Geschichten:Umwege - Überraschung

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Burg Aubinge, im Thronsaal, Anfang Rondra 1037 BF

Geshla von Gnitzenkuhl saß mit Olblodor von Mistelstein am Ende des Saales an einem kleinen Tisch. Der ergraute und für seine Impulsivität bekannte Mann wirkte neben der sehr auf ihr äußeres Erscheinungsbild achtenden Neuadligen wie ein Streiter, der soeben von einem Gewaltritt kam. Schwitzend wischte er sich mit dem Handrücken über die Stirn. Der Pokal wurde erneut gefüllt von einem jungen Pagen, der dies mit einer Hingabe tat, als sei es nur ihm zu verdanken, wenn die Verhandlungen zu einem guten Ende kämen. Die Ärmel des Hemdes hatte Olblodor von Mistelstein schon hoch geschoben, und das Wams geöffnet.

Selissa nahm irritiert wahr, dass das Kleid der Baronin alles andere als angemessen war. Der Stoff war nicht das Problem, eher der Schnitt, der tiefe Einblicke gewährte und Vorzüge betonte. Auch der Blick ihres Herrn Vaters ruhte auf dem Blickfang Geshlas, bevor er merkte, dass Sie heran trat.

"Komm her mein Kind!" polterte er auch schon Selissa entgegen, die der Aufforderung des Dieners wie auch Hlutharion gefolgt war.

Die Baronin erhob sich, und lächelte kurz die so Angesprochene an. Man kannte sich, doch mehr als Mitleid konnte sie für die Frau nicht erübrigen, die sich durch frömmelnde Praiosgläubigkeit über den frühen Tod des Gemahls hinweghalf, statt sich wieder dem Leben zuzuwenden und weiter für Nachwuchs in einer neuen Familie zu sorgen. "Schön, dass wir uns unter so reizenden Umständen wieder sehen hoch verehrte Selissa von Sturmfels-Mistelstein!" hub sie zuckersüß an. Es bereitete ihr fast eine diebische Freude, dass der alte Recke es ihr überlassen hatte Selissa mit der neuen Entwicklung zu konfrontieren. Er war so leicht zu beeinflussen, sobald sich dralle Tatsachen in sein Blickfeld schoben.

"Euer Herr Vater und ich sind darüber ein gekommen, dass die kommenden Zeiten und auch Eure persönlichen "Umstände" es angemahnen, dass dem Ansinnen meines neuen ersten Hausritters, Hlutharion von Sturmfels, statt zu geben ist. Er bat mich in seinem Namen bei Eurem Herrn Vater und Familienoberhaupt um Eure Hand anzuhalten."

Als sei in dem Moment das Praiosmal vom Himmelsdach gefallen wich mit einem Male alle Anmut aus dem Gesicht der Frau und machte purem Schrecken platz. "Wie, wer...aber warum?" stammelte sie zusammenhanglos und schaute ihren Vater in einer Mischung aus Verzweiflung und aufkeimendem Ärger an. Der jedoch vermied es sie direkt anzuschauen, sondern erhob sich umständlich aus dem bequemen Sessel.

"Natürlich werdet ihr Gelegenheit haben den wackeren Streiter kennen zu lernen...!" Unter allen Umständen wollte die Baronin irgendwelche Gefühlsduselei zwischen Vater und Tochter verhindern. Geschäft war Geschäft!

"...und wir beide..." sie gurrte fast die folgenden Worte, "werden uns einmal meinen neuen Schmied ansehen. Ihr werdet Augen machen hochverehrter Olblodor, diese Kraft, wahrlich unglaublich."

Mit diesen Worten hakte sich die Baronin bei dem Mann unter und gab mit einer leichten Kopfgeste Hlutharion zu verstehen, dass er nun am Zuge sei. Als die Tür hinter den Beiden vom Pagen geschlossen worden war, kehrte absolute Stille im Raum ein.