Geschichten:Unangenehme Nachforschungen - Teil 1

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Junkertum Breitenhof in der Baronie Greifenhorst

Rondrigo von Ahrenstedt schlug die Hand vor den Mund, denn das Husten und Keuchen schien kein Ende nehmen zu wollen. Bereits seit einer Woche plagte ihn dieser schreckliche Reizhusten und er hoffte, dass die Edle von Travesried bald von ihrer Reise zur Stadt Greifenfurt zurück kehren würde. Sie hatte ein Händchen im Umgang mit allerlei heilsamen Tinkturen, Kräutern und seltsamen Mischungen aus beidem.

„Und dann, hoher Herr, hat der Ugdalf einen ganzen Sack meiner Möhren geklaut! Einen ganzen Sack, hoher Herr! Ich hab’s genau gesehen. Der Schuft schlich schon den ganzen Morgen bei meinen Hühnern ’rum und die werden dann immer so unruhig!“

Der bärtige Mann in den schlichten grauen Leinengewändern war nun richtig erbost. Er deutete anklagend mit dem Finger auf einen anderen Mann, der an seiner Seite stand und der deutlich jünger war. „Der da war’s, ich sag’s Euch, Herr, dieser Unhold!“

Der Beschuldigte knetete unruhig seine Lederkappe mit zwischen Fingern, während er verärgert nach Luft schnappte. „Ich bitte Euch, hoher Herr, hört diesem Waldschrat da gar nicht zu, er lügt und will mich hier schlecht vor Euch hinstellen! Ich würde doch niemals stehlen!“

Bauer Mardus zog den anklagenden Zeigefinger zurück stemmte die Hände in die Hüften. „Das darf ja wohl nicht sein! Ich soll lügen? Du bist doch ein Dieb, Ugdalf!“

Ugdalf machte einen bedrohlich einen Schritt vor, doch in diesem Moment erhob sich der Junker von Breitenhof von seinem hochlehnigen Stuhl. „Genug!“ donnerte seine Stimme durch Empfangszimmer.

Rondrigo massierte seine pochenden Schläfen und er spürte, wie er langsam auch durch die Nase keine Luft mehr bekam. Bald würde er richtigen Dumpfschädel haben und das Bett hüten müssen.

Erschrocken wichen die beiden Bauern kurz zurück und verstummten augenblicklich.

„Warum sollte Ugdalf denn von deinen Rüben stehlen, er baut doch selbst welche an, oder?“

Ugdalf nickte und seine braunen Locken fielen ihm ins Gesicht. „Da habt Ihr Recht Herr, meine Rüben sind sowieso viel größer, als die vom Mardus seinem Acker!“

Daraufhin ging das Geschrei von vorne los. „So was!“ ereiferte sich Ugdalf. „Das stimmt gar nicht! Meine Rüben sind gar nicht kleiner!“

Rondrigo rollte mit den Augen und für einen kurzen Moment drohte er im Gezeter seiner Bauern unterzugehen, aber schließlich behauptete er sich dann doch.

„Ruhe! Also, Ugdalf, warum hast du den Sack mit den Rüben genommen?“

Betreten zu Boden blickend schwieg der Angesprochene.

Das Hämmern im Schädel des Junkers wurde immer stärker und dieser Disput kostete ihn allmählich seine letzte Kraft. „Sieh mich an, Mann! Ich rede mit dir! Warum hast du es getan?“

Ugdalf zuckte zusammen und blickte dann zitternd auf. „Dddd...das hab’ ich nnnn...nur gemacht, weil der Mardus eins von meinen Hühnern erschlagen hat!“

Mardus stöhnte laut hörbar auf. „Jetzt kommst du schon wieder damit! Ich hab das dumme Huhn doch nicht absichtlich erschlagen! Das Vieh lieg mir zwischen den Beinen herum, da bin ich gestolpert und der ganze Korb mit dem Feuerholz für Barnwin, den Schmied ist eben drauf geplumpst!“

Rondrigo schloss die Augen. Was hatte er heute bloß verbrochen, dass er sich mit solchen Sachen herum schlagen musste? Er war gerne für die Bewohner seines Gutes da, doch heute konnte er kaum aufrecht sitzen.

„Von wegen Zufall! Du hast den Korb ja fast richtig drauf geworfen! Das hab’ ich nämlich genau gesehen!“ Nun war es an Ugdalf wüste Beschimpfungen auszustoßen.

Rondrigo wirkte während den folgenden Momenten abwesend, doch schließlich schaltete er sich wieder ein: „Das reicht jetzt endgültig. Ugdalf: hast du die Rüben genommen, weil du dachtest, Mardus schuldet dir etwas, weil er dein Huhn erschlagen hat?“

Ugdalf druckste ein wenig, gab es dann aber zu.

Seufzend setzte der Junker sich wieder. „Du wirst ihm den Sack mit den Rüben zurück geben und zusätzlich wirst du ihm noch einen Sack deiner eigenen Rüben geben. Der Herr Praios sieht es nicht gern, wenn man selbst glaubt das Gesetz in die Hand nehmen zu müssen. Merk dir das!“

Mardus rieb sich breit grinsend die Hände und verneigte sich. „Ich danke Euch für Eure Weitsicht, Herr. Ugdalf ist eben ein dummer Tropf, genau wie sein Bruder.“

Ugdalfs Kopf ruckte hoch und er funkelte seinen Gegenüber böse an. „Lass meinen Bruder in Frieden ruhen! Er war ein dreister Schurke und hat bekommen was er verdient hat.“

Immer noch grinsend drehte Mardus sich zum Junker. „Ihr müsst wissen, mein Herr, der Bruder vom Ugdalf war ein rechter Räubergeselle.“

Rondrigo winkte ab. „Ich will davon jetzt nichts wissen, geht. Beide.“

Ugdalf drehte sich um und wollte den Raum verlassen, doch Mardus ließ nicht locker. „Ihr müsst wissen, mein Herr, dass der Bruder vom Ugdalf bei dem Hinterhalt dabei war, wo Ihr und die anderen hochgeborenen Herren dabei waren.“

Mit einem Mal war Rondrigo hellwach. „Was sagst du da?“ herrschte er den Bauern an. „Ugdalf! Stimmt das?“ Ein drohender Unterton schlich sich in die Stimme des Junkers. Wiederum zitternd drehte der Angesprochene sich um und nickte zaghaft.

Der Junker bedeutete Mardus zu gehen. Den Triumph über seinen Streitpartner innerlich feiernd verließ Mardus den Raum und schloss die Tür leise.

Ugdalf schluckte schwer, er fürchtete, das nun sein letztes Stündlein geschlagen hätte.

„Hab keine Furcht,“ sagte der Junker gelassen. „Du hast es bereits richtig erkannt. Dein Bruder hat bekommen, was er für seinen Untaten verdiente. Berichte mir von deinem Bruder. Ich weiß noch immer nicht, wer uns damals auf der Jagd umbringen wollte und warum. Sag mir alles, was du über deinen Bruder und seine Spießgesellen weißt, dann soll es dein Schaden nicht sein.“

„Bitte Herr.“ Der Bauer war nun völlig aufgelöst. „Ihr müsst mir glauben, dass ich von der schlimmen Tat nichts wusste. Anselm habe ich nur sehr selten gesehen und im letzten Götterlauf gar nicht! Bitte glaubt mir, dass ich nichts damit zu tun hatte! Ich schwöre es Euch, mein Herr!“

Rondrigo hustete stark und holte anschließend tief Luft. „Keine Bange, ich glaube nicht dass du davon wusstest. Berichte mir trotzdem, was du über deinen Bruder weißt. Vielleicht hilft es mir weiter die Urheber dieses feigen Anschlags zu finden.“

Zwar galt es nach den Gerüchten über die Ermittlungen des Schreibers Helidon Farnhelm als sicher, dass der Pfalzgraf von Wetterfels hinter dem Attentat steckte, aber Rondrigo wollte eine Gelegenheit dafür einen Beweis zu erbringen nicht verstreichen lassen.

Langsam beruhigte Ugdalf sich wieder und begann mit leiser Stimme zu erzählen.


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Texte der Hauptreihe:
K1. Teil 1
K2. Teil 2
K3. Teil 3
K4. Teil 4
K5. Teil 5
K6. Teil 6
10. Bor 1026 BF
Teil 1


Kapitel 1

Teil 2
Autor: T. Baroli