Geschichten:Von Hölle und Hasel - Bild und Lied

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Baronie Haselhain, Festung Haselhain Armeenschild, Anfang Phex 1038 BF

Rohalan Albentir hatte zumeist ein unglaublich fröhliches Gemüt, aber er konnte mitunter auch streng sein, insbesondere wenn es seine Arbeit anging, doch selbst eine Rüge verstand er meist noch mit Witz zu unterlegen, weswegen er bei seinen Untergebenen auch ungeheuer beliebt war.
An diesem Tag konnte bisher so gar nichts ihm das Lächeln aus dem Gesicht nehmen, nicht einmal die ewige Quengelei vom Kastellan, dass die angefertigten Passierscheine für die Bauhütte nicht nebachotisch genug seien, was immer das auch heissen sollte, dabei hatte er sie nicht anders gemacht als sonst und er hatte ihm entgegnet, natürlich mit einem Witz, dass ihm die alte nebachotische Amtsstubenkultur bisher nicht bekannt gewesen wäre und ihm dann neue „nebachotischere“ Schreiben versprochen.
Und während in der Schreibstube reges Arbeiten herrschte, hantierte er mit vielen Dokumenten, unter denen sich auch erste Skizzen befanden, nicht von dem Fries natürlich, sondern von bedeutenden Personen am Hofe. Er nahm sich die künstlerische Freiheit und plante ein paar verwegene Ergänzungen mit denen er gedachte sogar den Majordomus zu überraschen.
Die Gedanken an den Helburger machten sein Lächeln noch breiter, er mochte den Mann, und dessen, wenn auch nur versucht unterdrückte, Schwärmerei für ihn war ihm nicht verborgen geblieben. Dass der Majordomus den Schneid hatte sich gegen den Kastellan zu stellen, erzeugte in ihm ein hohes Maß an Bewunderung. Wenn er nur nicht so verklemmt wäre, da wo sich der Stubenleiter mit seiner fröhlichen Art Gefälligkeiten erwarb, verbaute die biestere und stets steife Art des Helburgers diesem solche. Und die Gunst eines Majordomus zu besitzen konnte ihm nur hilfreich sein, auch wenn es ein noch gefährliches Spiel war, und man dabei nicht allzu offensiv dessen Partei ergreifen sollte.
Niemand am Hof gab dem jetzigen Majordomus länger als zwei Götterlaufe, bevor er rausgeschmissen wurde oder freiwillig aufgab. Die letzte Nacht hatte Rohalan aber gezeigt, dass der Helburger es durchaus verstand seine Pläne in die Tat umzusetzen. Er musste sich noch überlegen wie er mit den Gefühlen des Majordomus umgehen sollte, solche Angelegenheiten waren durchaus heikel, insbesondere wenn sie nicht auf die gleiche Art erwidert wurden. Er mochte den Helburger, wie er ein Mischling, jedoch deutlich raulscher, dass war‘s aber auch schon. Und sicherlich konnte sich daraus eine für beide Seiten vorteilhafte Freundschaft entwickeln. Man würde sehen, sowie er Malphorus einschätzte, würde der sich eh niemals trauen einen entscheidenden Schritt zu wagen, wieso erleichterte ihn das nicht.

Aber er hatte heute noch etwas vor, als sehr junger Mann und talentierter Schreiber war er an den Hof von Haselhain gekommen, er kannte sich aus und wusste um viele Geheimnisse, die er zu wahren achtete. Nutzen, nicht ausnutzen war seine Devise, bringe die Leute dazu dir eine Gunst zu erfüllen und nicht sie dazu zu nötigen. Und tat selbst immer gerne Jemand einen Gefallen, und hatte dafür auch den einen oder anderen Freundschaftsbeweis erhalten. Ihm standen Türen offen, wo sich mit Sicherheit der Helburger noch auf Jahren hin eine blutige Nase holen würde. Deswegen, und natürlich auch wegen seiner Befähigung war er zum Meister der Schreibstube geworden, ganz ohne verwandtschaftliche Beziehungen.

Der raulsche Trakt war groß, er kannte jeden Gang, jedes noch so unscheinbare Treppchen, um schnell und meistens ungesehen an sein Ziel zu gelangen. Diesmal führte es ihn in den höchsten Stock, dort wo besonders grimmige Gardisten der Schwarzen Wölfe Wache hielten. Das hielt ihn jedoch nicht auf, er konnte sich im Palast freier bewegen als der neue Majordomus. Freundlich grüßte er die Wachen und diese grüßten freundlich zurück, ja er hatte einen guten Ruf, zumindest bei denen die nicht fanatisch Nebachotisch waren. Er nahm den Weg durch die Vorkammer, grüßte herzlich die Anwesenden und insbesondere Delayla al’Shabrah, die rechte Hand der Kämmerin. Die dunklen Augen funkelten ihn verführerisch an, in ihnen lag die wohlwollende Erinnerung an alte Zeiten, denn beide waren sie zeitgleich an den Hof gekommen. Inzwischen Ehefrau und stolze Mutter war sie ihrem Rohalan immer gewogen geblieben.

„Oh du goldene Blüte, du Glanz dieser Kammer, Meisterin der Waage….“
„Her auf du altär Schmaichlär, du Al’Fehlja där Wortä. Was ist dain An‘liegän?“, lachend lag sie den Abakus zur Seite, offensichtlich hatte er sie in einer Berechnung gestört. Ihre Genauigkeit war in der Baronie gefürchtet.
„Ist Kaftali zu sprechen!“
„Hmm, szoszo du ziehst dän Sit‘tich där Blutä vor.“, wieder folgte ein perlendes Lachen, die anderen Diener der Kammer spitzen die Ohren, taten aber fleißig so als würden sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren. „Al‘Fez schaint dich szu megän, sie nimmt gärade ihrän Tee ain, als wänn du das nicht ge‘nau wusstäst. Na los, gäh rain. Sie freit sich immär ubär dainä Bä‘suche.“
Mit einer melodischen Klopffolge, die nur er bei Katfali verwendete, meldete er sich an und ein promptes: „Trete ein!“, erfolgte.<br Hala Argande von Ruchin saß Abseits ihres Schreibtisches auf ihrem Diwan, und schenkte gerade mit einem feinen Lächeln ein zweites Glas Tee ein. Die Freude in ihren Augen über den Besuch war unverkennbar, ihr Rohalan war ihr einer der wenigen am Hofe, der in ihrem eher scheinbar biederen Herzen einen Platz gefunden hatten bzw. darin die wahre Hala sah, auch wenn sie ihm ihr Geheimnis nie anvertraut hatte. Die Spötter welche sie als Schnepfe bezeichneten, nannten ihn ihr Küken. Und ehrlich gesagt, da sie ehe- und kinderlos geblieben war, war da auch was dran. Selten hatte sie jemanden protegiert, doch in seinem Fall war es so. Und er war ihr auf immer dankbar. Im Schneidersitz auf dem herrlichen Khomteppisch nahm er vor ihr Platz, er wusste dass sie es als kleingewachsene Frau nicht mochte wenn man auch noch im Sitzen größer war als sie selbst.
„Lass dich ansehen mein Kleiner, gut siehst du aus. Und was verschafft mir die Ehre deines Besuches?“ Dabei nahm sie sein Gesicht in beide Hände und in ihren Augen lagen Wohlwollen wie auch Neugier, sie wusste genau, dass diesen Treffen außerhalb der üblichen Zeiten meist ein Grund vorlag. „Hat dich der böse Kastellan wieder geärgert?“
„Oh, He'Effenda Al’Kaftali, es hat diesmal nicht wirklich etwas mit dem Yaspilil zu tun. Es geht um das Geschenk Selos an Fatime. Der Majordomus in seiner vielfachen Unkenntnis über Land und Leute hat sich an mich gewandt, er würde der Ausgestaltung des Gemaches einen besonderen Liebreiz geben, in Form eines Gedichtes über eine bestimmte Saga.“
Die Kämmerin ließ sein Gesicht los, lehnte sich zurück und machte ein überraschend strenges Gesicht: „Der Helburger hat sich an dich gewandt? Wie das?“
„Du kennst mich Al’Kaftali, und da ich als Leiter der Schreibstube doch recht viel mit ihm zu tun habe, wird das wohl den Ausschlag gegeben haben. Yaspilil scheint alles zu tun um ihn schnell loszuwerden.“
„Das wäre vielleicht nicht das schlechteste, er ist ein Helburger, denen kann man nicht trauen.“
Rohalan war überrascht, er hatte nicht damit gerechnet das Hala gegen die Helburger etwas hatte. „Nun er macht doch seine Arbeit recht gut, ich finde bei Al’Fez er hat eine Chance verdient.“
Die Kämmerin stand auf, wuschelte ihm über das kurze blonde Haar: „Ach mein kleiner Rhuban, du weißt wenig über die Helburger, sie sind eine Plage aus dem Wall, und dieser Khorasan von einem Baron ist der schlimmste von allen. Ich weiß, ich weiß, zusammen mit dem anderen Schurken jenseits des Walles haben sie für den Baron von Haselhain und die Nebachoten viel getan. Doch nichts was der Höllenwaller tut geschieht ohne Absichten. Und die sind meist finsterer Natur. Und du kannst dir sicher sein das unser Majordomus letztlich an einem langen Faden hängt, der bis hinauf und über den Wall verläuft, direkt ins dunkle Herz der Helburg.“
„Oh Al’Kaftali, ich verstehe mich zu wenig auf die große Politik, aber der Majordomus scheint mir ein ganz patenter Mann zu sein, und letztlich weit der Heimat. Vielleicht kann man ihn ja doch ein wenig seiner Familie entfremden, oder gar den Faden kappen. Immerhin ist er ein Mann für die Raulschen, obwohl er wie ich auch tulamydisches Blut in den Adern hat. Und ein weiterer Dorn im Fleisch von Yaspilil. Zudem geht es um das Geschenk von Selo an Fatime, und der hat auch einiges bewegt und geordnet. Ich dachte immer das euch diese Entwicklung zusagen würde.“, und seine braunen Augen mit dem grünen Rand hatten schon fast etwas Flehentliches bekommen.
„Mein guter Rhuban, du bist ja ganz Feuer und Flamme für den Majordomus, oder für die Idee ihn gegen den Kastellan zu positionieren. Doch ich warne dich, bisher hast du die Klugheit besessen dich aus solchen Konflikten rauszuhalten. Aber ich gebe dir Recht, die Starrheit welcher der Hof unter dem Kastellan anheimgefallen ist wurde aufgerüttelt, und das ist tatsächlich auch diesem Helburger zu verdanken. Nun denn, ich werde meine Kontakte nutzen, doch rate ich dir zur Vorsicht, die Gewalt dieser Mühlsteine in die du dich begibst wenn du nicht aufpasst wird dich zermalmen, und nicht einmal ich werde dich davor bewahren können. Und natürlich darf niemand erfahren von wem du es erhalten hast, das bleibt unser Geheimnis!“
„Dank, oh Dank.“, Rohalan sprang auf, umarmte die Kämmerin herzlich und verließ wieder mit einem sonnigen Lachen die Kämmerin.

Hala Argande von Ruchin schaute ihm noch eine ganze Weile nach, ein unbestimmbarer Kummer legte sich um ihr Herz. Mit dem Helburger war nun tatsächlich jemand an den Hof gekommen, der es wagte den Kastellan herauszufordern, die eh schon reichlichen Intrigen am Hof würden zunehmen, und man musste aufpassen nicht in einen dieser Strudel gezerrt zu werden. Und sie sorgte sich um ihren Rhuban, er hatte keine Ahnung auf wessen Spiel er sich da einließ. Aber dieses Spiel war offen, und es gab Spieler die aus dem Hintergrund agierten, wie sie. Sie würde aufpassen, und sollte ihrem Rhuban auch nur eine Feder gekrümmt werden, dann würden sie es bereuen, oh ja, das würden sie!