch, Ihr Idioten! Seid vorsichtig!“ zischte Sangitta ihnen hinterher. Doch sie waren schon zu weit vorgeprescht. „Gold! Ein riesen Haufen Gold! Edelsteine und Geschmeide! Seht euch das an! Wir sind reich!“ freute sich Elgor. Jannik hatte schon mit vollen Händen hineingegriffen und ließ die Goldtaler durch seine Finger prasseln. Elgor tat es ihm gleich. „Das ist ja unglaublich. Was für ein Glück!“ Sie stopften sich die Taschen voll. Bernhelm und Wolfhart waren ebenfalls beeindruckt, horchten jedoch weiterhin, ob sich irgendetwas tat. Derweil hatte Sangitta einen Durchgang zu einer weiteren Höhle im hinteren Bereich erspäht. Sie nahm sich eine der Fackeln und hielt vorsichtig darauf zu. „Kommt mal her! Hier ist noch etwas!“ rief sie. Doch nur Wolfhart begab sich zu ihr, dabei ließ er aber den Höhleneingang nicht außer Acht. Die anderen waren noch mit dem Schatz beschäftigt. Auch Bernhelm besah sich das ein oder andere kostbare Stück näher.


„Sieh mal dort!“ Sangitta deutete auf ein rundliches Gebilde, welches in einer Art Nest lag. „Ist das etwas ein Ei? Es ist riesig.“ Wolfhart wurde bleich. „Ich glaube, es ist ein Drachenei!“ flüsterte er.

Das Ei funkelte eigenartig irisierend und leicht purpur im Licht der Fackel. „Wir sollten es schnell zerstören!“ „NEIN! Das dürfen wir nicht!“ fuhr ihn Sangitta energisch an. „Bei allem Respekt, Hohe Dame, wisst Ihr überhaupt wie gefährlich ein solches Wesen ist? Wir müssen es zerstören, solange wir die Chance dazu haben.“ Er zog sein Messer und machte Anstalten auf das Ei einzustechen. „Das werde ich nicht zulassen!“ funkelte Sangitta zornig und richtete ihren Bogen mit dem Pfeil im Anschlag auf Wolfhart, der sie völlig konsterniert anstarrte.


In dem Moment war von draußen ein Brüllen zu vernehmen, ein Brüllen welches von einer gewaltigen Kreatur stammen musste. Man hatte fast den Eindruck, dass Boden und Wände leicht bebten. Ihm folgten Schritte, die von großen Pranken stammen mussten.


„Sofort alle raus hier, schnell! Sonst sitzen wir in der Falle!“ rief Bernhelm. Das reichte um sie wieder zur Besinnung zu bringen. Sie ließen das Ei und die noch nicht verstauten Stücke vom Schatz zurück und machten, dass sie rauskamen so schnell sie konnten. Das nackte Leben zu retten hatte jetzt Vorrang.




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17. Pra 1037 BF zur mittäglichen Praiosstunde
Gefahr im Rakulawald


Kapitel 1

Vom Jäger zum Gejagten
Autor: Nimmgalf