Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Pferdezucht für Anfänger

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Breitenau

Markgräflicher Marstall in der Baronie Hexenhain

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae

„Wo wir gerade bei Planungen sind, es gibt da noch einen Punkt für den du aber der Experte bist Urion. Du erinnerst dich, dass wir heute Morgen über BOROMIL und seinen Erfolg bei meinen Stuten gesprochen haben? Was genau hast du damit gemeint, in Kressenburg eine eigene Zucht aufbauen zu wollen und wie soll dies vor sich gehen?“

„Also“, hob Urion an. „ich habe mich bereits eingehend mit Gerbald beraten, und wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass so etwas wie der Zusammenbruch der Zucht in den Zeiten der Finstermark nicht noch einmal geschehen darf. Der Wiederaufbau hat uns um Jahre zurückgeworfen und unglaublich viele Ressourcen gekostet. Wir haben mit nur vier reinrassigen Hengsten wieder angefangen. Mal davon abgesehen, dass es damals auch nur noch wenige Stuten gab, die vor den Kochtöpfen der Schwarzpelze gerettet werden konnten, hat uns dann noch der Befreiungskrieg, der Kampf gegen Borbarad und die Krise des Reiches beinahe den Rest gegeben. Allein vor Wehrheim sind auf einen Schlag 50 Greifenfurter Kalte gefallen. Was blieb waren nur das herrenlose Pferd meines Bruders und mein ANTLITZ. Wie du sicher weißt, hat der Pechackerner bisher als einziger Edler in der Mark hier direkt einen Hengst kaufen können. Dein BOROMIL hast du ja quasi aus den Militärbeständen übernommen. Dem Pechackerner hat Gerbald damals auch das Zuchtrecht mit verkauft und mittlerweile hat der ein paar Halbblüter gezüchtet. Etwas worauf man im Notfall zurückgreifen könnte.

Nun will ich bei dir weitermachen.

Da sich BOROMIL nach deinem Bericht bei den Kressenburger Stuten bereits prächtig eingelebt hat, kannst du gleich weiter machen. Da ich die Sollzahl bei den Stuten erreicht habe, kannst du, wenn du Interesse hast, eine reinrassige erwerben und mit nach Kressenburg nehmen, um dort eine eigene kleine Zucht aufzumachen.

Ich denke das macht auch aus anderen Gründen Sinn. Ins Zuchtbuch kommen zwar nur Pferde, die zu drei Vierteln das Blut eines Kalten in sich tragen, aber der Rest ist auch nicht zu verachten. Die Kalten sind, wie du ja weißt eine Kaltblutrasse und stammen vom Svellttaler ab.“ Urion schmunzelte in dem Gedanken an den Greifenfurter Ratsherren.

„Diese Pferde eignen sich hervorragend zum Ziehen schwerer Lasten auch in rauem Gelände. Da dachte ich deinen Forstbetrieb. Dort können doch alle die Pferde arbeiten, die zunächst nicht für die Zucht geeignet sind. Du hättest neue Rückpferde und könntest deinen Ertrag deutlich steigern. Andererseits kannst du mir auch geeignete Fohlen überlassen und ich würde sie dir ausbilden bzw. verkaufe sie gewinnbringend. Und wenn, Peraine möge diesen Tag in weite Ferne rücken, dein BOROMIL einmal nicht mehr kann, dann bilde ich dir aus seinen Nachkommen einen Nachfolger aus.

Für mich hat das den großen Vorteil, dass ich die Blutlinien weiter verzweigen und immer wieder zurück kreuzen kann. Egal was dann auch geschehen mag, ein Wiederaufbau würde dann unverhältnismäßig schneller erfolgen. Damit wäre auch der Wehrhaftigkeit der Mark ein großer Dienst erwiesen.

Hättest du Interesse?“

„Oh ja, interessant ist der Gedanke auf jeden Fall. In meinem Forst habe ich sowieso nur Svellttaler. Wenn das also mit den Greifenfurtern so gut zusammenpasst, werde ich nach deinem Rat handeln und BOROMIL dort zukünftig für den Nachwuchs einsetzen. Ich werde den Forstbetrieb in den nächsten Götterläufen sowieso erweitern müssen, nachdem nun noch die Nachfrage aus Hexenhain dazu kommt. Zudem ist ein Teil der Tiere noch Vorkriegsbestand und kommt jetzt in die Jahre. An Halbblütern für mögliche spätere Rückkreuzungen sollte dann also bald kein Mangel mehr sein, zumal in Hundsgrab ja wohl auch noch welche stehen..“

„Dass du nur Svelttaler in deinem Forst eingesetzt hast ist gut, so bekommen wir zunächst kräftigere Halbblüter, und das Einkreuzen eines Reinblüters führt viel eher zu dem gewünschten Ergebnis. Zu viel Euphorie muss ich aber entgegentreten. BOROMIL sollte sich nicht verausgaben, denn ab einer gewissen Größe wird eine Zucht ohne die entsprechenden Spezialisierungen sündhaft teuer. Wenn es mal wirklich zu viel wird, dann schicke mir ein älteres Halbblut, damit ich mal durchkreuzen kann.

Aber wenn du sie alle im Forst einsetzen kannst, sollten sie sich Ihren Unterhalt schon rausarbeiten können. Ich hoffe, du hast genügend ausgebildete Rückführer. Ansonsten noch einen kleinen Tipp. Wenn du mal entgegen deinen Gewohnheiten längere Zeit zu Hause sein solltest, dann kannst du BOROMIL aus ruhig mal im Forst einsetzen. Damit sinken deine Unterhaltungskosten und die Arbeit tut ihm gut.“

„Eine Zuchtstute und die Zuchtrechte wären für mich vor allem aus militärischen Gründen erstrebenswert. Auch wenn du in den nächsten Götterläufen wieder Schlachtrösser über hast und frei verkaufen kannst, so böte sich mir hier eine Option für mich und meine Kressenburger Ritterschaft preiswerter an diese edlen Tiere zu kommen, da ich nicht auf die Auktionen angewiesen sein werde. Die reinrassigen Tiere werden ja in den nächsten Jahren nicht so viele sein, da können wir dann im Einzelfall überlegen was aus den Fohlen werden soll. Letztlich verlasse ich mich sowieso auf deine Entscheidung, welches Tier dann für welche Aufgaben geeignet ist.“

„Grundsätzlich nicht verkehrt, aber der teure Preis der Rösser kommt daher, dass die dreijährige Ausbildung so aufwendig ist. Ein nicht ausgebildeter Kalter ist nicht mehr wert als ein Svellttaler. Und das einfache Zureiten reicht da nicht, wie du heute morgen bei Mechthild sehen konntest. Ich warne dringend davor, einzelne Komponenten der Pferdeausbildung an diesen Tieren auszuprobieren. Letztlich könnte sich der Ritter nicht auf sein Pferd verlassen, auch nicht bei der Tjoste. Wusstest du, dass man beim Lanzenreiten auch komplett auf die Führung der Zügel verzichten und sich somit komplett auf Gegner und Lanze konzentrieren kann? Im Übrigen stehe ich dir natürlich jederzeit mit Rat und Tat zur Seite, insbesondere weil ich wegen des einheitlichen Zuchtbuches die Nachweise führe. Die Entscheidung über die Verwendung bleibt natürlich dir überlassen, aber wenn du mich um meine Meinung bittest, sage ich sie dir.“

„Also, du sprachst vom erwerben. Was soll die Stute kosten und wie soll die Bezahlung aussehen? Da es über den Marstall geht, kann ich es vielleicht mit den Zinnfiguren für die Grenzreiterausbildung verrechnen. Ich nehme an, wenn du mit Gerbald schon darüber gesprochen hast, hast du auch eine passende Kandidatin im Auge. Um welches Tier handelt es sich?“

„Die Bezahlung läuft über den Marstall, aber wir könne die Zinnfiguren leider nicht verrechnen, da Gerbald seinerzeit unser geliebten Markgräfin die Ausbildung, sowie Kost und Logis zugesichert hat. Damit mir das nicht gleich ganz die Bücher verhagelt, habe ich schon ein Biwak draus gemacht, und von Gerbald die Erlaubnis, in seiner Baronie uneingeschränkt zu jagen. Auch die Jagd gehört mittlerweile zur Ausbildung der Truppe.

Es gibt verschiedene Bezahlungsmöglichkeiten, wobei ich noch hinzufügen muss, dass die Zuchterlaubnis auch etwas kostet, ungefähr vergleichbar mit dem Erwerb des Markt- und Stapelrechtes.“

„Das verstehe ich natürlich. Bedenke nur, dass mir trotz eines gewissen Wohlstandes in Kressenburg keine unerschöpflichen Mittel zur Verfügung stehen. Phexian wird so oder so schon die Zähne heben, wenn ich ihm ein weiteres Pferd anschleppe.“

„Man könnte also über die Überlassung eines Fohlen jedes Jahr reden oder über die Lösung, die wir bei BOROMIL gefunden haben. Klingende Münze ist zwar eher unwahrscheinlich, aber nicht weniger begehrt. Insgesamt würde der Preis für Stute und Zuchtrecht so etwa bei freundschaftlichen 100 Dukaten liegen. Ferner habe ich da schon eine Vereinbarung im Kopf, die auf jeden Fall Bestandteil des Vertrages werden sollte. Und zwar benötige ich sogenannte Flucht- und Schutzpunkte, um im schlimmsten Falle die ganze Zucht zu evakuieren. Wenn es sein muss auch im Ausweichgefecht. In Hesindelburg habe ich bereits solch eine Möglichkeit und Vater wird demnächst auch einen Koscher Baron darauf ansprechen. Mir läge nun daran, einen solchen Punkt auch auf der anderen Seite der Breite zu haben, falls die Schwarzpelze mal wieder am Nebelstein runterkommen. Es benötigt nicht viel dafür. Ich bräuchte ein paar größere Unterstände für ein paar Tage und schätzungsweise 80 Tiere. Den Rest bringe ich anderweitig unter. Immer natürlich abhängig von der Witterung. Gegebenenfalls würde ich auch Futter benötigen. Da du ja für dein gefälltes Holz bereits solche großen offenen Unterstände hast, wäre es ein leichtes diese dann kurzfristig anderweitig zu nutzen.“

Ardo kratzte sich nachdenklich am Kinn und nickte dann. „Unterstände für achzig Pferde? Das sollte sich machen lassen. Die Holzlager müssen nach unseren Vereinbarungen sowieso erweitert werden. Wenn der Schwarzpelz also kommen sollte, dann sollst du in Kressenforst Platz für die Tiere des Marstalls finden.“

„Was die Stute angeht, war die Auswahl jetzt nicht besonders schwierig. Es ist verständlich, dass ich dir nicht eine meine besten Stuten mitgebe. Und da Vater meinte, du habest, unter eingedenk deines baldigen Traviabundes, auch meine bissigste Stute nicht verdient, habe ich die dreijährige FIRUNA ausgesucht, deren Vater mein ANTLITZ ist. Somit steht sie in der langen Ahnenreihe der Streitrösser der Markgrafen, denn der Hengst Shazars ist ihr Großvater. Mütterlicherseits stammt sie von DIDO ab und ist wenn man so will eine Schwester von ANSCHÜTZ, dem Streitross des Prinzen Edelbrecht. Sie hat wie BOROMIL ein herrliches reines braunes Fell aber eisblaue Augen, die sie von meinem ANTLITZ geerbt hat.“

Der Kressenburger verzog bei der Anspielung auf den Travia-Bund halb im Scherz und halb gequält das Gesicht. ‚Wenn du nur wüsstest, wie gnädig es von Gerbald war, mir nicht noch eine bissige Stute ins Heim zu geben.’

„Ich habe darauf geachtet, das zwischen BOROMIL und FIRUNA der größtmögliche Linienabstand herrscht. Aber da du ja zunächst mit einfachen Svelltalern kreuzt, bestünde die Gefahr ja erst in bei einer sogenannten Reinheitskreuzung in der zweiten oder dritten Generation. Sie hat noch nicht gefohlt, aber bei der Mutter dürften keine Probleme auftauchen. Und wenn, käme ich umgehend nach Kressenburg. Wenn du willst können wir sie uns morgen früh noch vor unserem Aufbruch mal anschauen? Und wenn Mechthild möchte, lasse ich FIRUNA für sie satteln, so dass sie uns auf unsrer Inspektion begleiten können. Dann siehst du das Tier auch mal in der Bewegung und kannst dir einen Gesamteindruck verschaffen?“

Die Knappin nickte begeistert zu diesem Vorschlag und Ardo sah keinen triftigen Grund ihr den Wunsch abzuschlagen. Die Übung auf ANTLITZ hatte ihr gefallen und ihr ganzes Können aus ihr herausgekitzelt. Sollte sie ruhig noch einmal auf einem Greifenfurter Kalten reiten.

„Wenn ich das richtig verstanden habe meinst du, dass ich auch FIRUNA erst einmal zur Halbblutzucht verwenden soll? Denn mit BOROMIL zusammen könnte sie ja schon im nächsten Frühjahr ein reinrassiges Fohlen haben. Oder sollen es erst einmal mehr Halbblüter sein, um später mehr durchkreuzen zu können?“

„Es bleibt natürlich dir überlassen, von welchem Hengst du sie decken lässt. Ich rate dir aber zunächst erstmal frisches Blut in beide Linien zu kreuzen. Ein Halbblutsohn BOROMILS könnte FIRUNA genauso decken wie BOROMIL selbst. Das Ergebnis wären so oder so beides Einträge ins Zuchtbuch. Und du hast den Vorteil, dass du mit den Svelltalern die starke Rasse einkreuzt, die sich für die Waldarbeit besser eignet. Überlege doch mal, was dir ein reinrassiges Fohlen zur Zeit bringt. Deinem BOROMIL stehen die besten Jahre erst bevor. Pflege ihn weiterhin so gut, wie bisher und du hast noch lange was von ihm. Vom Handelspreis ist das reinrassige Fohlen nicht so viel teurer, als dass es sich lohnen dürfte. Und wenn es um ein Greifenfurter Kalten für Mechthild geht, so schauen wir uns dass in Ruhe an, wenn die junge Dame den Ritterschlag erhalten hat.“

„Da hast du auch wieder Recht. Doch noch eine andere Frage. Wie kommt es eigentlich, dass ein Pferd in der Herde ein Schimmel ist? Ich habe sonst nur Rappen oder Braune gesehen. Wo hat es die Färbung her? Im Kosch hast du doch immer gepredigt, wie wichtig die Tarnung sei und nun entdecke ich ein weißes Pferd in deiner Zucht.“

„Ehm, nun ja Ardo, der Schimmel ist das Tsatagsgeschenk für unseren Prinzen. Er heißt „FIRUNS TANZ“ und ist wohl eine Laune unserer Herrinen Peraine oder Tsa. Ich kann es mir auch nicht erklären, wie das sonst passieren konnte. Das ist, seit es den Marstall gibt, das einzige Fohlen, dass im Alter von zwei Jahren ein weißes Fell bekommen hat. Vater war ebenso ratlos. Und er ist ein Fohlen von DIDO und Vaters Rappen ALDATO. Aber ich kann dich beruhigen, für FIRUNA besteht diesbezüglich keine Gefahr. Aber als bei einem Besuch die Greifin das Tier erblickte, hat sie es sich für den Prinzen ausgesucht. Ich wollte ihr abraten, weil es bissig war. Als der kleine Thronfolger es allerdings streicheln wollte, lies es sich das ohne Probleme gefallen. Nun ist es ein ausgebildetes Streitross und der Prinz ist körperlich in der Lage ein Großpferd zu reiten, deshalb bringe ich es am 1. Praios nach Greifenfurt. Was die Tarnung angeht hast du recht. Ich hab es immer gepredigt und werde es auch weiterhin tun. Beim Prinzen würde ich dafür sorgen, dass FIRUNS TANZ zumindest in Kriegszeiten mit einer braunen Woilach, einer große Schutzdecke reitet. Außerdem ist der Prinz nicht so nah am Feind, wie die Aufklärer der Grenzreiter und die Grenzjäger.“

„Das ist richtig. Für einen zukünftigen Anführer ist es vielleicht auch gar nicht so schlecht, wenn seine Ritter ihn in der Schlacht als leuchtendes Beispiel voranstürmen sehen.“

Zu Ardos rechter Seite hatte Mechthild inzwischen die Ellenbogen auf die Knie gestützt und den Kopf mit dem Kinn auf die Fäuste gebettet. Immer wieder fielen ihr die Augenlider zu, auch wenn sie dies mit aller Anstrengung zu verhindern suchte. Schließlich konnte sie ein herzhaftes Gähnen nicht mehr unterdrücken. Peinlich berührt blickte sie zu Boden, aber schon einen Augenblick tat es ihr Renzi nach, wenn auch weniger auffällig.

„Und eine zukünftige Ritterin Greifenfurts gehört nun auf ihre Bettstatt.“

Mechthild errötete, hatte sie doch eigentlich das gemütliche Beisammensein nicht stören wollen, fügte sich aber und machte sich daran zu gehen. Die Frau des Rittmeisters lächelte der Knappin zu und strich ihr milde über den Schopf, bevor sie sich erhob, um die inzwischen leeren Bierkrüge einzusammeln. Auch Urion und Ardo schlossen sich dem allgemeinen Aufbruch an, denn es war ein langer Tag an der frischen Greifenfurter Luft gewesen, der den beiden Männern ebenso die Müdigkeit in die Glieder getrieben hatte.