Geschichten:Unter Geiern – Alles hat seinen Preis

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Burg Scharfenstein, Tsa 1044 BF

„Ihr solltet Euch gut Eure nächsten Schritte überlegen“, riet Valaria von Wiesenthal dem Baron und wirkte dabei äußerst ernst.

„Ich... ich... ich verstehe nicht ganz“, erwiderte er ihr verunsichert.

„Es ist nicht davon auszugehen, dass der Junker von Erlenfall Euch gegenüber den Lehenseid ablegen wird. Er wird gewiss auch keinen Stellvertreter schicken um das zu tun. Es wird keinen Lehenseid von der Familie Erlenfall Euch gegenüber geben.“

„Sie werden aber einen leisten müssen.“

„Müssten sie“, stimmte sie ihm da zu, „Aber was, wenn sie es nicht tun?“

„Warum sollten sie?“

„Weil sie wohl der Meinung ist, dass der Baronstitel ihnen gebührt. Warum sollte der Junker den Lehenseid schwören, wenn er doch der Meinung ist, er sei der rechtmäßige Baron? Einen Eid gegenüber sich selbst abzulegen, macht nicht wirklich viel Sinn.“

„Er ist aber nicht der Baron.“

„Und da liegt genau das Problem“, meinte die Hofheroldin, „Im festen Glauben, ihnen stünde der Baronsreif zu, werden sie es darauf ankommen lassen. Die Frage, die Ihr Euch also stellen müsst ist Folgende: Was werdet Ihr tun? Zwingen werdet Ihr Emmeran von Erlenfall kaum können. Die Familie Erlenfall ist zu mächtig und zu einflussreich, noch dazu sitzt er selbst zu dicht am Grafen – ein Umstand der noch mehr Fragen darüber aufwirft, warum er Euch den Baronsreif aufsetzte, aber nicht seinem Landrichter – und Ihr seid inzwischen zu weit von Eurem Weggefährten entfernt.“

„Was ich zutiefst bedauere“, merkt er betrübt an, „Gerade jetzt bräuchte er einen wahren Freund an seiner Seite.“

„Einen guten Freund kann ein jeder von uns zu jeder Zeit gebrauchen“, griff sie seine Worte auf, „Ihr habt hier viele Freunde. Nutzt diese. Denn klar ist: Ihr dürft Euch das nicht gefallen lassen. Der Lehenseid MUSS geleistet werden! Ihr werde also etwas unternehmen müssen. Die Frage ist allerdings, was genau das sein wird. In wie weit ihr auf Euren Freund, den Grafen, zurückgreifen könnt, das werdet Ihr wohl selbst am besten wissen.“

„Vermutlich wird das genauso laufen, wie die ganze Angelegenheit mit den Waldsteinern“, vermutete er betrübt, „Ich werde das selbst regeln müssen. Mehr als warme Worte werde ich von ihm auch dieses Mal nicht bekommen.“ Über diesen Umstand schien er aufrichtig betrübt zu sein.

„Die Zeiten sind gerade schwierig und noch schwerer sind die damit verbundenen Entscheidungen, Hochgeboren“, stimmte ihm die Hofheroldin zu.

„Mit den Waldsteinern werden wir auch nicht so recht einig“, fügte der Baron schulterzuckend hinzu. Dass Baron Drego versucht hatte auch über den temporären Abzug der Waldsteiner hinaus einen Frieden oder ähnliches zu verhandeln, das war am Hof bekannt. Vermutlich ebenso bekannt war inzwischen aber auch, dass man sich wohl nicht so recht einig geworden war – zumindest nahm man das an, genaues wussten wohl nur sehr wenige, darunter waren jedoch gewiss die Vögtin Yolande von Raukenfels und die Hofkaplanin Lindegard Tempeltreu. „Ist ein Friede um jeden Preis es denn überhaupt wert?“, wollte der Altjachterner da von der Wiesenthalerin wissen.

Valaria dachte einen Moment nach, schluckte und erwiderte schließlich: „Auch Frieden hat seinen Preis, Hochgeboren.“

„Auch wenn dieser Verrat heißt?“

„Ich fürchte“, meinte sie da und wog ihren Kopf etwas unruhig von der einen zur anderen Seite und wieder zurück, „Auch das, Hochgeboren. Auch das.“

Einen Moment schwiegen sie sich an.

„Eure Schwester und Euer Vater werden kommen und auch die Eltern Eurer Gattin werden aus dem Kosch anreisen. Was Eure Mutter jedoch betrifft hat sie ihre Meinung über eure Liebst bisher bedauerlicherweise nicht geändert, obgleich sie von Euch zu erwarten scheint, dass Ihr sie mit Euren beiden Kindern aufsucht, von Eurer Gattin war allerdings nicht die Rede...“