Geschichten:Verschollene Eber - Der Hauptmann des Soldaten Hamfast

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Burg Greifenfurt

Mürrisch blickte sich Hauptmann Ardo von Keilholtz ä.H. auf dem Burghof um. Kaum eine Bewegung und kein Geräusch störte die morgendliche Stille. Die Wachen am Tor und auf den Zinnen stützten sich müde auf ihre Hellebarden, den Kopf zumeist auf die Brust gesenkt. Ardo kannte die Müdigkeit gegen Ende einer Nachtwache nur zu gut um den Soldaten ernsthaft böse sein zu können. Doch es war auch eine Frage der Disziplin stete Wachsamkeit aufrecht zu erhalten. Mit Absicht schritt er deswegen besonders energisch über den gepflasterten Hof, ließ die beschlagenen Absätze ordentlich krachen und die Ringe seines tatellos gepflegten Kettenhemdes melodisch klirren. Mehr als einen Kopf sah er erschrocken hochfahren, als er sich so der Tür des Torhauses näherte. Hamfast, der heute die Wache am Tor hatte, salutierte besonders zackig. Ein deutliches Zeichen für ein schlechtes Gewissen. Ohne ein Wort darüber zu verlieren setzte sich Ardo vor den Schleifstein, zog sein Schwert und machte sich daran die Scharten und Kerben zu beseitigen, die über Nacht entstanden sein könnten. Nicht, dass es da viel zu tun gab. Aber er hatte einfach ein besseres Gefühl dabei, wenn er sein Schwert immer frisch geschärft wusste. An die Kommentare deswegen hatte er sich längst gewöhnt und nahm sie gelassen hin. Wusste er doch, dass ihm jeder Schwarzpelz Dank wissen würde, dem er mit der stets scharfen Klinge schnell und sauber den Kopf vom Rumpf zu trennen gedachte.

Plötzlich entstand Unruhe unter den Wachen. Auf der Brücke waren eilige Schritte zu hören, kurz darauf ein Klopfen von Stahl an den schmiedeeisernen Beschlägen des Tores. Hamfast öffnete die Sichtblende am Mannloch und nahm nach wenigen leise gewechselten Worten zwei Schriftstücke entgegen.

„Herr Hauptmann, ein eiliger Befehl vom Prinzen an den Kommandanten.“

Noch etwas ungehalten über die lasche Wachsamkeit herrschte Ardo ihn an. „Und was nun, Hamfast? Sehe ich etwas aus wie ein Botenjunge?“

Erschrocken stammelnd zuckte der Mann zurück. „Nein, Herr Hauptmann. Aber da ist auch noch eine Depesche an Euch und da dachte ich ...“

„Und genau das ist dein Fehler! Du denkst zuviel!“ Das betretene Gesicht des Soldaten versöhnte Ardo jedoch in wenigen Augenblicken. „Lass gut sein, Hamfast, und gib mir das Schreiben.“

Er nahm dem Soldaten das Schriftstück aus der Hand, erbrach das prinzliche Siegel und begann zu lesen. Was er darin vorfand, ließ seine Augen vor Überraschung schnell größer werden. Schnell las er ihn ein zweites und ein drittes Mal um sich ganz sicher zu sein nichts falsch verstanden zu haben. Nicht nur die Art des Auftrags, sondern vor allem dass der Prinzgemahl ihn, Ardo von Keilholtz ä.H., ausgewählt hatte, um den märkischen Tross zu begleiten, ließ sein Herz höher schlagen.

„Endlich ist mal etwas los! Und wie glücklich, dass seine Hochgeboren Wahl auf mich gefallen ist. Wurde auch einmal Zeit, dass meine Leistungen anerkannt werden.“

Mit einem Ruck stand Ardo auf und erschreckte Hamfast damit erneut, der ihm neugierig über die Schulter geschaut hatte. Neugierig, doch ohne die Möglichkeit etwas von dem Schreiben entziffern zu können. Dieser Kunst war der gute Mann dann doch nicht mächtig.

„Hamfast!“ Zu seinem Glück eilte just in diesem Moment die Wachablösung herbei. „Hamfast, lass augenblicklich mein Pferd satteln. In einer halben Stunde will ich es reisebereit am Tor stehen sehen. Vorher bringst du das zweite Schreiben in die Schreibstube des Kommandanten. Ich werde eine Weile fort sein, seine Hochgeboren der Prinzgemahl benötigt meine Dienste.“

Mit schnellem Schritten eilte Ardo zurück zu seiner Kammer. In wenigen Handgriffen hatte er alles gepackt, was er auf die bevorstehende Reise mitzunehmen gedachte. Zu seinem Schwert gürtete er sich mit einem schweren Dolch, in dessen Knauf das Familienwappen derer von Keilholtz eingelassen war. Auch das Amulett mit dem eingravierten Wahlspruch seiner Familie, ein Geschenk seiner seligen Frau Mutter, legte er an. Auf dem Weg zurück in den Hof meldete er sich noch pflichtbewusst beim Adjutanten des Kommandanten ab, auch wenn in dem zweiten Schreiben alles erklärt sein würde. Zu seiner Befriedigung fand Ardo sein Pferd dann auch wirklich schon fertig aufgezäumt am Tor. Mit einem anerkennenden Nicken nahm er Hamfast die Zügel aus der Hand und stieg behände in den Sattel während sich das große Tor für ihn öffnete. Die Praiosscheibe schien Ardo entgegen, als er frohen Mutes über die steinerne Brücke in die Stadt ritt. Hinauf zur markgräflichen Residenz, wo er bereits erwartet wurde.