Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 59: Burg Friedburg II

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Baronie Gnitzenkuhl, Praios 1034 BF


...

Derweil verselbstständigten sich die Gedanken des gelehrten Herren einmal wieder. Schon auf dem Ritt zur Friedburg hatte Gerion Zeit gehabt sich über den nächtlichen Vorfall, an dem Kor'win ums Leben kam, Gedanken zu machen. Alles deutete tatsächlich darauf hin, daß Nedarna die Mörderin war. Aber er konnte es sich nach wie vor nicht recht vorstellen, dass die Ritterin solch eine kaltblütige und dreiste Mörderin war.

Aber wer war es, wenn Nedarna wirklich unschuldig ist? Gerion schloß ihre Verfolger aus und kam nur auf Al’Arik oder auf Kain.

Al’Arik aber war, wie es schien, ehrlich schockiert und wütend vom Tod Kor’wins. Allerdings könnte es auch nur gespielt sein, doch konnte Gerion es sich nicht wirklich vorstellen, daß sich Al'Arik derart verstellen konnte.

Kain allerdings kannte er noch nicht so gut. Wie war das Verhältnis zwischen ihm und Kor'win? Er hatte sofort in Nedarna die Schuldige gesehen und wollte sie sofort töten. Könnte er der Mörder sein? Könnte er seine Trauer und Wut derart vortäuschen? Er musste über Kain Erkundigungen einziehen.

Doch würde er seine Vermutungen vorerst für sich behalten und diese später dann ausprechen, wenn mehr Zeit dazu war. Aber man müsste auch erst feststellen, ob Nedarna wirklich unschuldig war. Als sei er aus einer kurzen Meditation erwacht, nutzte er die entstandene Pause zwischen Al Ariks Ausführungen und Leomaras schweigen und setzte nach: „Nichtsdestotrotz sollten wir keine Zeit verlieren. Wir müssen morgen Abend in Wasserburg sein, wenn wir denjenigen das Handwerk legen wollen, der über das Ungeheuer im Darpat verfügen kann“, schloss Gerion sein Bericht.

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Ruhig und gefasst hatte Nedarna Gerions und Al’Ariks Worten gelauscht. Als sie endeten erlaubte die kleine Rittfrau ihren Gedanken auf eigenen Wegen zu wandeln. Sie führten sie zur Ankunft in Perricum, das Gespräch mit einem Vertreter des Hafenmeisters, der ihnen von einer in Perricum neu ansässigen Schmugglertruppe berichten konnte, die weder Konkurrenz noch Untier zu fürchten schien.

Nur kurz verweilten ihre Erinnerungen bei der alten Vettel, wo sie mit den Nebachoten Informationen ausgetauscht und gemeinsam Pläne für ihre Aktion im „Blutigen Hai“ geschmiedet hatten. Wie es sich herausstellte, galt es in dieser Spelunke eine Person ausfindig zu machen und zu entführen. Der Edle von Keres und die Reshminianerin waren dabei für das Ablenkungsmanöver zuständig gewesen, genau so wie sie für die Wache während des anschließenden Verhörs abgestellt worden waren. Im Nachhinein war sie jedoch froh darüber gewesen und gedachte der Geräusche, die sie in dieser Nacht vom anderen Ende der Gasse vernommen hatte, nur mit Schaudern. Flüchtig spürte sie noch einmal die Erleichterung, ob ihrer geglückten Flucht und der Ankunft im Hain, wobei sie sich auch fragte, wie gut wohl Gerions Wunde verheilte.

Als ihre Gedanken jedoch zum Nachlager glitten verengten sich die blauen Augen der Schwarzhaarigen ein wenig. Wie so oft seit den letzten Geschehnissen verfingen diese sich im Netz der Grübeleien. Wann hatte sie ihren Dolch zuletzt bewusst gesehen? In den engen Gassen Perricums hatte sich Nedarna mit ihm noch verteidigt. Somit hatte sie ihn auch erst beim darauffolgenden Nachtlager abgelegt. Die erste Wache war von Kor’win übernommen worden. Da konnte es nicht passiert sein sonst hätte Al’arik, der für die zweite Wache eingeteilt worden war, Alarm geschlagen. Was aber wenn er der Mörder war? Wäre er zu einem so feigen und hinterlistigen Mord mit ihrer Waffe fähig? Wenn ja, was hätte er damit bezwecken wollen? Aber hätten sie dann nicht auch Kampfgeräusche vernehmen müssen oder wartete er ab bis Kor’win schlief? Jedoch hatte der Edle von Feshaven sie pünktlich zu ihrer Wache geweckt gehabt. Und sein Verhalten ihr gegenüber war nicht anders als sonst gewesen. War sie da noch im Besitz ihres Dolches gewesen? Später hatte sich Kain zu ihr gesellt und sie verbrachte den Rest der Wache damit sich seiner Avancen zu erwehren.

Als es schließlich Zeit zum Aufbruch wurde, hatte Kor’win noch immer keine Anstalten gemacht sich von seinem Nachtlager zu erheben, so dass Nedarna beschloss ihn zu wecken. Der Moment als sie an den alten Jäger herantrat, hatte sich aber für alle Ewigkeiten in ihrem Gedächtnis eingebrannt. Als sie niederkniete, um ihn an der Schulter zu rütteln, war sein lebloser Körper auf den Rücken gekippt. Sein Blut hatte die Hand der Reshminianerin rot gefärbt, die mit Entsetzen auf den Dolch - ihren Dolch - in seiner Brust starrte. Der kleinen Frau war klar gewesen, dass es für jeden Außenstehenden so aussehen musste, als sei sie die Mörderin. Zum wiederholten Male fragte sich somit die Schwarzhaarige, was sie übersah, als die Stimme der Baroness sie in die Gegenwart zurückholte.

Der Blick der Baroness ging zu Leomara. „Sagt, wie lange brauchen wir von hier bis Wasserburg? Ist es bis morgen Abend zu schaffen?“

Al’Arik nickte, denn auch sehr sah jetzt eher dort den Handlungsbedarf, kurz informierte er sich noch bei seinem Krieger, darüber ob hier etwas vorgefallen war und Rash’ijd erläuterte ihm in kurzen Worten den Fund der Wagen und schwarzen Mäntel, bevor Al’Arik diesem dann noch einen kurzen Bericht über den Verbleib von Ri’djeto, den man schwer verwundet in Perricum zurücklassen musste, gab. Dann wandte auch er sich wieder Leomara zu und erwartete eine Antwort auf Lyns Frage.

„Es sind weniger als 50 Meilen, also gut zu schaffen!“ Sagten Malina von Niederriet-Brendiltal und Leomara von Keilholtz fast wie aus einem Munde. Die eine, Leomara, die hiesige Ritterin der Baronin, grinste die Ältere, Rittmeisterin der Reshminianer an, während diese nur ein müdes Schulterzucken für den Moment übrig hatte. Ihr war nun wirklich nicht nach Kurzweyl und Späßen zumute. Doch scheinbar war die frisch vermählte Rittfrau trotz der ganzen unguten Nachrichten nicht wirklich aus der Fassung zu bringen, denn sie sprach mit unvermindert ruhigem und gefasstem Ton weiter.

„Wenn ihr, Nedarna von Trollsteige, bitte den Wachen hier folgen mögt?“ Die Stimme der Ritterin aus Gnitzenkuhl verriet keinerlei Emotionen, als sie auf zwei Männer deutete, die das Wappen Gnitzenkuhls auf ihren Wappenröcken trugen, und mit ihr den Raum betreten hatten. „Der Vogt wird mit Euch am morgigen Tage sprechen und alles Weitere veranlassen. Ob und wann ein Geweihter des Götterfürsten zurate gezogen werden wird, obliegt nicht mir, und vermutlich auch nicht ihm.“ Erklärend fügte sie noch hinzu: „… das Verbrechen fand nicht in der unseren Baronie statt, und ihr Hohe Dame seid keine Lehnsnehmerin von Hochgeboren von Gnitzenkuhl. Korrigiert mich, wenn ich nicht richtig liege.“ Fügte sie in Richtung Alfred Beradjes dem Ritter des Zornesordens hinzu, und auch Unswin ihren Gatten bezog sie in diese kurze Stellungnahme mit ein.

Ohne zu Zögern folgte die Rittfrau den zwei Wachen, froh darüber der allgemeinen Aufmerksamkeit entfliehen zu können.

Alfred nickte Leomara zu. „Es ist so wie Ihr sprecht und es wird gut sein, wenn Ihr die Dame von Trollsteige der Gerichtsbarkeit der Baronie überstellt in welcher die Tat geschah. Anderseits ist hier die Anklage erhoben worden, sodass Hochgeboren von Gnitzenkuhl nach der Reichsreform Recht über sie sprechen darf. Euer Vogt soll die Angelegenheit vorbringen – bis dahin tut Ihr gut daran, die Rittmeisterin hier einzuquartieren.“

„Was die Sachlage in Wasserburg angeht …“ die Rittfrau kam hier scheinbar das erste Mal ins Schlingern. „Der Baron ist … stets sehr beschäftigt, ich bin mir unschlüssig wie wir vorgehen sollen. Da es eilt und man nicht erst lange um Audienzen bitten kann …“ das Gesicht Leomaras sah inzwischen aus, also ob sie Greifenfurter Sauertöpfchen trinken müsste, „denke ich wir werden einen Boten schicken, der den Baron über die Sache informiert, und an den Vogt verweist. Ich überlasse es Roderick von Isenbrunn diese Sache zu klären.“

„Verzeiht, ich verstehe nicht Recht? Wollt Ihr damit sagen, dass der Baron von Wasserburg nicht gut auf Eure Nachbarschaft zu ihm zu sprechen ist? Oder worin besteht das Problem die Baroniegrenzen mit einer kleineren Waffengruppe wie der unseren zu überqueren, um Schmuggler und das Ungeheuer vom Darpat zur Strecke zu bringen?“ fragte Alfred Beradje.

„Nein, nein, ihr habt mich falsch verstanden.“ Leomaras Haare flogen nur so als sie energisch den Kopf schüttelte. „Es ist so, dass der Baron, recht wenig Bescheid weiß was solche … Dinge angeht. Wir können natürlich aufbrechen und dorthin reiten, ob er es Gutheißen wird steht auf einem anderen Blatt geschrieben - doch das soll nicht unsere Sorge sein. Roderick von Isenbrunn soll da seinen Einfluss geltend machen und etwas formulieren. Wir kümmern uns derweil am besten um diese Schurken, denen scheinbar nichts heilig ist.“

Da meldete sich Gerion wieder zu Wort. „Ich würde empfehlen sogleich einen Boten vorauszuschicken, der unsere morgige Ankunft ankündigt. Dann kann der hiesige Baron nicht sagen, daß wir ihn nicht benachrichtigt hätten.“

„So wird es am Besten sein.“ Unswin trat einen halben Schritt vor und deutet auf Alfreds und seinen weißen Wappenrock. „Wenn es Probleme geben sollte können wir auch noch die Autorität des Ordens in die Waagschale werfen. Wir sind schließlich hier um für die Sicherheit aller Baronien Perricums zu sorgen. Das schließt Wasserburg mit ein und bisher hatten sie dort nie Einwände gegen unsere Ritte durch ihre Gemarkungen. Wenn von Seiten der Wasserburger also Beschwerden gegen das aktive Vorgehen von Gnitzenkuhler Seite kommen sollten, verweist sie an den Zornesorden.“

Der fragende Blick Lyns traf erst Al’Arik dann die Runde: „Dann brechen wir am Besten heute Nacht noch auf, damit wir noch Zeit zum rasten haben, wenn wir ankommen?“ Die Baroness wirkte voller Tatendrang auch wenn tiefe Augenringe von wenig Schlaf in den letzten Nächten kündeten.

Dieses ganze Gerede dauerte Al’Arik viel zu lange, typisch Raulsche. So rief er nur verärgert ein: „Szo laszt unsz ähndlich aufbrächän und nicht waitärä Zait värschwändän. Dasz tuät diäsä Ban’dä auch nicht, ihrä Tatän fordärn Bluth.“

„Dem stimme ich zu“, war Gerions knappe Antwort, auch wenn das bedeutete, daß er mehr als 24 Stundengläser keinen Schlaf gehabt haben würde, wenn sie in Wasserburg ankämen. Hier mußte man die Zähne zusammenbeißen …

„Jah, värdammt, lägän wir diäsäm Schräckgäspänst ain für alläh mahl dasz Handwärk!“ Al’Arik ließ zur Antwort seine Faust auf den massiven Balken, der die Decke stützte neben ihm sausen.

„Nun“, ergriff der Leutnant des Zornesordens nochmals das Wort und er hob beschwichtigend die Hand; zu gut kannte er die stürmischen Gemüter einiger der Anwesenden. „Fünfzig Meilen am Tage zu reiten ist eine Herausforderung für Reiter und Tier. Wir alle“, er blickte in die Runde, „sind von den Anstrengungen der letzten Tage mehr oder minder gezeichnet. Ich teile Eure aller Meinung, dass wir so bald wie möglich aufbrechen sollten. Jedoch sollten wir uns gut vorbereiten. Daher schlage ich vor, dass sich die Stallknechte eingehend um die Pferde kümmern, auf dass diese den Gewaltritt durchstehen. Womöglich muss auch jemand ein Pferd wechseln. Haben wir die Möglichkeiten dazu und könntet Ihr dies veranlassen?“ fragte er an Leomara gewandt.

Leomara schaute erst etwas verkniffen, doch dann erhellte sich ihre Miene mit einem Male und sie drehte sich langsam in Richtung des Brendiltaler Nebachoten. Zuckersüß lächelte sie ihn an, und ihre bersteinfarbenen Augen leuchteten dabei, als sei er der Traum ihrer schlaflosen Nächte.

„Es wäre hilfreich, wenn wir einige Rösser des Edlen Hamardan von Rotfurt … leihen könnten. Hochgeboren weilt derzeit mit Kutsche und Wechselpferden auswärts, sodass die Ställe nicht viel her geben außer Ackergäulen. Auch mein Herr Bruder und Anshelm von Mistelstein sind dabei. Vielleicht könntet ihr …? Euer Ross scheint das ja gut weg gesteckt zu haben, und so hätten die weniger ausdauernden Rösser unserer Freunde hier noch eine kleine Verschnaufpause, derweil ihr schon den Anführer der Gnitzenkuhler Nebachoten aufsucht, und um sagen wir vier Pferde aus seinem Stall bittet?“

Al’Arik war durchaus verdutzt ob der Art der Ansprache. Doch sah er tatsächlich einen Sinn in ihrem Anliegen, diese raulschen Klappergäule hier würden einem solchen Ritt nicht standhalten, trotzdem blickte er argwöhnisch zurück in das liebreizend lächelnde Gesicht von Leomara. Aber er konnte nichts Falsches an dem Ganzen finden. Gute Rösser und vielleicht noch ein paar nebachotische Krieger mehr würden dem Unterfangen sicher nicht im Weg stehen. Außerdem wollte er endlich etwas tun und die Raulschen mit ihrer Diskutiererei schürten nur seinen Ärger.

Also nickte er Leomara zu, die ihn immer noch unverwandt schnippisch anlächelte. „Guth, szo wärdä ich diä Rössär bäschaffan. Ich wärdä in kürzästär Zait wiädär da szein.“ Dann raunzte er noch ein paar nebachotische Worte zu Rash’ijd, der ihm daraufhin aus dem Raum folgte. Auf dem Weg zu den Stallungen wurde er aber das Gefühl nicht los die Raulsche hatte noch einen weiteren Gedanken dabei verfolgt als sie ihn diesen Auftrag angedeihen lies.

Währendessen wandte sich Alfred an Gerion. „Magister von Keres, wir kennen uns noch nicht, Alfred Beradje von Schwertwacht ist mein Name und ich bin Leutnant im Orden des Heilgens Zorns. Welcher Art sind die Gefahren Euerer Meinung nach? Ihr sagtet die Schmuggler würden das Untier kontrollieren. Habt Ihr Vermutungen, wie wir diese Kontrolle unterbrechen können und was könnten die Auswirkungen sein?“

„Ausserdem“, fügte er hinzu, „erwähntet Ihr, dass Ihr Perricum fluchtartig verlassen musstet – vermutlich, weil Teile der Schmuggler auf Euren Fersen waren? Konntet Ihr etwaige Verfolger abschütteln oder müssen wir mit weiteren Anschlägen rechnen, gegen die es sich zu wappnen gilt?

Gerion musterte kurz den Leutnant des Zornesordens. Seinem Dialekt nach, schien er Horasier zu sein. "Eine Ehre, Euch kennenzulernen, Leutnant. Gerion von Keres, mein Name. Adeptus major der weißen Gilde", stellte er sich vor. "Leider wissen wir noch viel zu wenig über das Ungeheuer und die genauen Zusammenhänge. Kor'wins Schüler Kain ist der einzig lebende, der noch mehr weiß, doch ist er leider fortgeritten, bevor er uns mehr sagte. Was das Ungeheuer angeht, kann ich nur Vermutungen anstellen. Es könnte ein Dämon sein, das beschworen wurde, aber es könnte auch ein Seeungeheuer sein, das von einem Magier geistig beherrscht wird. Was wir allerdings wissen ist, dass eine Gruppe Schmuggler dahinter steckt. Wenn es wirklich um einen Dämon handeln sollte, dann kann man es nur mit magischen Waffen, Zauberei oder mit Göttermacht bekämpfen.
 Und Ihr vermutet richtig. Die Schmuggler waren uns auf den Fersen und scheuen keine Gewalttat. Wir sollten davon ausgehen, daß sie wissen könnten, was wir vorhaben."


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Texte der Hauptreihe:
Pra 1034 BF
Burg Friedburg II
Burg Friedburg I


Kapitel 64

Burg Friedburg III
Autor: Jan, Lyn, NR, CK, RO, Balrik, Nedarna

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