Geschichten:Unruhige Zeiten - Kapitel 13

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Ende Phex 1043 BF, Kaiserlich Randersburg, Markt Randersburg


Der Kampf war schrecklich gewesen. Die Toten und Verwundeten hatte man vor dem Travia-Tempel aufgereiht, wo sich die Geweihten und Novizen um jene kümmerten, für die noch Hoffnung bestand. Ritter Wulfhelm saß erschöpft auf den Stufen des Tempels und sann über die überstandene Schlacht nach.

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Die Angreifer aus der Kaisermark - offenbar in Unkenntnis der Tatsache, dass ihre Gegner Kaiserliche waren und nicht Fehdeteilnehmer aus Reichsforst – waren ihnen zu Beginn drei zu eins überlegen gewesen, doch hatte die Phalanx der Kaiserlichen Hellebardiere, die Ritter Rothbert von Holdbrucken auf den Feldern vor Randersburg hatte aufmarschieren lassen, sie erfolgreich aufhalten können. Die Ritter hatten ihre Pferde im Ort zurückgelassen und sich zu Fuß in die Schlachtreihe eingeordnet, da der Gegner keine Kavallerie in den Kampf führte und die aufgeweichten Felder ein denkbar schlechter Untergrund für eine Reiterattacke waren. In einer Doppelreihe hatten die Hellebardiere die Söldner erwartet, die Flanken gedeckt auf der einen Seite vom Holdbrucken und der Pfortensteinerin, sowie vom Keilholtzer und dem Sturmfelser auf der anderen.

Der Söldnerführer hatte ob seiner nummerischen Überlegenheit seine Truppen in zwei Treffen aufgestellt, sobald er erkannt hatte, dass er in Randersburg auf Widerstand treffen würde. Die erste Welle prallte im Zentrum an den stark gepanzerten Kaiserlichen förmlich ab, doch liefen die Verteidiger bald Gefahr an den Flanken überflügelt zu werden. Die Linie der Hellebardiere formte sich langsam zu einem Halbkreis, als die Ritter außen gezwungen wurden zurückzuweichen. Dank der guten Ausbildung der kaiserlichen Gardisten schafften sie es keine Lücken entstehen zu lassen und geschlossen zurückzuweichen. Dann kam die zweite Welle. Zwar konnten die Verteidiger verhindern, dass ihre Linie durchbrochen wurde, doch mussten sie immer weiter zurückgehen und die Flanken wurden soweit zurückgebogen, dass Wulfhelm plötzlich Jeswine neben sich kämpfen sah und die Hellebardiere somit letztlich in einem Kreis standen. Eingeschlossen und von allen Seiten bedrängt war es nun nur noch eine Frage der Zeit, bis die Übermacht sie überwältigen würde.

Mit einem Mal wichen die Feinde vor Wulfhelm zurück und wandten sich zur Flucht. Als das Sichtfeld wieder frei wurde, sah der Keilholtzer den Pfalzgrafen hoch zu Ross das Halbbanner Burggardisten kommandieren, die er in aller Eile herangeführt hatte. Je ein Dutzend ging links und rechts herum am Abwehrkreis der Kaiserlichen entlang und fiel den Angreifern dabei in Rücken und Flanke. Die eben noch siegessicheren Söldner wichen verunsichert auf ganzer Linie zurück. Im allgemeinen Getümmel erkannte zuerst keiner, dass sie den Kaiserlichen eigentlich noch immer zwei zu eins überlegen waren.

Udilbert von Hardt begnügte sich damit, die Söldner von Randersburg ferngehalten zu haben, und befahl seinen erschöpften Truppen, die Stellung zu halten, sobald die Angreifer sich zur Flucht gewandt hatten. Dem Söldnerführer gelang es zwar, in einigem Anstand seinen Truppen wieder zu sammeln, jedoch hatte auch dieser kein Interesse mehr daran, den Kampf fortzuführen, und schickte einen Unterhändler, um über einen Waffenstillstand und den Verbleib von Toten und Verwundeten zu verhandeln. Der Pfalzgraf gestand den Söldnern zu, ihre Gefährten zu bergen, bestand aber darauf, dass sie danach die pfalzgräflichen Lande umgehend und ohne weitere Plünderungen zu verlassen hatten. Etwa zwei Stundengläser später setzte sich die dezimierte Söldnereinheit in Richtung Süden nach Güldenfeldt in Bewegung.

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Wulfhelm schreckte auf, als er jemanden seinen Namen rufen hörte. Er blickte über den Platz vor dem Travia-Tempel und sah Jeswine neben dem Hardt und Gerion stehen, die ihn zu sich herüberwinkte. Langsam erhob sich der Greifenfurter und ging zwischen den Reihen der Toten und Verwundeten hindurch zu den anderen.

„Ritter Holdbrucken ist an Rondras Tafel gerufen worden“, begrüßte ihn der Pfalzgraf auf seine direkte schnörkellose Weise. „Nach allem, was ich gehört habe, hat er tapfer gekämpft und die Truppe überlegt geführt. Die himmlische Leuin bekommt in ihm einen guten Gefolgsmann.“

„Rothbert ist beim Zurückweichen gestürzt und von den nachrückenden Söldnern gnadenlos niedergemacht worden.“ Jeswine wirkte sehr bedrückt, schaffte es aber sachlich zu bleiben. „Er war der Schwiegervater Eures Burgkommandanten, Hagen von Rallerau. Seine Tochter ist mit ihrem Sohn oben auf der Pfalz. Ich werde ihr später die Nachricht vom Tod ihres Vaters überbringen müssen.“

Udilbert von Hardt verzog die Miene. „Das überlasse ich nicht Euch, Ritterin Pfortenstein. Ihr würdet sicher die passenderen Worte finden, aber diese Kunde muss ich überbringen.“

„Wie Ihr wünscht, Euer Hochwohlgeboren.“ Jeswine verzog aber keine Miene. Hardt setzte fort: „Dann wäre da noch die Frage der Nachfolge.“

„Rothbert war als Euer Gefolgsmann mit dem Edlengut Blaufelden am Trullensee belehnt“, wandte Jeswina ein. „Es wäre gerade in diesen Zeiten gut, keine lange Vakanz aufkommen zu lassen.“

„Hmm“, machte Udilbert nachdenklich. „Da habt Ihr wahrlich Recht. Quisira von Holdbrucken ist sein ältestes Kind?“

„So ist es.“

„Das gefällt mir nicht! Sie ist keine Ritterin, ja nicht mal eine Kriegerin. In diesen Zeiten brauche ich wehrhafte Gefolgsleute.“

„Aber ihr Gatte ist der Hauptmann Eurer Burgwache. Er ist doch sicherlich …“

„Papperlapapp!“, unterbrach sie der Hardt rüde und wedelte den Gedanken mit der Hand davon. „Der Rallerau dient mir sowieso, auf Befehl der Kaiserin. Und ansonsten … Ihr wisst schon.“

Jeswine sah betreten zu Wulfhelm und Gerion, die sich bisher vollkommen aus dem Gespräch herausgehalten hatten und auch jetzt nur mit den Schultern zucken konnten.

„Nein!“ Der Pfalzgraf hatte seine Entscheidung getroffen. „Die Holdbrucken wird es nicht. Hatte der Ritter nicht noch mehr Kinder?“

„Ja schon, aber das wird schwieriger.“ Jeswine sah das ungeduldige Gesicht Udilberts und fuhr eilig fort. „Der Zweitgeborene, Adhemar, dient seit einigen Götterläufen auf einer Pfalz in Perricum, an der Grenze zu Aranien. Soweit ich gehört habe, hat er vor kurzem eine Nebachotin zur Frau genommen, aus einer bedeutenden lokalen Familie, wie man sagt. Die Drittgeborene, Lechmin, ist dem Herrn Fírun geweiht und betreut den kaiserlichen Jagdtempel zu Raulsborn.“

„Hmm, hmm, ich verstehe. Der eine wird kaum für ein einfaches Edlengut in einem Kriegsgebiet zurückkehren wollen und die andere kann das Erbe nicht antreten.“ Nachdenklich fuhr sich der Pfalzgraf über das stoppelige Kinn. „Dann werden wir eine andere Lösung finden müssen. Und eine schnelle. Ich hatte schon immer etwas übrig für Feldbeförderungen.“ Er blickte die drei vor ihm stehenden Rittersleute prüfend an, bis seine Augen auf Wulfhelm ruhen blieben. „Ritter Keilholtz, Ihr seid ein gestandener Kriegsmann mit Prinzipien, ganz nach meinem Geschmack. Soweit ich weiß, kämpft ihr derzeit auf eigene Rechnung oder höchstens auf Weisung Eures Neffen aus Greifenfurt für Graf Drego. Habt Ihr irgendwelche familiären oder Lehenspflichten, die Euch anderweitig binden?“

„Nein Herr“, antwortete Wulfhelm völlig überrascht. „Ich nenne kein Lehen mein Eigen und bin auch sonst ein freier Mann. Euer Angebot ehrt mich wirklich sehr, und ich würde mich glücklich schätzen in diesen Tagen für einen Mann der Krone zu streiten, als länger den Befehlen in einer Fehde zu folgen, die mir nichts bedeutet.“

„Sehr gut. Dann kniet nieder, damit ich Euch den Lehnseid abnehmen kann.“

Noch immer verblüfft schaute Wulfhelm zu Jeswine und Gerion neben sich, die ihm beide, sie lächelnd, er offen grinsend, zunickten. Dann ließ er sich auf sein linkes Knie sinken, neigte seinen Kopf vor dem Pfalzgrafen und hob die gefalteten Hände. Er konnte sein Glück kaum fassen, als sich die rauen Hände seines neuen Lehnsherrn um die seinen schlossen.


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24. Phe 1043 BF 08:00:00 Uhr
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Autor: Keilholtz