Geschichten:Unruhige Zeiten - Wenn das Bier nicht mehr schmeckt

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Ende Rahja 1043 BF, Kaiserlich Randersburg, Gut Blaustein, am Morgen

Schwitzend und stinkend kam Wulfhelm aus dem Stall gestiefelt. Mochte er jetzt auch ein Lehen sein Eigen nennen und Herr über mehrere Hundert Seelen sein, so fehlte es ihm doch, wenn er sich nicht persönlich um das Wohl seines treuen Schlachtrosses kümmerte. Nicht, dass die Knechte und Mägde unter Ritter Rothbert nicht gelernt hatten, wie man ein Pferd zu versorgen hatte. Aber manche Dinge machte der Greifenfurter eben doch lieber selbst. Mit einem Blick über den Hof sah er, dass alles war wie immer. Jeswine saß wie immer an dem kleinen hölzernen Tisch beim Brunnen und hielt ihr Morgenbier in den Händen. Wie immer blickte sie dabei etwas sauertöpfisch drein. Wulfhelm hatte sich daran gewöhnt, dass die Ritterin immer wegen irgendetwas schlechte Laune hatte. Das störte ihn nicht, denn spätestens nach dem zweiten Bier änderte sich das stets. Woran der Keilholtzer sich noch gewöhnen musste, war der Gedanke verheiratet zu sein. Nicht, dass er ein Problem damit gehabt hätte, mit Jeswine Travia gefällig das Lager zu teilen. Ganz im Gegenteil! Er mochte und schätzte die Ritterin sehr und sie hatte am gemeinsamen Rahjaspiel mindestens genauso viel Vergnügen wie er. Aber nachdem er zwei Jahrzwölfe von Kampf zu Kampf durch das Reich gezogen war, fiel es ihm merklich schwer sich mit der Sesshaftigkeit anzufreunden.

„Guten Morgen mein Herz“, begrüßte Wulfhelm seine Frau mit übertriebener Fröhlichkeit, von der er genau wusste, dass diese sie vor dem zweiten Bier reizen würde. „Welche Bettwanze ist dir denn heute über die Leber gelaufen?“

Tatsächlich war der Blick den Jeswine ihrem Gatten nun zuwarf wenig freundlich. Als sie dann noch sah, wie schmutzig er aus dem Stall kam, verzog sie angewidert die Nase. „Du siehst mal wieder aus wie ein echter Greifenfurter. Wenn jetzt der Hardt vorbeischauen würde, tät er denken er habe einen Bauern zum Ritter ernannt.“

Wulfhelm lachte herzlich und ging zum Brunnen. „Der Pfalzgraf wusste genau was er bekommt, als er mir das Lehen gegeben hat.“ Im Schatten neben dem Brunnen stand ein voller Wassereimer. Der Ritter griff ihn sich und goss sich das kühle Nass über den vorgestreckten Kopf. Trotzdem lief ihm ein Gutteil des Wassers am Hals hinab in den Kragen. Prustend schüttelte er sich und ließ den Schöpfeimer zurück in den Brunnen fallen. Wenige Augenblicke später verkündete ein lautes Platschen, dass er unten angekommen war und Wulfhelm zog den vollen Eimer mühelos wieder herauf.

Jeswine schob derweil missmutig den fast vollen Bierkrug zwischen ihren Händen hin und her und starrte finster vor sich hin.

„Was ist los?“ Wulfhelm wusch sich Hände und Arme und blickte zu seiner Frau hinüber. „Schmeckt dir das Blausteiner Gerstenbräu nicht mehr?“

„Nein!“, fauchte sie. „Es schmeckt nach Pisse!“

„Oje, du wirst doch nicht krank?“, frotzelte der Ritter fröhlich, was Jeswine nur noch mehr aufregte.

„Ach Quatsch! Ich war meinen Lebtag noch nicht krank. Ich bin schwanger du Idiot!“ Wütend starrte sie ihn an.

Überrascht blickte der Keilholtzer auf und erwiderte den Blick. In Gedanken rechnete er zurück. Seit sie nach dem Gefecht vor der Randersburg das erste Mal das Lager geteilt hatten waren knapp drei Monde vergangen. „Ich habe dir ja gleich gesagt, es wird nicht lange dauern.“ Grinsend zuckte er mit den Achseln. Fast noch mehr als über den angekündigten Nachwuchs freute er sich, dass er Recht behalten hatte. „Von wegen alter Mann und so“, zwinkerte er ihr zu.

„Ach lass mich doch in Ruhe du Arsch!“ Missmutig blickte sie zurück auf ihren Bierkrug. „Das Tsa mich irgendwann segnen würde war mir auch klar.“ Vorwurfsvoll sah sie zurück zu Wulfhelm. „Aber warum bei den Niederhöllen schmeckt mir jetzt das Bier nicht mehr!“

„Möchtest du lieber eine Kelle frischen Brunnenwassers?“, fragte der Keilholtzer trocken.

Mit einem wütenden Aufschrei warf Jeswine den hölzernen Bierkrug nach ihm und traf den Ritter an der linken Schulter. Das Bier ergoss sich schäumend über sein Gesicht und das Hemd und troff ihm aus Bart und Haaren.

„Jetzt werde ich mich wohl doch umziehen müssen“, grinste er fröhlich, wischte sich das Bier aus den Augen und stapfte frohgemut zurück zum Herrenhaus, wo eine durch den Schrei aufgeschreckte Magd aus der Tür schaute.

Die Pfortensteinerin blieb derweil weiter an dem kleinen Tisch im Hof hocken und überlegte ernsthaft, wie sie die Zeit bis zur Geburt überleben sollte. Wenn ihr nicht mal mehr das Bier schmeckte? Es würde schrecklich werden!


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25. Rah 1043 BF 09:00:00 Uhr
Wenn das Bier nicht mehr schmeckt
Kapitel 14


Kapitel 15

Klingende Kassen
Autor: Keilholtz