Geschichten:Unter einem Banner – Wucherndes Herz

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Burg Silz, 30. Tsa 1043 BF:

Wie so oft stand Landvogt Vallbart von Falkenwind am Turmfenster und blickte über das schier endlos erscheinende Meer aus Baumkronen. Er liebte diesen Ausblick, doch lag Unbehagen in seinen Augen. Irgendetwas war anders, das spürte er.

Ebenfalls anwesend waren sein Schreiber Rauldan von Rallerhain, die Burgvögtin von Silz Mayana Schwalbenflug, der Silzer Jagdhüter Valtoron von Quellgrund, der gräfliche Wegevogt Edorian von Feenwasser, sowie der gräfliche Kämmerer Albin von Storchenhain.

Edorian von Feenwasser beklagte sich über den Zustand der Wege in der Grafschaft. „Jetzt nach dem Winter sind viele Wege immer noch unpassierbar, aber wie mir scheint, hat dies weniger mit Firuns Grimm, als vielmehr mit Tsas lebensspendendes Wirken zu tun. Der Forst wuchert wieder besonders stark und vor allem das Herz des Reichsforst scheint betroffen.“

Der Silzer Jagdmeister stimmte nickend zu. „Der Wald scheint sich wieder zu regen, weit stärker als sonst. Auch das Verhalten der Tiere hat sich verändert. Besonders Wolfsrudel wagen sich immer näher an unsere Siedlungen.“

„Auch bei den Elfen herrscht Unruhe“, ergänzte Mayana Schwalbenflug. „Die Zauberweber der Sippen sprechen von den 'Verschollenen des Waldes', die in die diesseitige Welt zurückkehren würden.“

„Besorgniserregende Kunde erreicht uns aus Hartsteen und Reichsforst“, unterbrach der landvögtliche Schreiber Rauldan, nachdem wer während des Gesprächs eine Handvoll Briefe überflogen hatte.

„Na was schon, haben sich die ach so ritterlichen Grafschaften die Finger wehgetan?“ Die Stimme Mayana Schwalbenflugs klang gewohnt spöttisch. Ihrem elfischen Wesen erschloss sich das Konzept einer Fehde nicht, auch wenn sie im Umgang mit den Rosenohren sehr geübt war und ihre elfische Natur bei Hofe auch für sich zu nutzen wusste.

„Ehm, nein, sie wurden angegriffen … von Rittern aus Waldstein, ehm, also von uns.“ Rallerhain blickte fragend in die Runde. „Wie kann das sein?“

Verwundert blickten sich die Anwesenden an, einzig Vallbart blieb ungerührt am Fenster stehen.

„Was genau ist passiert?“, wollt der ehemalige gräfliche Hausritter Valtoron von Quellgrund wissen.

„Den Berichten zufolge sind unsere Ritter in Aldenried im Hartsteenischen eingefallen. Auch soll es Scharmützel zwischen Linara und Schwarztannen gegeben haben … und zwar an der Weidburg. Ist das nicht das Lehen deiner Gemahlin, Feenwasser?“

Dieser nickte sorgenvoll. „Sari befindet sich zur Zeit mit den Zwillingen zu Besuch bei meiner Großmutter. Keine Ahnung was da vorgefallen ist.“

„Am Grafenhof rumort es schon lange“, begann Albin von Storchenhain zu berichten. „Die Scharfmacher um Gutfried von Weißenstein und Seneschall gewinnen an Einfluss. Sie wagen es gar offen im Namen der Herrin Rondra und des Herrn Praois zu sprechen. Gerade bei den jungen Rittern fallen ihre Worte auf fruchtbaren Boden. Sie gieren nach Blut und Ehre … und nach Vergeltung wegen dem unritterlichen Verhalten von Seiten der Häuser Luring und Hartsteen. Die Stimmung am Hof wird immer aggressiver.“

„Das riecht schon nach dem Werk des Seneschalls“, fügte Edorian hinzu. „Wie es aussieht, hat er bereits die gräfliche Garde hinter sich gebracht. Von meinem Vetter und der Zweifelfels fehlt seit einiger Zeit jede Spur.“

„Nicht nur das, der Landobrist hatte im Winter zu einem Heerlager gerufen - zur Übung der Wehrfähigkeit. Das ich nicht lache.“ Albin echauffierte sich sichtlich. „Die haben das von langer Hand geplant.“

„Die Frage ist doch, was der Seneschall damit bezwecken will.“ Rauldan blickte fragend in die Runde.

„Der will nun endgültig die Macht in Waldstein ergreifen, da bin ich mir sicher.“ Die Stimme des jungen Kämmerers bebte förmlich, war es doch er, der am Hof zunehmend mit Anfeindungen zu kämpfen hatte.

„Der Seneschall hat die Zeichen der Zeit erkannt und handelt seiner Natur entsprechend“, begann Vallbart, der die ganze Zeit geschwiegen hatte. „Wir werden uns ihm entgegen stellen, doch“, der Landvogt deutete in Richtung des Waldes, „dort draußen wartet unsere wahre Herausforderung. Der erwachende Forst wird so manches längst Vergessenes offenbaren. Es ist an uns, unserer Gräfin, der Hüterin des Waldes, in dem Ringen um das wuchernde Herz des Reichsforsts beizustehen. Was die anderen miteinander in Fehde liegenden Grafschaften angeht, so können wir nichts für sie tun. Soll der Seneschall seine Spielchen dort spielen. Unser Augenmerk gilt unseren Wäldern und unseren Auen.“