Geschichten:Die liebliche Schwester

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Gut Marschenhof, Markgräflich Perrinmarsch, 13. Rahja 1045 BF

Die Reitergruppe zügelten ihre Pferde, als sie den Eingangsbereich erreichten. Die Praiosscheibe schien ohne Unterlass auf den Dererund und der Herr Efferd zeigte keine Einsicht, ein paar Wolken zu schicken, um (zumindest kurzfristig) für etwas kühlenden Schatten zu sorgen. Die Blumenbüsche, Hecken und Bäume erschienen in ihren kräftigsten Farben und ihr lieblicher Duft hing, seit dem Übertritt in die Vogtei, in der Luft.

Die Reitergruppe hingegen schien sich so gar nicht in das Bild der Idylle fügen zu wollen (oder zu können). Die Handvoll Männer und Frauen waren in groben Lederrüstungen, mit Eisen- und Fellapplikationen, gehüllt. Ihre Blicke waren hart, die Gesichter Wetter gegerbt. An ihren Seiten trugen sie alle Schwerter, Schilde, Streitkolben und eine eine klobige Axt. Der silberne, gekrönte Delfin auf schwarzem Grund und über zwei silbernen Zacken verriet dem geschulten Auge, dass es sich um Angehörige der Vogtei Arvepass handeln musste.

Ein wahrlich kundiger, hätte sogar direkt erkannt, dass der Landvogt Bärfried von Hardenstatt höchst selbst, diese Abordnung anführte. Der Mann mit den langen blonden Haaren und dem unrasierten Gesicht war dank der Lederklappe, die dort hing wo andere ihr linkes Auge hatten, recht einfach zu erkennen. Er blickte sich kurz prüfend um und wartete einen Moment.

Da schwang schon eine Seitentür auf und eine pummelige Frau, mit hochgesteckten Haaren, eilte heraus. „Euer Hochgeboren! Welch Freude dass ihr hier seid“, rief sie den Gästen entgegen und nur ein wahrer Menschenkenner hätte das kurze Zögern gesehen, als sie aus der Tür herausgetreten war und die Reiter erblickt hatte. Ihr folgten einige Stallknechte, die zu den Pferden eilten und den Gästen beim Absteigen halfen.

„Wir kümmern uns um Eure Pferde, Herr Landvogt. Bitte, folgt mir, nach einer solch langen Reise werdet ihr sicherlich durstig und hungrig sein. Für das leibliche Wohl Eurer Leute und Euch ist gesorgt“. Erklärte die Frau, während sie sich verbeugt hatte, sich umdrehte und schon loslief. Bärfried selbst nickte und brummte nur, während er sich versicherte, dass seine Frauen und Mannen ihm folgten. Nicht, dass er an einem solchen Ort unter solchen Leuten Angst um sein Leben hätte und seine Wache gern um sich wusste. Ihn sorgte eher die Sicherheit der Bewohner und ihrer Habseligkeiten. Kein einziger seiner Begleiter war je aus den Trollzacken herausgekommen, geschweige denn hatte einen Fuß in ein solches Paradies gesetzt.

Sie wurden in einen der hinteren Räume geführt, welcher über bodentiefe Fenster verfügte, die man aufziehen konnte, um so in die weitläufige Grünanlage zu gelangen. In der Mitte des Raums stand ein langer Tisch, mit einigen hochlehnigen, gepolsterten Stühlen. Während Bärfried platz nahm blieben seine Begleiter stehen und verteilten sich im Raum, nicht ohne den ein oder anderen Blick auf die Gemälde oder Porzellanfigürchen zu werfen, die hier im Raum verteilt an den Wänden hingen und auf kleinen Schränken standen.

Kurz nachdem sie alle den Raum betreten hatten, eilten drei Diener, die ihre Überraschung und Pikiertheit, ob des Aussehens der Gäste, nicht ganz so gut wie die Frau verbergen konnten, mit Platten voller Häppchen und einer Weinkaraffe herein, welche sie auf dem Tisch anrichteten.

Nach einer ganzen Weile kam schließlich die pummelige Frau, dessen Name Bärfried entweder nie gehört hatte oder sich nicht merken konnte, wieder herein und führte den Landvogt zu ihrer Herrin.

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Die Gruppe ritt zügig die lange Straße zur Reichsstadt entlang, welche dem Klippenverlauf folgte. Ihr Ziel war es heute noch in Perricum anzukommen und dort die Nacht verbringen. In Marschenhof hatte Bärfried nicht übernachten wollen. Nicht nach dieser Schlappe, musste er sich zähneknirschend gestehen.

Maia von Perricum hatte ihn wohlwollend empfangen. Ihr Charm hatte ihn zuerst getäuscht und hervorragend verschleiert, wie sie zu seiner Idee stand. Bis sie dann ebenjenen Bund ansprachen, den Bärfried zwischen den Landvögten angestrebt hatte. Sie hatte viel Verständnis gezeigt, dass er aus dem Pass etwas machen wollte. Etwas, das mehr als eine Garnison war. Aber Probleme mit der markgräflichen Administration? Die kannte sie nicht. Was nicht verwunderlich war, bedachte man wer ihr jüngerer Bruder war.

Die Notwendigkeit eines Bundes zwischen den Vögten sah sie nicht. Davon ab war man ja bereits verbündet, über die Fraktion der Markgrafentreuen. Maia erinnerte sich recht lebhaft an das Treffen vor nun bald zwei Götterläufen. Aus dieser Verbindung und weil es Maia eine Herzensangelegenheit war, die Schönheit der Welt zu fördern, hatte sie erklärt, dass sie diesem Unterfangen auch ohne „Bund der Vögte“ Unterstützung in Form eines Darlehens zukommen lassen würde. Unter der Bedingung, dass die „lieblichen Schwestern“ ihrerseits Unterstützung auf den Pass erhalten würden.

Der Einäugige hatte lange gezögert, dann jedoch nicht eingeschlagen. Wenn er sich schon den Ausbau einer Straße nicht leisten konnte, dann konnte er sich die Unterstützung des Dreitempler-Orden erst recht nicht leisten. Ganz davon abgesehen, hatte er wenig Interesse daran, solche Leute wie sie sich hier in Marschenhof zu Hauf herumtrieben, in seine Vogtei zu lassen. Ihm reichten schon die Meinungsverschiedenheiten zwischen Soldaten, Eingesessenen, Siedlern und den Kirchen des Herrn Praios sowie der Herrin Rondra.

Am morgigen Tage würden sie dann nach Knoppsberg aufbrechen. Hoffentlich konnte Bärfried dort mehr erreichen.


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13. Rah 1045 BF
Die liebliche Schwester


Kapitel 1

Die lieben Nachbarn
Autor: Vlad